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»Woher kennen Sie Rita Silvestri?« fragte Veeder, nachdem Rita und Rog gegangen waren – es hatte nur wenige Minuten gedauert, aber Wetzon waren es wie Stunden vorgekommen.

Sie fühlte sich hundeelend. »Mein Freund ... ist ihr Sohn.«

Veeder ließ das völlig kalt. »Ah, ich hätte es wissen müssen. Der Detective. »

Wetzon stand auf, bereit zur Flucht.

»Setzen Sie sich wieder hin, Leslie, bitte. Wir wollen darüber reden. Stellen Sie sich vor, wir hätten eine geschäftliche Verabredung zwischen zwei Erwachsenen, die sich einig sind.«

Sie schüttelte den Kopf, schlüpfte in ihren Mantel. »Wir haben keinerlei Geschäftsbeziehungen«, sagte sie. Wenn sie nicht bald hier raus kam, würde ihr schlecht werden.

»Lose Fäden müssen miteinander verknüpft werden, andernfalls fasert das Gewebe aus, meine Liebe.« Er erhob sich ebenfalls. »Setzen Sie sich, und lassen Sie mich Ihnen meine Situation erklären.«

Sie starrte ihn an. »Ich glaube nicht, daß wir etwas zu bereden haben, Bill«, versetzte sie gepreßt.

Sie rannte davon, die erschrockenen Gesichter waren ihr gleichgültig. Nur aus den Augenwinkeln bemerkte sie, daß sie die freudige Neugier der Fremden in ihrer Stadt befriedigt hatte. Reiseveranstalter und Medien wurden nicht müde zu betonen, daß New Yorker auf unvorhersehbare Weise exzentrisch waren. Jetzt also freuten sie sich auf eine entsprechende Darbietung einer Eingeborenen.

Kurze Zeit später im Central Park, die Schulter an eine alte Eiche gelehnt, übergab sie sich, befreite sich von dem Gift, das sie in ihren Körper hatte eindringen lassen. Sie liebte Silvestri, und sie würde daran festhalten. Sie würden ihre Probleme schon meistern. Wenn er es zuließ, daß sie ihm half. Sheila Gelber war tot. Dieser Tatsache konnte man nicht entkommen.

Sie wischte sich den Mund ab; es war ihr peinlich. Aber der Central Park war über ein Jahrhundert alt; sicherlich hatten sich hier schon viele Menschen übergeben. Sie tätschelte die rauhe Borke der alten Eiche, zupfte ihren Schal zurecht und machte sich auf den Weg durch den Park nach Hause.

Die vergangenen paar Stunden waren ein Irrtum gewesen, und das meiste davon konnte sie aus dem Gedächtnis löschen ... zumindest zeitweise. Aber sobald sie sich ins Bett legte und das Licht löschte, würden die Ereignisse erneut vor ihrem geistigen Auge auftauchen.

Sie konnte Rita Silvestri nicht aus ihren Gedanken verbannen. Ob sie es ihm erzählen würde? Nein, Wetzon konnte es sich nicht vorstellen. Aber sie hatte etwas in Ritas Augen gelesen – nicht gerade Verständnis – sondern eher so etwas wie, ja – konnte es Anerkennung sein?

Verdammt sollte Smith sein und ihr Rat, ›besonders nett zu Bill Veeder zu sein‹!

Halt, Leslie Wetzon, sagte sie zu sich selbst. Diese Geschichte ist ausschließlich auf deinem eigenen Mist gewachsen. Sie konnte Smith nicht für die Macht der Suggestion verantwortlich machen.

Zu Hause angekommen, hob sie eine ganze Armladung mit Post vom Boden auf und öffnete die Wohnungstür, während Izz um sie herumtanzte und kehlige Laute von sich gab. Aber es handelte sich keineswegs um den hysterischen Anfall, den der kleine Hund immer bekam, wenn Silvestri auf der Bildfläche erschien. »Zweifellos die besondere Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau, was Izz?« sagte sie. »Ich verstehe.«

Wetzon schaltete das Licht ein, und die Kugeln ihres Kunstglaslüsters glühten in Orange und Blau. Izz kläffte ungeduldig. »Ja, ja. Ich wette, du hast Hunger. Laß mich nur die Sachen ablegen und meinen Mantel ausziehen.«

Abgesehen von dem Kronleuchter war die Wohnung dunkel. Sie lief in Windeseile durch die Zimmer und drehte sämtliche Lichter an, wobei ihr Izz dicht auf den Fersen folgte. Dann warf sie ihren Mantel auf einen Stuhl und gab so viel Trockenfutter, wie der kleine Hund es zuließ, in die leere Schüssel. Sie lehnte sich gegen die Arbeitsplatte und beobachtete, wie Izz ihr Futter innerhalb weniger Minuten verschlang. Dann füllte sie die Wasserschüssel und verließ die Küche, wobei sie versuchte, das Blinken des Anrufbeantworters zu ignorieren, wo fünf Nachrichten auf sie warteten.

Im Badezimmer spülte Wetzon sich wieder und wieder den Mund aus. Sie entfernte ihr Make-up, dann stand sie lange unter der dampfenden Dusche, bis sie sich wieder sauber fühlte.

In der Wohnung war es kalt. Jene feuchte Kälte, die entsteht, wenn der Vermieter die Heizung schon abgedreht hat und es draußen noch nicht warm genug ist, daß die Wärme auch nach innen dringen kann. Sie zog einen Jogginganzug über, legte eine Mozart-CD auf und trainierte an ihrer Ballettstange, bis sie das Gefühl hatte, daß Geist und Körper wieder eins waren.

Dann kochte sie sich eine Kanne Kaffee, toastete sich ein Brötchen und bestrich es mit Schmelzkäse. Mit dem Brot und einer Tasse Kaffee ging sie ins Wohnzimmer. Ihr Anrufbeantworter blinkte noch immer. Fünf Nachrichten. Verdammt. Wahrscheinlich hatte noch jemand angerufen, während sie unter der Dusche gewesen war. Sie betätigte die Abspieltaste. Konnte man sie nicht einfach in Ruhe lassen?

»Silvestri? Ruf mich zurück.« Metzger.

Piep.

»Les, ich bin so gegen sieben zu Hause.« Silvestri.

Piep.

»Silvestri? Wo, zum Teufel, bist du?« Wieder Metzger.

Piep.

»Zuckerstück, wir müssen miteinander reden. Ruf mich gleich zurück, wenn du wieder zu Hause bist.« Wer anders als Smith.

»Ich werde dich nicht zurückrufen, Ziege.« Wetzon warf Izz ein Stirnrunzeln zu, als diese an ihrem Brot schnupperte. Es war halb acht, und noch keine Spur von Silvestri. Warum war Metzger so sehr darauf erpicht, mit ihm zu reden? Ob mittlerweile die Obduktionsergebnisse von Sheila vorlagen?

Piep.

Es war jemand dran. Aber niemand sprach, sie konnte nur das Atmen hören. Sie sollte das Atmen hören. Die Verbindung wurde abrupt unterbrochen. Regungslos saß sie da, den Fuß unter ihrem Gesäß, bis sie merkte, daß er eingeschlafen war. Als sie ihn bewegte, um die Nadeln daraus zu vertreiben, sagte sie laut zu sich selbst: »Er war falsch verbunden.« So mußte es sein. Aber die ganze Situation war ihr verhaßt. Sie haßte das Gefühl, das in ihr aufkeimte. Sie fühlte sich verletzlich.

Izz quietschte und flog buchstäblich über den Beistelltisch. Sie erreichte die Tür just in dem Augenblick, als Silvestri sie öffnete. Dann sprang und tollte sie so lange um ihn herum, bis er sie hochhob und sie sein Gesicht mit feuchten Küssen bedecken konnte.

»Metzger hat versucht, dich zu erreichen«, sagte Wetzon, die ihr halb gegessenes Butterbrot liegengelassen hatte und in die Diele gehumpelt war. »Fuß ist eingeschlafen.« Silvestri rührte sich nicht.

»Er hat mich gefunden.« Er rührte sich immer noch nicht. Er hatte den Blick auf sie gerichtet, schien jedoch durch sie hindurchzusehen. Er setzte Izz auf den Boden ...

Sie dachte: Rita hat es ihm erzählt. »Was ist los?« Sie berührte sein Gesicht, spürte die Bartstoppeln. Er nahm ihre Hand, küßte ihre Handfläche und stieß sie dann sanft zurück. »Was?« sagte sie wieder.

»Sheila ist eindeutig ermordet worden.« Silvestri wandte sich von ihr ab und hängte sein Jackett über einen Stuhl, dann legte er den Schulterhalfter ab und wickelte ihn um die Waffe. »Ich bin fix und fertig«, sagte er. Seine Stimme war heiser. Er rieb sich die Augen. Harte Linien hatten sich um seinen Mund herum gebildet.

»Du siehst grauenhaft aus.« Sie folgte ihm in die Küche und beobachtete, wie er ein Bier aus dem Kühlschrank nahm. »Wie ist sie gestorben?«

Er trank einen kräftigen Schluck. Seine Augen waren blutunterlaufen. »Qualvoll«, sagte er.

Ophelia im Hudson River

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