Читать книгу Heile, Heile München - Arik Steen - Страница 17
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ОглавлениеMaja hatte schlecht geschlafen, was angesichts ihrer aktuellen Situation verständlich war. Sie war zwar nicht mehr gefesselt, aber eingesperrt. In einem kleinen kahlen Raum. Drei große Schritte nur breit und vier in der Länge. Das Bett, auf dem sie geschlafen hatte, passte gerade so herein. Es war wie in einer Zelle, zumindest stellte sie sich so eine Zelle vor. Nicht die Art, die man aus deutschen Kriminalfilmen kannte. Sondern eine Zelle wie in einem Entwicklungsland. Allerdings war sie dafür zu sauber.
Noch immer trug sie die Sachen vom Vortag, als sie entführt worden war. Sie fand, dass sie eine Dusche benötigte. Irrwitzige Gedanken in ihrer aktuellen Lage. Viel wichtiger war es hier rauszukommen.
Sie starrte auf das kleine Waschbecken, das auf der einen Wandseite befestigt war. Daneben eine Toilette. Einmal hatte sie diese schon benutzt.
Tränen rannen an ihren Wangen entlang. Was würde mit ihr passieren? Was hatte man mit ihr vor? Es war nicht nur einer. Mindestens drei Menschen, die sie gefangen hielten. Der vermeintliche Modelscout und der Mann mit der Narbe. Und dann vermutlich diese Frau. Das angebliche Model. Vielleicht war es eine Bande? Wie oft hatte sie schon davon gehört, dass Frauen entführt wurden und dann in illegalen Bordellen landeten. Eine schreckliche Vorstellung, die sie psychisch an ihre Grenze brachte.
Die Tür ging auf und der Mann mit der Narbe kam herein. Er grinste sie an. «Alles läuft nach Plan, Schätzchen, einfach alles.»
«Ich verstehe nicht», meinte sie leise, «Was wollen Sie von mir?»
«Du ... du bist nur ein Puzzleteil. Aber das Schönste überhaupt. Du bist Teil meiner Rache an deiner Mutter.»
«Was hat sie Ihnen getan?», schluchzte Maja. Sie schaute zur Türe. Was war dort hinten? Ging es dort hinaus?
«Sie hat mich verlassen. Und sich nie wieder gemeldet. Sie hat mich zu dem gemacht, was ich bin», meinte er und legte ein Kleid auf das Bett. «Das wirst du anziehen.»
«Bitte!», jammerte Maja und starrte auf den weißen Stoff.
«Du wirst gehorchen», sagte er mit strengem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
Jemand erschien an der Tür. Majas Herz stockte. Es war ein weiterer Mann. Es war nicht der angebliche Modelscout, sondern jemand, den sie bislang noch nicht gesehen hatte.
«Boss», meinte der Typ. «Wir sind dann soweit! Wir können losfahren.»
«Ist er in seiner Wohnung?»
«Ja, ist er. Seit etwa zehn Minuten.»
«Gut», der Mann mit der Narbe nickte, «Und der Hauptmann?»
«Der hat gerade das Leichenschauhaus verlassen», sagte der Mann an der Türe.
Majas Atem stockte. Leichenschauhaus? Hatte sie richtig gehört?
«Mit oder ohne den Kommissar?», fragte der Mann mit der Narbe.
«Ohne. Er ist mit den Öffentlichen unterwegs. Im Moment Richtung Hauptbahnhof.»
«Okay. Halte mich auf dem Laufenden.»
«Ja, Boss», der Mann nickte und verließ dann den Raum.
«Tja, Baby, ich muss leider weg», meinte der Mann mit der Narbe zu Maja, «aber wir werden noch viel Spaß haben. Im Moment geht das leider nicht.»
Er grinste sie an und verließ dann den Raum.
Maja blieb zurück. Die Türe fiel ins Schloss und man hörte deutlich, wie der Schlüssel umgedreht wurde. Sie schluchzte. Warum war sie nur in die Tiefgarage mitgegangen? Ihre Mutter machte sich sicherlich schreckliche Sorgen.
Rund fünf Minuten weinte sie. Dann stand sie auf. Sie ging zur Türe. Rüttelte daran. Auch wenn sie wusste, dass sie fest zugesperrt war, so wollte sie doch nichts unversucht lassen.
Erschrocken wich sie zurück, als jemand plötzlich die Türe öffnete. Ein Mann kam herein. Er hatte ein südländisches Aussehen. Wütend schaute er sie an. «Was tust du?»
«Nichts ...», stotterte sie. Sie wich noch weiter zurück, bis sie ans Bett stieß.
«Du hast an der Türe gerüttelt!», meinte er, packte sie am T-Shirt und zog sie an sich heran. Die Siebzehnjährige spürte seinen Atem im Gesicht. Er roch nach Knoblauch und Alkohol. Mit der anderen Hand holte er zum Schlag aus. Sie bekam Panik und erwartete eine Ohrfeige. Am ganzen Körper zitterte sie wie Espenlaub.
«Was tust du, Murat?», meinte plötzlich eine weibliche Stimme. «Bist du von Sinnen? Der Boss tötet dich, wenn du sein Eigentum beschädigst. Also lass sie los!»
Der Angesprochene grunzte, ließ aber dann los. «Das kleine Biest wollte abhauen.»
«Du Volltrottel. Wie denn? Durch die Toilette? Wollte sie sich runterspülen und in der Isar davonschwimmen?»
«Sie hat an der Türe gerüttelt», meinte er sauer und ging hinaus.
«Idiot», sagte die Frau. Es war das angebliche Model. Tamara. Sie schaute Maja von oben bis unten an. «Und dir würde ich raten ruhig in deiner Zelle zu bleiben. Es wird schon schwierig genug für dich!»