Читать книгу Deutsch-kroatische Sprachkontakte - Aneta Stojic - Страница 26
3.6.8 Kroatien nach der österreichisch-ungarischen Herrschaft
ОглавлениеNach dem Zerfall der österreichisch-ungarischen Monarchie hat Kroatien keinen direkten Sprachkontakt mehr zum deutschsprachigen Raum. Eine Ausnahme bilden die Deutschen in Kroatien, die von 1920 bis 1941 größtenteils im sog. schwäbisch-deutschen Kulturbund vereint waren. Dieser Verein diente vor allem zur Bewahrung und Verbreitung der deutschen Kultur. Nach dem Zerfall des Königreiches Jugoslawien blieb der größte Teil der Volksdeutschen im Unabhängigen Staat Kroatien, der im Einklang mit den Beschlüssen der Wiener Konferenz die Verpflichtung übernahm, die Volksdeutschen in allen Fragen mit den Kroaten auszugleichen und ihnen eine kulturelle und Selbstverwaltungsautonomie zu gewähren. Nach dem Zweiten Weltkrieg verschlechterte sich dieser Status sehr: Die Zahl der Volksdeutschen, die vor dem Krieg ca. eine halbe Million ausmachte, verringerte sich bis zur ersten Volkszählung nach dem Krieg im Jahre 1948 um das Zehnfache. Die meisten deklarierten sich als Kroaten. Seit Beginn der 1950er Jahre kam es zur massenhaften Auswanderung der Angehörigen der deutschen und österreichischen Minderheit in Jugoslawien, weil ihnen alle bürgerlichen und politischen Rechte in Titos Regime genommen wurden (Geiger/Kučera, 1996: 92). Der Status der deutschen Sprache in der Schule war sehr ungünstig. Deutsch wurde als Sprache der Nationalsozialisten und Besetzer betrachtet (Žepić, 1996: 318). Belgrad wollte das Schulwesen im gesamten Land ohne Berücksichtigung der Tradition und Bedürfnisse der einzelnen Republiken vereinen. Wegen der traditionellen Verbindung Serbiens zu Frankreich wurde das Französische zuerst in kroatischen Gymnasien eingeführt und unterdrückte daraufhin die deutsche Sprache mit der Begründung, das Französische sei als romanische Sprache für Gymnasialprogramme angebrachter als das Deutsche. Während des Krieges gab es die Möglichkeit, zwischen dem Deutschen und Italienischen zu wählen. Nach 1945 war Deutsch jedoch die Sprache des Feindes und wurde nicht als Schulfach angeboten. Erst nach dem Bruch Jugoslawiens mit der Sowjetunion wurde das Deutsche wieder zum Schulfach in Kroatien und nahm die zweite Stelle nach dem Englischen ein (Žepić, 2002: 220).
Während der sechziger und siebziger Jahre des 20. Jh. kam es zur massenhaften Auswanderung der Kroaten, die im Ausland Arbeit suchten. Der größte Teil ging in die deutschsprachigen Länder. Neben Sprachmischung, die vor allem bei Kindern, die im Ausland geboren wurden oder dort aufgewachsen sind, kam es auch zu Entlehnungen im Kroatischen. So beispielsweise die Wörter gastarbajter, ofental, bauštela, robau u.a. In neuerer Zeit lässt sich auch weiterhin der Einfluss der deutschen Sprache auf das Kroatische feststellen. Die Entwicklung der Technik und Telekommunikation hat alle physischen Hürden bewältigt, so dass heute enge Kontakte auch zu weit entfernten Sprach- und Kulturkreisen über Internet oder andere Medien möglich sind. Seit Jahren besteht die Möglichkeit, deutschsprachige TV-Programme über Satellit in Kroatien zu empfangen. Schließlich kann auch die Einführung des deutschen Fernsehsenders RTL in Kroatien, der viele deutschsprachige Serien und Filme mit kroatischen Untertiteln ausstrahlt, als moderne Fortsetzung der deutsch-kroatischen Sprachkontakte betrachtet werden. Ebenso die freie Marktwirtschaft, die in Kroatien zum Import vieler deutscher und österreichischer Artikel führte, die ihre deutsche Bezeichnung behalten haben und im Kroatischen oft appelativiert wurden, z.B. kinderjaje (dtsch. Kinderei), milhšnita (dtsch. Milchschnitte), buterštanga (dtsch. Butterstange) u.a. Nicht zu vergessen ist der heute stark entfaltete Tourismus, in dem die deutsch-kroatische Sprachbegegnung in Kroatien heute weitestgehend erfolgt.
Zweifellos haben alle diese Kontakte, die noch vor der Ansiedlung der Kroaten in ihr neues Heimatland begannen und kontinuierlich mit unterschiedlicher Intensität bis heute andauerten, eine tiefe Spur in der älteren und neueren Geschichte Kroatiens hinterlassen. In welchem Maße dieser Einfluss im Bereich der Lexik der kroatischen Sprache bemerkbar ist, wird in den folgenden Kapiteln thematisiert.