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4. Bruttoprinzip und Abzug von Aufwendungen

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Die Einziehung von Taterträgen nach § 73b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB und die Tatertragswerteinziehung nach § 29a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 OWiG setzen übereinstimmend voraus, dass ein anderer als der Täter durch eine rechtswidrige Tat bzw. durch eine mit Geldbuße bedrohte Handlung etwas erlangt hat; der Einziehung unterliegt dann das Erlangte bzw. ein Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht, oder im Ordnungswidrigkeitenrecht: „bis zu“ dieser Höhe.[7] StGB und OWiG setzen damit das Bruttoprinzip um.[8] Nach dem RegE des VermAbschRefG wird das erlangte Etwas jedoch künftig zweistufig bestimmt.[9] Der Gesetzgeber will damit die Kontroversen in der Rechtsprechung des BGH zum Umfang des Erlangten bei dem bisherigen Verfall[10] überwinden. In einem ersten Schritt soll das erlangte Etwas auf der Grundlage einer rein gegenständlichen Betrachtungsweise als Resultat eines tatsächlichen Vorganges bestimmt werden. Erlangt sein sollen alle Vermögenswerte in ihrer Gesamtheit, die einem Tatbeteiligten oder Drittbegünstigten aus der Verwirklichung des Tatbestandes in irgendeiner Phase des Tatablaufs zugeflossen sind. Zu veranschlagen sind damit wie bei Ermittlung des wirtschaftlichen Vorteils i.S.v. § 17 Abs. 4 OWiG neben beweglichen und unbeweglichen Sachen auch Rechte und die aus einer Sache gezogene Nutzungen oder die Ersparnis von Aufwendungen, einschließlich daraus resultierender Markt- und Wettbewerbsvorteile.[11]

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In einem zweiten Schritt sollen wertende Gesichtspunkte einfließen.[12] In Abweichung von dem früheren Rechtszustand lassen § 73d Abs. 1 S. 1 StGB und § 29a OWiG Abs. 3 Satz 1 OWiG jetzt den Abzug aller Aufwendungen des Täters oder Teilnehmers oder des Begünstigten zu, die sich auf nicht zu beanstandende Leistungen aus der Tat beziehen oder die der Beteiligte in Verkennung des Verbotenen des Geschäfts erbracht hat.[13] Dagegen unterliegt „das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist“, weiterhin einem Abzugsverbot (§ 73d Abs. 1 S. 2 StGB, § 29a OWiG Abs. 3 Satz 2 OWiG). Die Passivkonstruktion dieses Satzes soll klarstellen, dass diese Aufwendungen auch in den Drittbegünstigungsfällen dem Abzugsverbot unterliegen.[14] Mit der Festlegung auf das „für“ die Tatbegehung oder -vorbereitung Aufgewandte oder Eingesetzte begrenzt das Gesetz das Abzugsverbot auf dasjenige, was der Beteiligte insoweit bewusst und willentlich aufgewendet oder eingesetzt hat.[15]

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Der Umfang und der Wert des Erlangten einschließlich der abzuziehenden Aufwendungen können nach § 73d Abs. 2 StGB und § 29 Abs. 4 OWiG geschätzt werden. Eine Schätzung ist jedoch unzulässig, soweit präzise Feststellungen ohne größere Schwierigkeiten getroffen werden können.[16] Die Grundlagen der Schätzung sind so genau wie möglich zu ermitteln und auch mitzuteilen.

Beispiel (BGHSt 47, 369)

Eine deutsche GmbH als Rechtsträgerin einer Papierfabrik hatte unter Verletzung des Serbien-Embargos des UN-Sicherheitsrats Tabakpapier an ein Unternehmen in Serbien geliefert; zwei Leitungspersonen hatten sich durch die von ihnen zur Umgehung des Embargos organisierten Geschäfte nach § 34 Abs. 4 AWG a.F. strafbar gemacht. Der BGH hatte die Festsetzung des Verfalls von Wertersatz gegen die GmbH in Höhe von fast 8 Mio. DM durch das LG Mannheim gemäß § 73 Abs. 3 StGB a.F. gebilligt; bei der Berechnung sei vom „gesamten Verkaufserlös ohne Abzug von Einkaufspreis und sonstigen Aufwendungen“ auszugehen (BGHSt 47, 369, 370). Da die Täter gezielt und bewusst Ressourcen des Unternehmens für die Produktion des dem Embargo unterliegenden Zigarettenpapiers eingesetzt hatten (BGHSt 47, 369, 377), dürfte nach § 73d Abs. 1 StGB n.F. nicht anders zu entscheiden sein.

Handbuch Wirtschaftsstrafrecht

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