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Wie waren die Zeiten vor der Bürokratie?

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Auf jeder Verwaltungsstufe der Jahrhunderte vor der Bürokratie entlohnten sich die Herrscher nach eigenem Ermessen, z. B. nach den Steuereinnahmen, und Beamte früherer Zeiten konnten die ihnen übertragenen Rechte mehr oder weniger frei interpretieren und sich bedienen (Kieser, 1999c). Im späten 18. Jhd. sprachen die Gutsherren Recht und vielleicht kennen Sie die Redewendung, dass jemand »nach Gutsherren-Manier entscheidet«. Damals gab es nur für wenige Beamtenlaufbahnen so etwas wie Eingangsprüfungen oder Eingangsvoraussetzungen, und wenn es sie gab, waren diese bei adligen Personen nicht anzuwenden (Kieser, 1999c). Die Beamten bezogen neben dem Gehalt weitere »Naturalzahlungen«. »Gebühren« waren regelmäßige Einkünfte der Beamten mit Publikumsverkehr (also in den Amtsstätten), was in der Konsequenz zu Korruption und Willkür führte. Die Zahlung von »Handsalben« galt als normales Mittel der Bürger/innen, um Interessen durchzusetzen (Kieser, 1999c).

In der Bürokratie sind heute hauptberufliche und mit festen Gehältern entlohnte Beamt/innen tätig. Die Beamt/innen sind nicht mehr aufgrund einer Erbmonarchie in ihren Positionen, sondern auf der Basis eines Kontraktes. Sie werden aufgrund ihrer Fachqualifikation ausgewählt, mit festen Gehältern bezahlt und haben eine langfristige Zukunftssicherung. Das ihnen zugewiesene Amt ist der Hauptberuf der Beamt/innen, den sie in festgelegten Zeiten in eigens dafür eingerichteten Amtsstätten auszuüben haben. Die Beamt/innen haben kein Eigentum an dem Amts- und Betriebsvermögen, haben eine vorgezeichnete Laufbahn und sind einer einheitlichen Amtsdisziplin und Kontrolle unterworfen (Weber 1972 n. Kieser, 1999c, S. 47).

Die bürokratische Verwaltung beschreibt Weber wie folgt (Weber 1972 n. Kieser, 1999c):

• Jedes Mitglied hat feste Zuständigkeiten, einen abgegrenzten Bereich von Leistungspflichten (ein Amt, eine Stelle oder einen Aufgabenbereich) und die zur Ausübung der Stelle notwendige Befehlsgewalt (Weisungsbefugnis).

• Die Kompetenzen basieren auf Regeln (Gesetze oder Verwaltungsreglements), sind personenunabhängig und generell festgelegt (zur Zeit der Gutsherren wurden die Aufgaben eher an die Personen angepasst).

• Es werden Personen gesucht und eingestellt, die geeignet sind, einen derartigen Aufgabenbereich zu übernehmen.

• Es entsteht eine Struktur, in der Personen ausgetauscht werden können, ohne dass sich die Struktur ändert oder geändert werden muss.

• Die Amtshierarchie ist ein festgeordnetes System von Über- und Unterordnung, um eine Abstimmung zwischen den Aufgabenbereichen zu ermöglichen (der »Dienstweg«).

• Die Amtsführung (die Aufgabenerfüllung) erfolgt nach generellen, festgelegten und erlernbaren Regeln in Form von technischen Regeln oder Normen.

• Die Aufgabenerfüllung beruht auf Schriftstücken (Akten). Neben der schriftlichen Fixierung der Regeln (z. B. in Verfahren oder Amtsblättern oder Verkündungen) wird in der Bürokratie die »Aktenmäßigkeit« der Vorgänge betont. Die Kommunikation zwischen den Mitarbeiter/innen der bürokratischen Verwaltung erfolgt schriftlich über Briefe bzw. heute auch über E-Mail, Aktennotizen oder Formulare. Fragen und vor allem die getroffenen Entscheidungen sind schriftlich festzuhalten und müssen in Akten aufbewahrt werden. Damit entstehen eine Kontrollierbarkeit der Regeleinhaltung und ein kontinuierlicher Fortlauf der Geschäfte selbst bei einem Wechsel der Amtsinhaber/innen.

Arbeits- und Organisationspsychologie

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