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Stress ohne Tiger
ОглавлениеAls Claudia in die Klinik kam, war ihr Körper wie eingefroren gewesen. Die Muskeln von Schulter und Nacken waren schmerzhaft verhärtet. Ihre Hand- und Fußgelenke mussten ebenfalls viel Spannung aushalten. Claudias Organismus war gestresst. Er befand sich in einem Alarmzustand, der unseren Vorfahren das Überleben in einer Welt voller Gefahren ermöglicht hat. Wurden sie bedroht, mussten sie flüchten oder kämpfen. Das ermöglichte der Organismus, indem er den Muskeln Energie, Zucker und Fettsäuren zuführte. Die Anspannung machte sie bereit zur Aktion. Danach beruhigte sich der Körper wieder, die Stresshormone klangen ab, Entspannung machte sich breit.
Heute ist das anders. Wir müssen eine Vielzahl von Belastungen im Alltag sowie die eigenen Ängste und negativen Gedanken aushalten, vor denen wir nicht davonlaufen können. Auch wenn der Säbelzahntiger nicht mehr hinter dem Busch lauert, läuft das uralte evolutionäre Programm ab und unsere Muskeln spannen sich an. Dieser Zustand wird chronisch, wenn wir nicht aktiv dagegen angehen.
Claudia hatte sich seit Jahren immer weniger bewegt, um Schmerzen zu vermeiden. Sie hatte dabei 20 Kilo Übergewicht angesammelt. Es war ihr nicht in den Sinn gekommen, ihren Körper durch mehr Bewegung zu entlasten, auch nicht durch gezielte Entspannung. Stattdessen nahm sie Medikamente, gegen die der Körper mit der Zeit unempfindlich wurde. So hatten sich ihre Beschwerden immer weiter verstärkt.
In unserer modernen Gesellschaft sind wir einer Dauerbelastung ausgesetzt. Zu jeder Zeit und überall sind wir von Bildschirmen, Lautsprechern, künstlichem Licht und Lärm umgeben. Viele von uns sind mit dem Smartphone, mit Messenger-Diensten, Facebook und dem Internet ununterbrochen online. Dann ist da noch der nie abnehmende Aktenberg auf dem Schreibtisch, man hat Probleme mit den Kollegen oder Auseinandersetzungen mit dem Partner, sorgt sich vielleicht um einen schwer kranken Angehörigen. Nie kehrt Ruhe ein.
Viele Menschen sind deshalb dauerhaft unzufrieden und glauben, erst, wenn sie dies oder das erledigt haben, dann können sie sich endlich Zeit für sich gönnen. Aber irgendwie tritt dieser erwünschte Zustand nie ein. Das lässt sich an Stressreaktionen ablesen:
die Muskulatur entspannt sich nicht mehr
die Gelenke schmerzen
Atem- und Herzrhythmus werden dauerhaft hochtourig und unflexibel
durch den erhöhten Blutdruck und die erhöhten Fettwerte werden die Blutgefäße immer weniger elastisch, sie »verkalken«
das Stresshormon Kortisol wird dauerhaft vermehrt ausgeschüttet und schwächt über einen längeren Zeitraum das Immunsystem
entzündliche Prozesse nehmen zu und werden chronisch
der Schlaf ist nicht mehr erholsam
Lust- und Freudlosigkeit machen sich breit
Sinnlichkeit und Erotik verkümmern
Empathie, Humor, Kreativität, Spontanität und Spielfreude nehmen ab
ungesundes Verhalten nimmt zu (zu wenig Bewegung, erhöhter Konsum von Medikamenten, Medien, Alkohol, Zigaretten usw., ungesunde Ernährung)
soziale Probleme nehmen zu
Viele dieser Faktoren verstärken einander und führen irgendwann zu Krankheiten:
muskulären Verspannungen und Gelenkschäden
Bluthochdruck oder anderen Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Tinnitus oder Hörsturz
Diabetes
Verdauungsstörungen
chronische oder wiederkehrende Infekte
Erschöpfungsdepressionen sowie Burnout
Ein Spaziergang senkt den Blutdruck, verlangsamt den Puls und beruhigt die Nerven.