Читать книгу Deutsch-kroatische Sprachkontakte - Aneta Stojic - Страница 20
3.6.2 Zeit der Aufklärung und des aufgeklärten Absolutismus
ОглавлениеIm 18. Jh. stieg der Status des Deutschen in Kroatien wegen der Sprachpolitik der Habsburger Monarchie unter der Herrschaft der Aufklärer Maria Theresia (1740–1780) und ihrem Sohn Joseph II. (1780–1790). Diese Zeit kennzeichnete der Wille zur Germanisierung und Zentralisierung, sowie zur Fortführung der pangermanischen Politik, geleitet vom Drang nach Osten. Die Amtssprache innerhalb der Militärgrenze war seit ihrer Gründung das Deutsche. Mit der Allgemeinen Schulordnung für die deutschen Normal-, Haupt- und Trivialschulen in sämmtlichen kais.-königl. Erbländern richtete Maria Theresia 1774 das Bildungswesen innerhalb der Militärgrenze neu ein: Die Unterrichtssprache ist grundsätzlich Deutsch. Für den ungarisch-kroatischen Teil der Monarchie verfügte Maria Theresia mit der sog. Ratio educationis totiusque rei literariae per regnum Hungariae et provincias eidem adnexas im Jahre 1777, dass als Unterrichtsprache diejenige Sprache empfohlen wird, die in diesem Bezirk gesprochen wird. Daneben können aber auch Deutsch und die Anfänge des Lateins gelernt werden (Häusler, 2000: 60). Der Beschluss von Joseph II. zeugt noch mehr von der Absicht der Herrscherfamilie, die kroatischen Gebiete zu germanisieren. Ihm nach sollte die deutsche Sprache nämlich zur zentralen Verwaltungs- und Verkehrssprache der Monarchie werden. 1784 erließ der Kaiser den Beschluss, den Unterricht in kroatischen Gymnasien auf Deutsch zu halten und zwar auf der Grundlage deutscher Lehrbücher. Ebenfalls habe jeder Beamter innerhalb von drei Jahren Deutsch zu lernen (Antoljak, 1994: 112). Auf diese Weise kam der deutschen Sprache bis zum Ende des 18. Jh. in der sozialen Struktur der kroatischen Gesellschaft eine besondere Rolle zu: Latein war noch immer die Sprache der Politik und Wissenschaft, Deutsch die Umgangssprache der höheren Gesellschaftsschicht und das Kroatische diente zur Kommunikation mit den Bediensteten und der unteren Gesellschaftsschicht (Kessler, 1986: 73). Joseph II. musste 1789 unter dem Druck der Magnaten diese Beschlüsse zurückziehen. Latein wurde wieder zur Unterrichtssprache und die Lehrer, die früher wegen des Nicht-Beherrschen der deutschen Sprache entlassen wurden, bekamen ihre Arbeitsplätze zurück. Seither ist die deutsche Sprache ein Unterrichtsfach wie jedes andere (Häusler, 2000: 65). Der Widerstand gegen die sog. josephinischen Sprachverfügungen konnte jedoch die Vorreiterstellung der deutschen Sprache in der überregionalen Kommunikation nicht schwächen. Die gesellschaftliche Dominanz des Deutschen war unaufhaltbar (Kessler, 1986: 72). Dies bedingte die Stellung des Deutschen innerhalb der Habsburger Monarchie. Die deutsche Sprache konnte sich nämlich im 18. Jh. als Standardsprache im gesamten deutschsprachigen Raum durchsetzen. Der wohlhabende Adel, Militäroffiziere und Händler, die die dominante Schicht der städtischen Bevölkerung bildeten, nahmen sich zu dieser Zeit Wien als Vorbild und übernahmen 1770 Deutsch als Verkehrssprache der alltäglichen Kommunikation. Deutsch war somit die Prestigesprache der oberen Schicht und wurde schnell zur Konversationssprache der Intellektuellen, des Handels und der Wirtschaft, des Bon Tons und der Literatur, während Kroatisch von den Handwerkern und Kaufleuten, die die Dorfbewohner und kleinbürgerliche Klientel bedienten, gesprochen wurde (Kessler, 1981: 12). Bis zum Ende des zweiten Jahrzehntes des 19. Jh. bewahrte die deutsche Sprache diesen Status insbesondere in den Städten Zagreb, Varaždin und etwas später in Karlovac. Dies unterstützte auch die Herausgabe deutscher Zeitungen, die in Zagreb erschienen (Luna, Kroatischer Korrespondent, Agramer Zeitung u.a.). Von 1749 bis 1860 wurden die Theaterstücke ausschließlich auf Deutsch aufgeführt. Die Einwohner Zagrebs, die sich selbst als purgeri (< dtsch. Bürger) bezeichnen, nennen ihre Stadt auf Deutsch Agram. Das Deutsche der purger gewann an sozialer Bedeutung: Wer Deutsch sprach, gehörte zur „besseren“ und „feineren“ Gesellschaft des Stadtlebens (Kessler, 1986: 73).