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Sabrina Kädinger machte ein ziemlich verwundertes Gesicht, als sie uns vor ihrer Tür stehen sah.

»Sie haben nicht mit uns gerechnet?«, fragte ich.

Sofort gewann sie die Kontrolle über ihre Gesichtszüge zurück. Das übliche geschäftsmäßige Lächeln spielte wieder um ihre Lippen.

»Sie haben recht«, gab sie zu, »ich hätte jetzt tatsächlich nicht mit Ihnen gerechnet.«

»Wir möchten gerne einen Moment hereinkommen.«

»Aber ich habe nicht viel Zeit«, erklärte sie. »Kommen Sie, Sie können sogar eine Tasse Kaffee bekommen, wenn Sie wollen. Es ist noch ein Rest da.«

Sie führte uns zu ihrer Sitzecke. Ein paar Koffer standen dort.

»Sie haben vor zu verreisen?«, fragte Roy.

»Ja. Irgendetwas dagegen? Sagen Sie jetzt nicht, dass ich mich zur Verfügung halten müsste. Ich in streng genommen noch nicht einmal eine Zeugin! Schließlich...«

»...hat Mephisto den Toten geknipst«, vollendete ich ihren Satz.

Sie nickte. »Sie sagen es!«

»Wohin geht die Reise?«, fragte Roy.

»Auch wenn es Sie nichts angeht: Ich will nach Spanien und mich etwas ablenken.«

»Und Mephisto?«, fragte ich.

»Hören Sie, ich habe eigentlich keine Lust mehr, die Unterhaltung fortzusetzen. Sie haben durch mich Kenntnis von einem Verbrechen bekommen und sollten mir dankbar sein. Stattdessen machen Sie mir nur unnötige Schwierigkeiten. Ich schlage daher vor, dass Sie jetzt gehen!«

»Wollen Sie sich mit Reinhardt treffen? Hat er Ihnen irgendwelche weitergehende Versprechungen gemacht?«

Sie bewegte ruckartig den Kopf. »Sie sind ja verrückt! Reinhardt ist tot!«

»Zumindest sollten wir das alle glauben, damit niemand noch auf die Idee käme, ihn und seine Millionen zu verfolgen.«

»Erstens konnte man auf den Cat Cam Bildern sehen, dass es anders war und zweitens weiß ich nicht, was ich mit der ganzen Sache zu tun haben sollte!«

»Ganz einfach: Sie haben in Reinhardts Auftrag eine Rolle gespielt, um allen scheinbar zu beweisen, dass Reinhardt tot ist. Wie viel haben Sie dafür bekommen? Ich hoffe, es war das Risiko wert, dass Sie damit eingegangen sind.«

»Sie sind ja verrückt! Das muss ich mir nicht anhören!«

»Das sollten Sie aber! Alle anderen, deren Wissen Reinhardt gefährlich werden konnte, sind nämlich schon tot. Und ich glaube nicht, dass er Sie ungeschoren davonkommen lassen wird. Da geht er lieber auf Nummer sicher. Ricky Johnke musste er umbringen, weil der wohl seine Absicht frühzeitig geahnt hat. Wie hätte er auch so unauffällig sein Kapital aus den Blue Lagoon Clubs herausziehen können, ohne dass Johnke das gemerkt hätte? Frank Schachmann, einer unserer Informanten, spielte offenbar ein doppeltes Spiel. Aber bevor er Reinhardt erpressen konnte, ließ der ihn niederstrecken. Und der letzte im Bund ist Erich Frentzen, sein Anwalt gewesen.« Ich holte ein Foto hervor, das den geöffneten Kofferraum des Mercedes zeigte, in dem Frentzen lag. »Sind Sie ihm auch mal im Blue Lagoon Club begegnet? Wäre durchaus wahrscheinlich!«

»Entweder, Sie verhaften mich und können mir einen entsprechenden Wisch vorweisen oder Sie lassen mich jetzt in Ruhe und verschwinden!«, zischte es zwischen ihren vollen Lippen hindurch.

Unbeirrt fuhr ich fort: »Dienstag fuhr jemand mit Frentzens Wagen auf einen Parkplatz hier ganz in der Nähe. Ich nehme an, dass es Reinhardt war. Erich Frentzen lag da schon tot im Kofferraum. Und es war auch nicht das erste Mal, dass sie sich mit Reinhardt trafen! Dafür gibt es einen Zeugen! Unter anderem haben Sie Ihre unterschiedlichen Ansichten zur Katzenerziehung wohl ziemlich lautstark ausgetragen. Der gute Mephisto wollte sich nämlich die Cat Cam nicht umbinden lassen und es muss ziemlich mühsam gewesen sein, ihn so zu trainieren, dass im Endeffekt die Aufnahmen dabei entstanden sind, die Sie uns gezeigt haben!«

Sabrina Kädinger verschränkte die Arme vor der Brust und wirkte jetzt ziemlich genervt. Sie verdrehte die Augen und eine dunkle Röte hatte ihr Gesicht vollkommen überzogen. »Ich hoffe, Sie sind jetzt bald fertig, Kommissar Jörgensen. Ich bin nämlich nicht länger bereit, mir diesen Quatsch mitanzuhören.«

»Wissen Sie, wo Reinhardt jetzt ist?«, fragte Roy. »Dann sollten Sie es uns jetzt sagen, denn für uns – und später auch für die Staatsanwaltschaft, wird sich die Frage stellen, in wie fern Sie in Reinhardts Taten eingeweiht waren und vielleicht sogar Mit-Urheberin sind! Danach richtet sich unter anderem in unserem Rechtssystem das Strafmaß...«

»Reinhardt ist tot! Und wenn Sie zu dusselig sind, seine Leiche zu finden und den Ort, an dem er starb, dann sollten Sie das nicht zu meinem Problem machen, Herr Jörgensen!«

»Wo haben Sie die Nummer durchgezogen und die Katze auf die Reise geschickt? Hier in der Umgebung war es nicht – und auch nicht auf dem Parkplatz, auf der der Wagen gefunden wurde. Ich nehme an, die Blutlache werden wir vergeblich suchen. Was haben Sie dafür genommen? Filmblut?«

»Sie sind verrückt, Herr Jörgensen!«

»Arbeiten Sie mit uns zusammen, Frau Kädinger! Eine andere Wahl haben Sie gar nicht.«

»Ich kann sehr gut auf mich selbst aufpassen. Also verschwinden Sie jetzt!«

In diesem Moment klingelte es an der Tür. Sabrina Kädinger zuckte regelrecht zusammen.

»Wer könnte das sein?«, flüsterte ich. »Erwarten Sie Besuch? Dann sagen Sie uns besser, wen Sie vermuten...«

»Ich habe keine Ahnung!«, behauptete sie. Ihr Gesicht sagte etwas anderes.

Roy ging zum Spion, während es ein zweites Mal klingelte. Er blickte hindurch und nickte mir dann bestätigend zu. Ich folgte ihm und griff nun ebenfalls zu meiner Dienstwaffe.

»Gehen Sie an die Sprechanlage!«, flüsterte ich Sabrina zu. »Fragen Sie, wer draußen ist! Na los!«

Sie zögerte. Aber dann folgte sie meiner Anweisung und betätigte die Sprechanlage. »Wer ist dort?«, fragte sie laut.

»Ich bin es«, sagte eine dunkle, angenehm klingende Stimme.

»Wer ist ich?«, fragte Sabrina.

»Reinhardt. Machen Sie schon auf, ich muss dringend mit Ihnen sprechen!«

Mit ein paar Gesten wies ich Sabrina an, sich in einer Ecke aus Sicherheitsgründen nieder zu kauern. Diesmal gehorchte sie bereitwillig. Offenbar hatte ihr Reinhardts plötzliches Auftauchen klargemacht, dass ich Recht hatte und sie tatsächlich in Gefahr war.

Ich hoffte nur, dass sie nicht auf irgendwelche dummen Gedanken kam. Mit einem Auge musste ich sie jedenfalls in Beobachtung halten. Um ihr Handschellen anzulegen, war jetzt keine Zeit. Es klingelte ein drittes Mal.

Ich stand am Eingang des Korridors.

Roy würde auf ein Zeichen von mir die Tür öffnen. Mein Kollege drehte die Klinke herum und riss dann die Tür auf.

Ein Mann in einem blauen Monteursoverall stand dort. Außerdem trug er eine Baseballmütze, deren Schirm ziemlich weit ins Gesicht gezogen war.

Es war Reinhardt, auch wenn man das erst auf den zweiten Blick sehen konnte. Ich erkannte ihn trotzdem sofort von unseren Fotos her wieder, obwohl er sich großer Mühe gegeben hatte, damit man ihn auf den Aufnahmen der Überwachungskameras nicht identifizieren konnte. Er stand da und wartete überhaupt nicht ab, sondern feuerte sofort. Die Waffe hatte er schon in der Hand, als sich die Tür öffnete. Seine Automatik gab kurz hintereinander drei Schüsse von sich. Das Mündungsfeuer blitzte, aber man hörte kein Schussgeräusch, da Reinhardt seiner Waffe einen Schalldämpfer aufgesetzt hatte. Ich ließ mich zur Seite fallen, obwohl mir bewusst war, dass mich so ein Sprung auch nicht hätte retten können. Gleichzeitig feuerte ich in Richtung meines Gegenübers. Dicht zischten die Kugeln an mir vorbei. Eine fuhr in den Kronleuchter an der Decke, der in tausend Scherben zersprang. Andere Geschosse blieben in den Schränken und in den Wänden hängen.

Der Geschosshagel verebbte.

Reinhardt war plötzlich verschwunden. Ich rappelte mich auf und setzte zum Spurt an.

Auf dem Flur sah ich ihn davonlaufen.

Ohne groß zu zielen, hielt er einfach seine Waffe in meine Richtung und drückte noch ein paar Mal ab. Diese Schüsse waren schlecht gezielt. Aber gefährlich waren sie trotzdem. Ich zuckte zurück in Deckung. »Kriminalpolizei! Waffe fallen lassen!«, rief ich.

Aber ich konnte nicht ernsthaft erwarten, dass mein Gegner darauf reagierte. Er schoss weiter wild drauflos. Ich warf mich in eine Türnische, um Deckung zu finden.

Roy gab mir Feuerschutz.

Als ich wieder hervorschnellte und die Waffe mit beiden Händen in Anschlag brachte, war Reinhardt bereits hinter der nächsten Ecke verschwunden.

Ich spurtete los.

Hinter der nächsten Korridor-Ecke befanden sich die Aufzüge. Reinhardt drängte brutal eine Enddreißigerin mit dunkelblonden Haaren zur Seite und feuerte ungezielt in meine Richtung. Die Frau schrie. Ein einziger Schuss löste sich noch, dann machte es ‚klick’. Das Magazin seiner Waffe war leer. Das letzte Projektil zischte dicht über mich hinweg und ging dann schräg in die Decke. Eine Neon-Röhre ging dabei zu Bruch.

Er stürzte in die sich öffnende Liftkabine.

Ich erreichte die Aufzüge gerade noch rechtzeitig, sodass ich sehen konnte, dass er allein in der Kabine war. Die Schiebetür schloss sich.

Reinhardt grinste triumphierend und schob ein frisches Magazin in seine Waffe, während sich die Schiebetür endgültig schloss. Die Liftkabine setzte sich in Bewegung.

Über das Treppenhaus zu laufen und ihn im Erdgeschoss zu stellen, erschien mir aussichtslos.

Mir fiel ein die Wand eingelassenen Kasten auf. Dort befanden sich höchstwahrscheinlich die Sicherungen für Aufzüge. Kurz entschlossen richtete ich meine Pistole darauf und drückte mehrfach ab. Fast ein Dutzend Löcher stanzte ich dort hinein.

Es gab den erwartenden Kurzschluss. Funkern sprühten, eine Notbremsung wurde zumindest im Fall nach unten korrigiert. Auch ein Teil der Beleuchtung wurde in Mitleidenschaft gezogen.

Reinhardt konnte uns nun nicht mehr davonlaufen.

Phantom-Mörder - 12 Strand Krimis

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