Читать книгу Heile, Heile München - Arik Steen - Страница 14
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ОглавлениеKein Fenster. Nur künstliches Licht. Maja war nicht mehr gefesselt und so konnte sie in ihrer kleinen Zelle auf und ab gehen und sich bewegen wie sie wollte. Es gab einen Lichtschalter. Mehrmals hatte sie ihn an und ausgeschaltet. Schaltete sie das Licht aus, dann war es stockdunkel. So dunkel, wie sie es noch nie erlebt hatte. Zumindest nicht bewusst.
Wie viele Stunden waren nun vergangen? Sie wusste es nicht. Es gab keine Möglichkeit sie zu zählen. Sie hatte keine Uhr und an der Sonne konnte sie sich auch nicht orientieren. Eine Zeitlang hatte sie sich Gedanken gemacht, was es für Alternativen gab. Sogar an die Möglichkeit ihre Herzschläge zu zählen hatte sie gedacht. Aber das war natürlich Unsinn. Und ohnehin war es vollkommen egal. Sie musste hier raus. So schnell wie möglich.
Sie erschrak, als sich jemand an der Türe zu schaffen machte. Jemand öffnete mit einem Schlüssel das Schloss. Nervös kauerte sie in der Ecke des Bettes. Ihr Herz pochte. Dann ging die Türe auf.
«Essen für dich, Kleines», meinte die blonde Frau. Das angebliche «Model». Aber das war sie vermutlich nicht. Genauso wenig wie sie Tamara hieß. Alles nur Lüge. Da war sich Maja sicher.
Die Frau stellte einen Teller auf das kleine Tischchen, das neben dem Bett stand. «Lass es dir schmecken.»
Es roch gut. Maja starrte darauf. Ein Stück Fleisch, ein paar Kartoffeln mit Soße und etwas Salat. Für einen Moment überlegte sich Maja doch tatsächlich, ob sie nicht den Teller nehmen und ihn wütend auf die Frau schmeißen sollte. Aus Protest. Machte man das nicht so, wenn man gefangen war? In den Hungerstreik gehen? Doch sie entschied sich dagegen. Wahrscheinlich würde es keinen interessieren. Das war hier kein Film. Und sie war ohnehin nicht die Rebellin.
«Iss schon!», meinte die Frau. «Sein Koch ist gut.» Sie setzte sich neben Maja aufs Bett. «Du willst nicht wissen, was die Anderen bekommen.»
Die Anderen? Maja gehorchte. Zögerlich nahm sie die Gabel und das Messer. Und auch hier überlegte sie sich für einen Moment, ob sie agieren sollte. Ob sie das Messer nehmen und die Frau damit bedrohen sollte, um so herauszukommen. Aber auch da entschied sie sich dagegen. Sie würde nicht weit kommen, das war ihr klar. Sie konnte Kampfsport, hatte ihn aber noch nie außerhalb des Trainings eingesetzt.
«Schmeckt, oder?», fragte die Frau nachdem Maja den ersten Bissen genommen.
«Ja», sagte sie leise und kaute. Es war wirklich gut.
«Du solltest dich damit arrangieren», meinte die Frau. «Sonst wird es verdammt schwer, glaube es mir.»
Maja antwortete nicht. Sie aß tapfer von ihrem Teller. Vielleicht war es vergiftet, dachte sie sich nach einer Weile. Aber auch diesen Gedanken verwarf sie wie viele in der bisherigen Zeit ihrer Gefangenschaft. Das würde keinen Sinn machen.
Die Frau stand auf. Für einen Moment blickte sie zu Maja, dann ging sie hinaus.
Maja blieb zurück. Schweigend aß sie ihr Essen. Das Schrecklichste an dieser Gefangenschaft war die Ungewissheit. Und die vorhandene Zeit. Sie konnte sich die schlimmsten Dinge ausmalen. Das war besonders grausam. Sie konnte sich an keinen Zeitpunkt ihres Lebens erinnern, wo sie so viel Zeit hatte sich Gedanken zu machen.
Erneut ging die Tür auf.
«Und? Bist du fertig?», fragte Blondie.
Maja nickte. Ja, sie war fertig. Und sie hatte aufgegessen. Weil sie Hunger gehabt hatte.
Tamara kam näher und nahm den Teller. «Sehr gut, Kleines. Und jetzt ruhe dich aus. Wer weiß, wann er mit dir spielen will.»
«Spielen?», Maja schaute sie entgeistert an.
«Nenne es, wie du willst. Er nennt es spielen», sagte die Blondine und ging dann hinaus.
Spielen? Maja stand auf. Sie ging zur Türe und schlug dagegen. «Bitte! Mach auf! Bitte!»
Doch es kam keine Antwort.
Sie wurde wahnsinnig. Schien den Verstand zu verlieren. Maja schrie. So laut sie konnte. Vielleicht würde sie jemand hören. Vielleicht war es ja irgendwie möglich nach draußen zu dringen, wenn man nur laut genug war. Sie schrie so laut sie konnte. Aber lange hielt sie nicht durch. Schnell versagte die Stimme.