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Lifestyle-Genetik: Prägung über Generationen
ОглавлениеDer Begriff »Epigenetik« bezeichnet molekulare Strukturen, die als Schalter fungieren, indem sie Gene »ein-« oder »ausschalten«. Sie können unsere Ruhe und Erholung fördern und die gesundheitsgefährdenden Effekte von Stress abpuffern. So gibt es zum Beispiel einen Genschalter, der die Ausschüttung des Stresshormons Kortisol herunterregelt. Diese Strukturen werden vererbt, einige davon über Generationen, auch die Stressempfindlichkeit.
Erfahrungen in der Kindheit sind besonders wichtig. Wenn Mütter ihre Neugeborenen fürsorglich bemuttern, werden die Genschalter so reguliert, dass die Kinder sich ein Leben lang schnell selbst beruhigen können. Das konnte bei Ratten nachgewiesen werden, aber gilt auch für den Menschen: Wenn wir schon als Babys erleben, dass wir bei Angst und Aufregung beruhigt werden, dann verinnerlichen wir dieses Gefühl der Gelassenheit, sobald eine Gefahr vorbei ist. Diese grundlegende Erfahrung und Fähigkeit kann uns dann ein Leben lang befähigen, uns selbst durch Selbstfürsorge zu beruhigen, zu regenerieren und zu stärken. Vermutlich sind wir dann auch besser in der Lage, anderen Menschen gegenüber fürsorglich zu sein, ohne uns selbst dabei zu vergessen und zu überfordern. Die kindliche Bindung stärkt ein Leben lang die Resilienz des Menschen.
In diesem Fall kann das fürsorgliche Verhalten der Mutter die epigenetische Konstellation zum Positiven verändern. Doch auch wenn wir diese Erfahrungen als Babys nicht machen konnten: Verlässliche dauerhafte und fürsorgliche Beziehungen fördern auch später noch die Selbstberuhigung, und Entspannung und Achtsamkeit können die eigenen epigenetischen Schalter umlegen. Das bedarf dann allerdings gezielter Handlung und braucht Zeit.
Wenn es gelingt, unseren Alltag so einzurichten, dass wir uns immer wieder – idealerweise jeden Tag – Zeit für uns selbst nehmen, zehn, vielleicht zwanzig Minuten, dann finden Veränderungen tief in unserem Inneren statt, die uns weniger anfällig für Belastungen und Stress werden lassen. Unser Immunsystem reagiert dann robuster und effektiver auf Eindringlinge. Auch beruhigt und regeneriert sich der Organismus wesentlich schneller und nachhaltiger nach Belastungsphasen. Diese tiefgreifenden Veränderungen sind schon nach wenigen Wochen einer mehr oder weniger täglichen Achtsamkeitspraxis biologisch messbar.
Wie stark der Lebensstil die Gesundheit beeinflusst, ergab auch die große Europäische EPIC-Studie (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition), die zwischen 1992 und 2000 über eine halbe Million Menschen in zehn Ländern untersuchte. Auch in Deutschland nahmen 27 000 Probanden teil. Danach bestimmt der Lebensstil zu einem sehr großen Maß, ob Menschen gesund leben oder Krebs, Diabetes und Herzerkrankungen entwickeln. Positive Einflussfaktoren sind:
Nichtrauchen, Normalgewicht, moderater Alkoholkonsum,
täglich mindestens 30 Minuten moderate Bewegung,
Ernährung mit geringer Energiedichte, vielen Ballaststoffen, reichlich Obst und Gemüse,
kein rotes oder heißgebratenes Fleisch,
wenig Stress, vor allem in der Kindheit!