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Betrachtung aus heutiger Sicht

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Die beschriebenen Experimente würden heute eher als quasi-experimentelles Ein-Gruppen Design bezeichnet, da es keine randomisierte Zuordnung zu Versuchsgruppen gab, und auch keine Kontrollgruppe. Auch waren heute übliche Standards der experimentellen Forschung und Feldforschung, die vor allem zur internen Validität beitragen, sowie Überlegungen zur Stichprobengröße noch nicht etabliert. In der Rückschau haben Recherchen ergeben (Kieser, 1999b), dass die Leistungssteigerung in den einzelnen Experimenten auch folgende Ursachen gehabt haben könnte:

• Die Testpersonen erhielten bessere Löhne.

• Den Testpersonen wurde die Leistung kontinuierlich rückgemeldet.

• Die Testpersonen erhielten die Aufforderung, so schnell wie möglich zu arbeiten.

• Die Testleiter »rügten« Teilnehmer/innen, zwei Teilnehmerinnen wurden durch »kooperationswilligere« ersetzt.

Nachträgliche Analysen der Protokolle durch Franke und Kaul (1978) zeigten in ähnlicher Art und Weise anhand von Regressionen, dass vor allem der Austausch von Mitarbeiter/innen, die ökonomische Auswirkung der Depression und die Erholungspausen den größten Teil der Varianz aufklärten. Die Versuchsleiter und Experimentatoren gelten heute als hochgradig ideologisch befangen (Kieser, 1999b), da sie Ergebnisse erzeugen wollten, von denen sie im Vorhinein schon zutiefst überzeugt waren (Miner, 2015).

Zudem wird kritisiert, dass die Human Relations-Bewegung die Taylorismus-Fordismus-Bewegung nicht ablöste, sondern diese lediglich um das Methodenarsenal der Rationalitätsbewegung erweiterte. Aus heutiger Sicht erlagen die Forschenden in den Hawthorne-Werken dem »Zeitgeist« (Kieser, 1999b). Die großzügig finanzierten Hawthorne-Studien boten ihnen die einmalige Gelegenheit, die Annahmen zur Bedeutung der sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz empirisch zu zeigen (und auf das Testen von Alternativhypothesen zu verzichten) und damit auch deren Verbreitung zu fördern (Kieser, 1999b). So vermutet Kieser (1999b und 2005), dass es sich bei den Ergebnissen der Hawthorne-Experimente um eine Legende handelt, die in vielen Lehrbüchern gesponnen wird (Kieser, 2005).

Aus arbeits- und organisationspsychologischer Sicht haben die Hawthorne-Studien der Sozial- und Organisationspsychologie starken Aufwind gegeben. Die Verbreitung der Human Relations-Annahmen in der Praxis wurde begleitet von einem Aufschwung der Organisationspsychologie an amerikanischen und nach dem zweiten Weltkrieg auch an deutschen Universitäten (Kieser, 1999a).

Die Human Relations-Bewegung und Hawthorne-Experimente haben den Boden bereitet für die Organisationstheorien, auf denen die Arbeits- und Organisationspsychologie basiert und mit denen diese bis heute hauptsächlich arbeitet.

Arbeits- und Organisationspsychologie

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