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Etwa zur selben Zeit trafen sich unsere Kollegen Jürgen Carnavaro und Oliver »Olli« Medina mit unserem Informanten Frank Schachmann in einem Bistro in Hamburg Hafen-City. Es hieß Antonios Bistro.

Jürgen und Olli hatten bereits einiges unternommen, um Schachmann aufzutreiben.

In seiner Wohnung war er nicht erreichbar gewesen und sein Handy hatte er abgeschaltet.

Schließlich war er es, der sich über ein neues Prepaid-Handy bei Jürgen gemeldet und mit ihm dieses Treffen verabredet hatte.

Aber jetzt ließ Schachmann auf sich warten. Olli blickte ungeduldig auf die Uhr.

Jürgen nippte an seinem Espresso.

»Ich fürchte, der hat uns im Stich gelassen«, meinte Olli.

»Abwarten.«

In diesem Moment kam ein Mann im grauen Dreiteiler durch den Hinterausgang des Bistros herein.

Das war Schachmann.

Das Haar war grau meliert, das Gesicht kantig.

Er wechselte ein paar Worte mit dem Besitzer des Bistros und setzte sich dann zu uns.

»Tut mir leid, dass ich etwas zu spät dran bin«, sagte er.

Jürgen fiel gleich die Wölbung unter der Jacke auf. Er trug offenbar eine Waffe.

Außerdem wirkte er dicker als sonst und der Anzug saß schlecht, was wohl nur damit zu erklären war, dass er eine Kevlar-Weste unter der Kleidung trug.

»Ist Ihnen jemand auf den Fersen oder was ist los?«, fragte Jürgen.

»Genauso ist es«, bestätigte Schachmann. »Ich wurde verfolgt.«

»Sie waren nicht zu Hause.«

»Dahin werde ich auch so schnell nicht hin zurückkehren. Ich habe mir ein Hotelzimmer genommen.«

»Haben Sie eine Ahnung, wer dahinter steckt?«, hakte Jürgen nach.

Schachmann zuckte mit den Schultern. »Jemand, der herausgefunden hat, dass ich mit Ihnen gemeinsame Sache mache! Kann mir fast egal sein, wer das ist. Von denen würde niemand zögern, einen Verräter einfach über den Haufen zu schießen.«

»So wie es jemand mit Daniel Reinhardt gemacht hat«, stellte Jürgen fest.

Schachmann verengte die Augen, sah sich einmal kurz um und fragte dann: »Was?«

Entweder seine Reaktion war sehr gut gespielt oder tatsächlich echt.

Weder Jürgen noch Olli trauten sich in dieser Situation eine abschließende Beurteilung in dieser Frage zu.

Jürgen schob ihm einen der Fotoausdrucke zu, die es von den Cat Cam-Fotos ab.

»Oder haben Sie irgendeinen Zweifel daran, dass das Reinhardt ist?«

»Hundertprozentig! Das ist er.« Schachmann atmete tief durch. »Einige aus der Organisation sind jetzt höchst misstrauisch geworden. Und was unsere Geschäftspartner angeht, so gilt das natürlich doppelt und dreifach! Daniel Reinhardt ist nicht zum Deal erschienen, es gab eine Riesen Schießerei...«

»...die von Mehmet Daryas vom Zaun gebrochen wurde!«, gab Jürgen zu bedenken. Er beugte sich etwas vor und sein Gesichtsausdruck wurde jetzt sehr ernst. »Ich schlage vor, Sie erzählen uns jetzt umgehend alles, was Sie über diese Sache wissen, Herr Schachmann – und zwar ohne jede Einschränkung! Sonst können wir nämlich nichts mehr für Sie tun...«

»Aber...«

»Wissen Sie, wie das aus unserer Sicht jetzt aussieht, Herr Schachmann?«

»Ich ahne es, aber ich sage Ihnen: Sie irren sich!«

»Für mich wirkt das so, als hätten Sie die ganze Bande und uns zu dem Deal bestellt und wir sollten ein paar Leute aus dem Verkehr ziehen, die Ihnen vielleicht in Ihre ganz persönlichen Geschäfte hineingefunkt haben!«

»Das ist nicht wahr!«, behauptete Schachmann.

»Wann haben Sie das letzte Mal mit Daniel Reinhardt gesprochen?«, fragte Olli.

Schachmann schluckte. Sein Gesicht wurde dunkelrot. Er löste den ersten Hemdknopf und lockerte etwas die Krawatte. »Werde ich jetzt verdächtigt?«

»Nein, das ist noch ein informelles Gespräch zwischen ermittelndem Kommissar und Informant. Sonst hätte ich Sie auch bereits auf Ihre Rechte hingewiesen. Aber der Status eines Gesprächspartners kann sich ja bekanntlich sehr schnell ändern – also wenn Sie jetzt schon der Meinung sind, dass Sie einen Rechtsbeistand brauchen, dann führen wir das Gespräch vielleicht besser im Büro unseres zuständigen Staatsanwalts oder in einem der Verhörräume des Präsidiums fort – falls Ihnen das lieber ist!«

Jürgens Tonfall machte klar, dass er nicht bereit war, sich länger etwas vormachen zu lassen. Schachmann hatte bisher offenbar nicht so umfänglich ausgepackt, wie er bis dahin immer behauptet hatte. Und auch jetzt schien er aus irgendeinem Grund ein Versteckspiel aufzuziehen. Wahrscheinlich, weil er noch eigene Geschäftsinteressen mit der Organisation verband. Er hatte seine Schäfchen wohl noch nicht ins Trockene gebracht. In wie fern seine Angaben darüber, dass er verfolgt wurde, der Wahrheit entsprachen, oder nur Theater waren, vermochte Jürgen nicht zu beurteilen. Zweifellos hatte Schachmann eine dramatische Ader. Das hatte sich auch bei früheren Treffen mit dem Informanten immer wieder gezeigt.

Oft dramatisierte er Dinge stark, um damit das Interesse seines jeweiligen Gesprächspartners zu wecken oder in eine bestimmte Richtung zu manipulieren.

Jürgen wusste inzwischen, dass man bei ihm immer auf der Hut sein musste und sich am besten nie nur auf seine Angaben allein verließ.

»Na los, diese Frage kann ja wohl nicht so schwer zu beantworten sein, oder?«, hakte Jürgen nach.

»Ich habe ihn vorgestern Abend zum letzten Mal gesehen«, gab Schachmann Auskunft. »Das war vierundzwanzig Stunden vor dem Deal. Ich wollte unbedingt sicher gehen, dass das ganze auch tatsächlich über die Bühne gehen würde. Darum wollte ich mit ihm sprechen. Ich habe einem seiner Jungs fünfhundert Euro gegeben, damit er mir verriet, wo er war.«

»Welcher von seinen Jungs war das?«

»Toni Strothmann. Ein übler Finger. Er rasiert sich den Schädel immer kahl. Reinhardt hat ihn bei offiziellen Geschäftsterminen immer nur mitgenommen, wenn er ein Hemd mit langen Ärmeln oder ein Jackett an hatte, weil er jede Menge Tätowierungen an den Unterarmen hat und die Abnehmer unserer hochwertigen Asiatika eher – wie soll ich sagen - konservativ eingestellt sind.«

»Wo haben Sie Strothmann getroffen?«

»In seiner Stamm-Bar. Ich habe ihm irgendetwas vorgelogen, dass da wegen dem Deal noch etwas zu klären sei und so. Er hat es geschluckt, und weil ich ihm fünfhundert Euro gegeben habe, konnte ich auch sogar sicher sein, dass er darüber gegenüber Herr Reinhardt nichts gesagt hätte.«

Jürgen nickte. »Okay, und wo haben Sie Reinhardt dann gefunden?«

»Im Blue Lagoon, einem Nachtclub in Stade.«

»Kam das öfter vor, dass Reinhardt zum amüsieren das kleine Dorf Hamburg verließ und die Weltstadt Stade aufsuchte?«

Frank Schachmann schüttelte energisch mit dem Kopf.

»Noch nie. Zumindest nicht, dass ich davon wüsste, Herr Carnavaro. Ich habe dann so getan, als würde ich Reinhardt zufällig im Blue Lagoon treffen. Er hat versichert, dass mit dem Deal alles glatt gehen würde. Und dann hat er mich noch gefragt, dass er diesen Brian Patterson mal überprüfen könnte.«

»Jamal ‚White Jacket Kalif’ Rahmanis Kunstexperte?«, hakte Jürgen nach.

»Genau. Rahmani hat wohl angekündigt ihn mitzubringen und Reinhardt war das nicht geheuer.«

»Haben Sie etwas herausgefunden?«

»Ja. Der Mann ist als Experte wirklich eine Kapazität. Im Internet finden Sie Dutzende von Fachaufsätzen von ihm. Was das Khmer-Reich und die Geschichte Südostasiens angeht, macht ihm keiner was vor. Das habe ich am Tag gegen Mittag per Handy übermittelt. Allerdings nicht ihm direkt, sondern Mehmet Daryas. Reinhardt war irgendwie verhindert.«

»Wir nehmen an, dass er da schon nicht mehr lebte...«

»Hören Sie, ich glaube, da war eine Rebellion gegen Reinhardt innerhalb der Organisation im Gang. Und Mehmet Daryas gehörte dazu!«

»Wer noch?«

»Das kann ich Ihnen vielleicht morgen oder übermorgen sagen.«

»Ich dachte, Sie werden verfolgt. Wollen Sie nicht lieber in Schutzhaft genommen werden?«, fragte Jürgen.

»Nein, ich kann gut auf mich selbst aufpassen. Ich muss noch ein paar geschäftliche Dinge in Ordnung bringen.«

Frank Schachmann stand auf. »Versuchen Sie nicht mit mir Kontakt aufzunehmen. Ich rufe Sie an – nicht umgekehrt. Verstanden, Herr Kommissar?«

Jürgen Carnavaro nickte.

»War ja deutlich genug!«

Er verließ das Bistro durch den Hinterausgang, so wie er gekommen war.

Olli trank seinen Espresso aus. »Ich habe bei diesem Typen immer das Gefühl, dass er uns an der Nase herumführt!«

»Urteile nicht zu hart über ihn. Ohne ihn wären wir an Reinhardt oder diesen Kerl im weißen Anzug nicht herangekommen, Olli.«

»Ich mag ihn trotzdem nicht. Kann ich leider nicht ändern.«

Phantom-Mörder - 12 Strand Krimis

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