Читать книгу Heile, Heile München - Arik Steen - Страница 10

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Leichen haben etwas Friedliches an sich. Das hatte mal ein Militärpfarrer zu Daniel gesagt. Er persönlich fand das überhaupt nicht. Sie hatten etwas Lebloses und Totes an sich. Und das war es auch schon. Tot war tot.

Es war nicht das erste Mal, dass Daniel eine Leiche sah. Der Anblick der Leiche schockierte ihn auch keineswegs. Es waren vielmehr die Umstände, die ihm Sorgen machten. Die Umstände, warum hier ein Toter lag.

Er betrachtete den Leichnam. Ein Mann um die Vierzig. Vielleicht etwas älter. Aber auf keinen Fall über Fünfzig. Er trug einen Vollbart und hatte einen natürlichen Glatzenansatz.

Ein weiterer Mann stand im Raum. Es war der Rechtsmediziner. Für einen Moment blickte er Daniel an. Dann wand er sich an Philipp. «Bringt mir nichts durcheinander. Ich muss noch Papierkram erledigen.» Dann ging er hinaus.

«Du kennst ihn wirklich nicht?», fragte der Kommissar, als der Rechtsmediziner weg war.

«Nein!»

«Du bist dir sicher?»

«Herrje, wie sicher kann man sich sein. In meinem Leben sind mir viele Menschen begegnet. Wenn du fragst, ob ich ihn in irgendeiner Weise wiedererkenne oder er mir bekannt vorkommt: nein!»

«Okay. Gut», murmelte Philipp und bedeckte die Leiche.

«Was ist passiert?»

Der Kommissar seufzte. «Jemand hat ihm die Eier abgeschnitten und ihn dann gezwungen sie zu schlucken.»

«Herrgott, wirklich?», Daniel starrte auf den Leichnam.

«Ja, wirklich. Was für ein Monster macht das?»

«Keine Ahnung, sag du es mir ... du bist der Kriminelle. Verzeihung, der Kriminalist.»

«Nun, im Moment tappen wir noch im Dunkeln», murmelte Philipp.

«Er ist aber wohl nicht an seinen eigenen ... Eiern erstickt?»

«Nein. Er ist verblutet. Jemand hat ihm den Hoden abgeschnitten und ihn dann verbluten lassen. Er war an ein Bett gefesselt.»

«Ich kann mir ein schöneres Ableben vorstellen!», sagte Daniel.

«Ja, ein grausamer Tod ...»

«Das haben Morde so an sich.»

«Idiot!»

«Und ihr wisst nicht, wer er ist?»

«Doch», meinte Philipp, «ich wollte nur wissen, ob du es weißt.»

«Okay ... versuch nicht mich zu manipulieren, Arschloch. Nicht wenn du willst, dass ich dir helfe.»

«Er heißt Christoph Sauter, ist 48 Jahre alt. Handelt mit Immobilien. Beziehungsweise handelte ...»

«Ich kenne keine Immobilienhändler. Und ich kenne ihn nicht.»

Philipp schaute ihn kritisch an. «Nun gut. Ein Versuch war es wert.»

«Jetzt bring mich hier raus, gottverdammt. Hier ist die Luft stickig. Und kalt ist es hier auch.»

«Ach wirklich?»

«Keine Angst, ich werde bei holidaycheck.de keine Bewertung abgeben. Unterkunft kalt, Betten viel zu hart. Aber Pluspunkt für die klinische Sauberkeit.»

«Sehr witzig.» Der Kommissar baute sich vor ihm auf. «Was hat es mit diesem Abzeichen auf sich?»

Daniel zuckte mit den Achseln und ging an Philipp vorbei. «Woher soll ich das wissen? Vielleicht ist es Zufall. Wo habt ihr es gefunden?»

«Es lag in der Hand des Toten. Hast du Hunger? Ich lade dich zum Essen ein. Als Entschädigung für das verpasste Spiel», es klang unpassend. Sie hatten zwar bereits den Raum verlassen, aber immerhin waren sie gerade in einer Leichenhalle gewesen.

«Ich weiß, was du vorhast. Du willst im lockeren Gespräch an mehr mögliche Informationen kommen.»

«Nein. Einfach ein freundschaftliches Angebot.»

«Ach erzähl mir doch nichts.»

«Du bist das manipulative Arschloch, schon vergessen? Nicht ich ...»

Eine schluchzende Frau und ein Beamter kamen ihnen entgegen. Der Polizist blickte Kommissar Philipp Walter an, er machte eine Kopfbewegung in Richtung der Frau.

Philipp verstand sofort. Es war die Witwe. Das war ihm klar.

«Wartest du einen Moment?», fragte er Daniel.

Der ehemalige Fallschirmjäger-Offizier nickte. «Sicher doch. Ist das die ...»

Barsch wurde er unterbrochen. «Ich komme gleich!»

«Ist ja schon gut», murmelte Daniel und schaute Philipp zu, wie er mit den anderen beiden in einem Raum hinter der Leichenhalle verschwand. Daniel hingegen ging zum Ausgang.

Es dauerte rund zehn Minuten. Dann kam Hauptkommissar Philipp Walter heraus.

«Also gut, wohin gehen wir? Hofbräuhaus? Donisl? Augustiner Keller? Oder lässt dein Beamtengehalt mehr zu?», meinte Daniel spöttisch.

«Zu mir nach Hause!»

«Was?»

«Sarah macht einen ausgezeichneten Schweinebraten. Und sie würde sich sicherlich freuen zu erfahren, dass du lebst.»

«Ha ha, sehr witzig. Na ja, wenn sie nicht blasen kann, dann freut es mich für dich, dass sie wenigstens kochen kann. Aber ich passe.»

«Arschloch!», meinte Philipp. «Und nein, das war natürlich nicht ernst gemeint. Immerhin denkt sie, dass du seit sieben Jahren tot bist.»

Daniel grinste. «Hat sie denn ordentlich um mich getrauert?»

«Ich denke, sie war ganz froh drum. Eine peinliche Geschichte in ihrem Leben weniger.»

«Weil sie mir einen geblasen hat und schlecht dabei aussah?», meinte Daniel.

«Du gottverdammter Wichser», murmelte der Kommissar und ging Richtung Auto. Gefolgt von dem ehemaligen Fallschirmjäger-Offizier. «Wir gehen zu McDonalds. Das passt in jedem Fall vom Niveau her zu deinen Bemerkungen.»

«Wenn du dich nicht langsam entscheidest, dann sterbe ich hier noch an Altersschwäche.» Daniel schaut auf die Uhr.

«Nein, jetzt mal ernsthaft. Was hältst du vom Giesinger Bräu?»

Daniel nickte. «Gute Idee. Dann habe ich es auch nicht soweit nach Hause.»

Heile, Heile München

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