Читать книгу Ophelia im Hudson River - Annette Meyers - Страница 17
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ОглавлениеSie war mit einem Buch im Schoß im Sitzen eingeschlafen und davon aufgewacht, daß er ihr das Buch aus der Hand genommen und das Licht ausgemacht hatte. Izz jaulte auf, als er sie in ihren Hundekorb auf dem Boden legte.
Zum erstenmal hatte Wetzon Angst im Dunkeln gehabt. Sie wollte sich nicht an den Klang der schrecklichen Stimme auf Sheilas Anrufbeantworter erinnern.
Als er neben ihr ins Bett stieg, hatte sie sich an ihn gekuschelt. Sie hatten sich geliebt, aber diesmal war es anders als sonst; er schien sie so sehr zu brauchen, daß es sie zu erdrücken drohte.
Irgendwann in der Nacht hörte sie, wie er aufstand, hörte, wie er in der Wohnimg umherging. Er kam nicht zurück.
Erst nach neun Uhr wachte sie wieder auf. Izz lag in ihrem Rücken. Silvestri war fort. Ebenso der Umschlag.
Auf dem Markt standen nur wenige Buden. Wetzon fror in ihrem Trenchcoat. Sie zog die Baskenmütze über die Ohren. Ein halbherziger Nieselregen lag wie ein Dunst über der Stadt. Sie kaufte Äpfel und zwei Zucchini. Die Frau hinter ihr stieß sie immer wieder an. Wütend wirbelte sie herum.
»Wie wäre es mit einer Tasse heißen Apfelwein, Schatz?« Laura Lee grinste sie an.
»Du schuldest mir was, also nehme ich an. Ich meine, was sonst könnte man jemandem mit so schönen Brüsten wohl antworten?«
»Autsch«, sagte Laura Lee. »Ein furchtbarer Mann, nicht wahr?«
»Ich kenne schlimmere, aber ich habe keine Geschäfte mit ihnen gemacht.«
»Schatz, du mußt verstehen, daß das Geschäft im Vordergrund steht. Es bringt uns allen jede Menge Geld ein, besonders Micklynn. Und darf ich dich daran erinnern, daß du die Geschäftspartnerin einer der schlimmsten ... also steig von deinem hohen Roß runter.«
»Vergiß den heißen Apfelwein, Laura Lee. Ich habe plötzlich einen Bärenhunger. Laß uns zur Columbus-Bäckerei gehen, uns einen Cappuccino bestellen und schlemmen.« Laura Lee hatte natürlich recht. Smith war wahrscheinlich keinen Deut besser als Hem Barron. Und Wetzon konnte sich problemlos vorstellen, daß Smith hinter ihrem Rücken ihre gemeinsame Firma verkaufte, genau wie Hem und A. T. es bei Micklynn taten.
In der Columbus-Bäckerei wählten sie aus, dann trugen sie ihre Tabletts zu einem kleinen Tisch.
»Komm schon, Darling, es wird Zeit, daß Du nicht länger Trübsal bläst.« Laura Lee schmierte Butter auf ihr Cranberry-Muffin.
»Das Geschäft geht miserabel, Laura Lee, und Smith gibt immer mehr Geld für unsere Expansion aus und betont, daß wir es ja abschreiben können.«
»Aber das ist es doch gar nicht, oder?« Die Freundin warf ihr einen wissenden Blick zu.
»Du hast recht. Das ist es nicht. Eine alte Freundin von Silvestri ist unter mysteriösen Umständen gestorben.«
»Ach«, sagte Laura.
»Er sagt, daß es schon seit langem aus war zwischen ihnen, aber ...«
»Mord?«
»Weiß man noch nicht. Er wird von diesem Fall vollkommen in Anspruch genommen und spricht nicht sehr viel.«
»Oh, oh, und er ist ja schon nicht besonders gesprächig, wenn er einen guten Tag hat.«
»Ich hoffe, die Autopsie ergibt, daß sie einen Unfall hatte, sonst wird er keinen anderen Gedanken mehr fassen können, als ihren Mörder zu finden.« Wetzon schnitt ihr klebriges Teilchen in vier Stücke und steckte sich eines davon in den Mund.
»Weißt du, es ist immer schön, wenn es noch einen anderen Mann in deiner Umgebung gibt, der dich verehrt und dich zum Abendessen ausführt.«
»Laura Lee!«
»Ich schlage ja nicht vor, daß du zwei Liebhaber haben sollst, Wetzon. Obwohl manche das bestimmt interessant fänden.« Ihre Augen blitzten übermütig. »Ich sage nur, daß es nachweislich Männer gibt, die sich ausgesprochen gern in deinem Dunstkreis, bewegen würden.«
»In deinem Dunstkreis, Laura Lee, nicht in meinem.« Dann lächelte sie.
»Du hast jemanden im Sinn«, sagte Laura Lee erfreut.
»Ich habe ihn neulich im Park getroffen, und ich hatte das seltsame Gefühl, daß er es darauf angelegt hat.«
»Sag mir, wer es ist, Schatz. Ach, ist das nicht herrlich?« Sie sprach keineswegs über das Essen.
»Bill Veeder.«
»Bill Veeder. Na, das ist doch ein ausgesprochen interessanter Mann. Er und seine Frau veranstalten alle paar Monate eine Art Salon in ihrer Luxuswohnung.«
»Seine Frau?«
»Nun, das ist eine andere Geschichte. Sie hatte einen Schlaganfall oder so etwas und sitzt den ganzen Tag wie die Schneekönigin in ihrem Rollstuhl vor dem Feuer. Noch nicht einmal die Augen bewegt sie, während ihre Krankenschwester für sie sorgt und Bill immer wieder Leute mitbringt, die sie kennenlernen soll. Sie kann nicht reden, nicht gehen, und ich weiß noch nicht einmal, ob sie überhaupt alles versteht, was um sie herum vor sich geht.«
»Dann habe ich mich geirrt. Er scheint der perfekte Ehemann zu sein.«
»Scheint ist hier das Schlüsselwort, Schatz.« Laura Lee tätschelte mit ihren fettigen Fingern Wetzons Hand. »So etwas wie einen perfekten Ehemann gibt es nicht.«