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Vierter Juli

»Verdammt, Smith, sieh dir das an!« rief Wetzon, als ein Strauß Chrysanthemen am Himmel explodierte und ihn aufleuchten ließ. »Wir verpassen noch das Feuerwerk.«

»Ich werde nie verstehen, warum du es immer so eilig hast.«

Smith schaltete herunter und lenkte den Jaguar in eine Parklücke in der Liberty Street. Manchmal konnte sie einen wirklich zum Wahnsinn treiben. Wenn sie so gelaunt war wie jetzt, richtete sie sich ausschließlich nach ihrem eigenen Stundenplan.

Zisch, plop, plop, plop, zisch. Rote, weiße und blaue Farbkugeln explodierten und formten sich zu einer riesigen amerikanischen Flagge. Diese blieb einen Augenblick lang unverändert am Himmel stehen, dann zerschmolz sie zu einem glänzenden Regenbogen.

Das Hafenbecken hinter dem World Financial Center mit den zahlreichen Booten, die dort ankerten, sah aus wie eine Filmkulisse, nur daß heute abend auf jedem Boot eine Party stattfand. Gläser klirrten, Stimmengewirr brandete zu ihnen herüber.

»Welches ist es?« fragte Smith.

»Mal sehen. Laura Lee hat gesagt, daß das Boot für sechs Leute ausgelegt ist und Brotpudding heißt. Erst geradeaus, dann die erste rechts, und das Boot liegt auf der linken Seite. Wetzon folgte den Anweisungen und rief: »Hier ist es, Smith.«

»Hallo da drüben«, schrie jemand, als weitere Feuerwerkskörper den Himmel erhellten.

»Selber hallo«, gab Wetzon zurück, dann hielt sie nach ihrer trödelnden Partnerin Ausschau, die ständig darauf bestand, hohe Absätze zu tragen. Als ob sie das nötig gehabt hätte – bei ihrer Größe. »Da sind wir schon, Smith.« Die Brotpudding sah aus wie die anderen Boote auch, das Deck war voller Menschen, deren Unterhaltung dahinplätscherte wie das sich kräuselnde Wasser in der New Yorker Bucht.

»Also wirklich«, rief Smith plötzlich. Sie klang aufgebracht, während sie hinter Wetzon herlief und ihrem Mißfallen freien Lauf ließ.

»Was ist los?«

»Würdest du etwa im Hudson schwimmen gehen?«

»Wovon sprichst du eigentlich? Ich habe kein Interesse am Schwimmen. Laß uns gehen.« Wetzon rief laut: »Hallo, Brotpudding!«

»Brotpudding!« erklang eine Frauenstimme. »Unglaublich. Warum eigentlich nicht Crème brûlée?« Sanft, mit einem feinen kling wogten die Boote gegen ihre Vertäuung und das Hafenbecken. Stimmt, warum eigentlich nicht, dachte Wetzon. Sie zog das eine dem anderen durchaus vor.

»Sieh sie dir an, wenn du mir nicht glaubst«, beharrte Smith. »Kommen Sie raus da unten! Sie können sich alle möglichen Krankheiten holen«, schrie sie ins Wasser hinunter.

Jetzt hat sie also doch noch den Verstand verloren, dachte Wetzon, als sie über Smith’ Schulter blickte. Doch dann fuhr sie vor Schreck zusammen und hätte beinahe das Gleichgewicht verloren. Gütiger Himmel, da schwamm ja wirklich jemand im Wasser – eine Frau, um genau zu sein. Sie trug ein langes weißes Kleid und war von jeder Menge Blumenranken umschlungen.

»O arme Ophelia«, murmelte Wetzon.

Die Frau schwamm nicht, sie trieb mit dem Gesicht nach oben im trüben Wasser.

Und dann explodierte der Himmel erneut und ließ vielfarbige Sterne auf sie herabregnen.

Ophelia im Hudson River

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