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3.5 Entlehnungen in der frühneuhochdeutschen Periode

3.5.1 Zeit der osmanischen Expansion

Seit der zweiten Hälfte des 14. Jh. dringen die Osmanen immer weiter in die südöstlichen Teile Europas vor. 1396 fielen sie zum ersten Mal in Slawonien ein. Als 1463 Bosnien vollständig unter die Herrschaft der Osmanen fiel, kam es immer häufiger zu heftigen Einfällen der Türken in kroatisches Gebiet, denen auch dauerhafte Eroberungen folgten. Dies hatte gewaltige Folgen für die gesellschaftliche Entwicklung der kroatischen Gebiete, aber auch für das kroatische Königtum. Im Laufe des 15. Jahrhunderts versuchten die ungarisch-kroatischen Könige erfolglos gemeinsame Verteidigungslinien zu organisieren. So kam es zu einer Krise für die kroatisch-ungarische Staatsgemeinschaft, die nach der Schlacht bei Mohács im Jahre 1526 zerfiel. Es setzte eine massenhafte Fluchtbewegung des Adels und der bäuerlichen Bevölkerung aus Kroatien in Richtung Slawonien und zur Küste ein. Die Grenzgebiete verödeten. Ein großer Teil der Bevölkerung wurde getötet oder von den Osmanen in die Sklaverei verschleppt. Ab diesem Zeitpunkt wurde die Nähe der osmanischen Herrschaft zum entscheidenden Faktor der weiteren Entwicklung in Kroatien. 1519 verleiht Papst Leon X. Kroatien den ehrwürdigen Titel Antemurale Christianitatis bzw. «Vormauer des Christentums» (Antoljak, 1994: 80). Kroatische Intellektuelle wie Marko Marulić, Petar Zoranić und Bernardin Zane und viele andere schrieben von den Untaten der Osmanen und versuchten somit, das Problem der Verteidigung von den Türken zu internationalisieren und Hilfe von den Habsburgern und Europa zu erhalten. Die Kroaten haben nämlich nicht nur ihr eigenes Land verteidigt, sondern auch das christliche Europa. Außer etwas Geld vom Papst und moralischer Unterstützung, Segen und Mitleid kam jedoch nichts (Samaržija, 2001: 162).

3.5.2 Fortführung der Personalunion und die Militärgrenze

Nach dem Scheitern der politischen Verbindung zwischen Kroatien und Ungarn suchte die kroatische Aristokratie Unterstützung im Westen und wählte im Jahre 1527 den Habsburger Ferdinand zum kroatischen König. Dies war der Beginn einer festen und andauernden Verbindung Kroatiens zu Österreich und somit auch die Grundlage für die direkten (österreichisch)deutsch-kroatischen Sprachkontakte (Žepić, 2002: 214). Kroatien wurde somit Teil der Habsburgermonarchie, und diese politische Gemeinschaft dauerte bis zum Zerfall der österreich-ungarischen Monarchie im Jahre 1918. Dieser direkte Sprachkontakt führte zur intensiveren Entlehnung in beide Richtungen, obwohl der Einfluss der deutschen Sprache auf die kroatische immer stärker war als umgekehrt (Babić, 1990: 214) und die Sprachkontakte somit asymmetrisch angelegt waren. Es gibt mehrere Faktoren, die die Übernahme deutscher Entlehnungen begünstigten. Dies war vor allem die Errichtung der sog. Militärgrenze im 17. Jh., die die Habsburger als Schutz gegen die vordringenden Türken gründeten und die sich größtenteils durch kroatisches Gebiet erstreckte. Entlang der Grenze mit dem Osmanischen Reich wurden mehrere kleinere Festungsanlagen gebaut, in denen sich deutsche und kroatische Infanteristen befanden (vgl. Rothenberg und Zoglmann, 1970). Von 1849 bis 1866 war die Militärgrenze ein eigenes Kronland, das direkt unter dem k.u.k. Kriegsministerium stand, nach dem Ausgleich mit Ungarn wurde sie diesem einverleibt und Ende des 19. Jahrhunderts nach dem Rückzug der Osmanen aufgelöst. Innerhalb der Militärgrenze galt Deutsch als Amts- und Kommandosprache, so dass sich ein funktionaler kroatisch-deutscher Bilingualismus entwickelte, der sich auf ganz bestimmte Bereiche bezog. Die Träger des Sprachkontakts waren hier vor allem Soldaten (Piškorec, 2005: 56). Nach Einrichtung der Militärgrenze kam einigen Städten wie Karlovac und Varaždin eine besondere Rolle zu, da sie zum Mittelpunkt der Militärmacht wurden und die Kommandos dort untergebracht waren. Die Kommandanten waren größtenteils Deutsche (Gabričević, 2002: 70). Erzherzog Karl verwaltete im 16. Jh. die Militärgrenze und unterstützte im Jahre 1579 die Gründung der Stadt Karlovac, die zum zentralen Stützpunkt der Militärgrenze wurde. Somit entstand ein neues militärisch-politisches Territorium auf kroatischem Boden, das nicht dem Ban und Kroatischen Sabor unterlag (Antoljak, 1994: 96). Da Deutsch die Amts-, Kommando- und Unterrichtssprache war, gelangten viele deutsche Lehnwörter aus der administrativen und militärischen Terminologie in die kroatische Sprache, die auch heute noch aktiv gebraucht werden:

 kro. gruntovnica < dtsch. Grundbuch,

 kro. inspektor < dtsch. Inspektor < frz. inspecteur,

 kro. kancelar < dtsch. Kanzler < lat. cancellarius,

 kro. kancelarija < dtsch. Kanzlei < lat. cancelli.

Viele Ausdrücke der Militärterminologie stammen ursprünglich aus dem Französischen und wurden über die deutsche Sprache ins Kroatische übernommen, z.B.

 kro. mušketir < dtsch. Musketier < frz. musquetaire «mit einer Muskete ausgerüsteter Soldat»,

 kro. granadir < dtsch. Grenadier < frz. grenadier «für Granaten zuständiger Soldat»,

 kro. artiljerist < dtsch. Artillerist < frz. artillerie u.v.a.

Ein großer Teil dieser Ausdrücke ist auch heute noch im militärischen Wortschatz der kroatischen Sprache aktiv:

 kro. geler < dtsch. Geller,

 kro. kapetan < dtsch. Kapitän,

 kro. kaplar < ung. káplár < dtsch. Korporal < ital. caporale,

 kro. kasarna < dtsch. Kaserne < frz. caserne,

 kro. logor < dtsch. Lager,

 kro. lozinka < dtsch. Losung(-swort),

 kro. maršruta < dtsch. Marschroute < frz. marche-route,

 kro. oficir < dtsch. Offizier < frz. officier,

 kro. orden < dtsch. Orden,

 kro. ranac < dtsch. Ranzen,

 kro. regrut < dtsch. Rekrut < frz. recrue,

 kro. šanac < dtsch. Schanze,

 kro. šljem < dtsch. Helm,

 kro. šmajser < dtsch. schmeißen,

 kro. špalir < dtsch. Spalier,

 kro. šrapnel < dtsch. Schrapnell < engl. shrapnel,

 kro. štab < dtsch. Stab,

 kro. štucne < dtsch. Stutzen,

 kro. štuka < dtsch. kurz für Sturzkampfflugzeug,

 kro. trupa < dtsch. Trupp < frz. troupe.

Seit der Eigenständigkeit Kroatiens 1991 wurden viele Militärausdrücke, insbesondere diejenigen deutscher Herkunft, durch kroatische Äquivalente ersetzt. Es handelt sich dabei um die Wiederbelebung alter kroatischer Bezeichnungen, die mit dem Dekret aus dem Jahre 1918 verboten wurden (vgl. Samardžija, 2003: 111). Aber auch heute haben sich einige Termini in der Fachsprache des Militärs bewahrt wie geler, logor, lozinka.1 Einige Ausdrücke sind in einzelnen Ortssprachen gebräuchlich und haben ihre ursprüngliche Bedeutung verloren, z.B. der Ausruf Wer ist da?, den die Grenzler entlang der Militärgrenze ausriefen, wenn sich jemand annäherte, und von den Einheimischen, die kein Deutsch verstanden, als Ber do? wahrgenommen wurde und aufgrund volksetymologischer Deutung im Verb berdokat in einigen Teilen Likas in der Bedeutung von 'laut rufen' wiederzufinden ist (Dasović/Kranjčević, 2003: 141).

Deutsch-kroatische Sprachkontakte

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