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Vorüberlegungen
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Der Ausgangsfall ist der CMA-Entscheidung des EuGH[1] nachgebildet, der die Vereinbarkeit des CMA-Gütezeichens („Markenqualität aus deutschen Landen“) mit (damals noch) Gemeinschaftsrecht zum Gegenstand hatte. Der EuGH erklärte das Gütezeichen für europarechtswidrig, so dass sich die CMA gezwungen sah, ihre Werbemaßnahmen zu modifizieren (neuer Werbeslogan: „Bestes vom Bauern“). Mittlerweile wurden der Absatzförderungsfonds und die CMA aufgelöst, nachdem das BVerfG die Erhebung von Abgaben an den Absatzförderungsfonds für verfassungswidrig erklärt hat[2].
Der Fall wirft zum einen grundsätzliche Probleme der Warenverkehrsfreiheit gem. Art. 34 AEUV auf, die in der europarechtlichen Fallbearbeitung eine zentrale Rolle einnimmt, und eignet sich daher besonders als Einstiegsfall in die Materie der Grundfreiheiten. Man kann hier schulmäßig die Prüfungsfolge bei Art. 34 AEUV erarbeiten. Zum anderen wird das Vorabentscheidungsverfahren einschließlich der Formulierung einer geeigneten Vorlagefrage behandelt.
Schon die detaillierte Schilderung der rechtlichen Konstruktion der CMA weist den Bearbeiter darauf hin, dass hier das Hauptproblem der Untersuchung liegt. Insbesondere fragt sich, ob man die Werbemaßnahmen der CMA dem Mitgliedstaat Deutschland zurechnen kann, denn nur dann lässt sich das Merkmal „staatliche Maßnahme“ bei Art. 34 AEUV bejahen. Die übrigen Prüfungspunkte bei der Warenverkehrsfreiheit sind im Ergebnis wenig problematisch.
Im Rahmen der Prüfung des Vorabentscheidungsverfahrens kommt es vor allem darauf an, die richtigen Prüfungspunkte abzuhandeln und die Vorlagefrage ordnungsgemäß zu formulieren. Wichtig ist insbesondere, nicht auf die Gültigkeit von nationalem Recht abzustellen, sondern nach der Auslegung des Unionsrechts zu fragen. Denn nur hierfür ist der EuGH zuständig.
In der Abwandlung I soll das Problem der Zurechnung noch weiter vertieft werden. Mangels unmittelbarer Zurechnungsmöglichkeit ist zu erwägen, ob es eine Drittwirkung der Warenverkehrsfreiheit oder Schutzpflichten gibt, die zumindest zu einer mittelbaren Zurechnung führen können. Das ist im Ergebnis zu verneinen.
Abwandlung II erweitert den Fokus auf die Folgen der Beibehaltung einer unionsrechtswidrigen Praxis. Konkret wird nach den Möglichkeiten für Primärrechtsschutz gefragt. Die Fragestellung ist ungewöhnlich, weil meist nach Sekundärrechtsschutz, also Staatshaftungsansprüchen, gefragt wird. Im Rahmen des primären Rechtsschutzes geht es hingegen um Klagemöglichkeiten, die die Praxis Deutschlands selbst abstellen können. Hier kommt ernsthaft allein der Weg zu den Verwaltungsgerichten in Betracht, weil ausdrücklich nach Klagemöglichkeiten gegen öffentlich-rechtliche Körperschaften gefragt ist.
Insgesamt handelt es sich um einen eher leichten Fall, der den Einstieg in das Europarecht erleichtern soll. Er eignet sich daher auch gut als Abschlussklausur zur Vorlesung Europarecht im Grundstudium. Denkbar ist es aber auch, Teile daraus im Rahmen einer Examensklausur Öffentliches Recht zu verwenden.