Читать книгу Handbuch Wirtschaftsstrafrecht - Udo Wackernagel, Axel Nordemann, Jurgen Brauer - Страница 59
a) Organe und Vertreter
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Der Personenkreis des Abs. 1 Nr. 1 umfasst die generell vertretungsberechtigten Organe einer juristischen Person, d.h. namentlich den Vorstand der Aktiengesellschaft (§§ 1 Abs. 1, 76 Abs. 1, 78 AktG), der eingetragenen Genossenschaft (§§ 17 Abs. 1, 24 GenG) oder des eingetragenen Vereins (§§ 26, 29 BGB), sowie jeweils auch die Mitglieder dieser Organe; erfasst sind ferner der Geschäftsführer der GmbH (§§ 13 Abs. 1, 35 GmbHG), der Komplementär bei der KGaA (§§ 278 AktG, 170 HGB) und der besondere Vertreter des eingetragenen Vereins gemäß § 30 BGB, ferner im Abwicklungsstadium auch der Liquidator (§§ 269, 290 AktG, § 89 GenG, § 48 Abs. 2 BGB, § 68 GmbHG). Ob im Einzelfall eine konkrete Vertretungsbefugnis besteht oder ob überhaupt rechtsgeschäftlich gehandelt wird, ist dabei unerheblich; maßgeblich ist allein, dass die betreffenden Organe ihrer Art nach überhaupt zur Vertretung befähigt sind.[8] Deshalb scheiden der Aufsichtsrat und seine Mitglieder als Adressaten der §§ 14 StGB, 9 OWiG aus (s. § 78 Abs. 1, § 111 AktG; § 35 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GmbHG).
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Abs. 1 Nr. 2 erweitert den Adressatenkreis auf die generell vertretungsberechtigten Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft (s. zu diesem Typus von Personenverband o. 1. Teil 2. Kap. Rn. 4 f.). Vorbehaltlich abweichender Regelung im Gesellschaftsvertrag gehören dazu die schon vor dem EU-Rechtsinstrumente-AG von 2002 (o. Rn. 8) hierunter fallenden Vertreter der Personenhandelsgesellschaften, d.h. die Gesellschafter der oHG (§ 125 HGB) und der Komplementär der KG (§§ 161, 170 HGB), ferner der Geschäftsführer der nach oHG-Recht behandelten Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (Art. 20 EG-VO Nr. 2137/85, § 1 EWiV-AG), aber angesichts des Wortlauts der Nr. 2 nur, soweit er selbst Gesellschafter ist, also nicht bei Fremdorganschaft[9]. Im Rahmen der GmbH & Co KG wird das besondere persönliche Merkmal kraft einer doppelten Anwendung von § 14 Abs. 1 StGB, § 9 Abs. 1 OWiG (erst Nr. 2, dann Nr. 1) dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH zugerechnet.[10] Seit der Neuregelung gehören darüber hinaus auch die vertretungsberechtigten Gesellschafter der BGB-Außengesellschaft und der PartG zu den möglichen Normadressaten[11]. Der director einer private company by limited shares nach englischem Recht (Ltd), die eine juristische Person darstellt, ist Beauftragter der Gesellschafter; deshalb sollte er als mit der Leitung des Unternehmens Beauftragter gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1 StGB, § 9 Abs. 2 Nr. 1 OWiG eingestuft werden.[12]
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Die Begrenzung auf die vertretungsberechtigten Gesellschafter wurde in der Literatur vor dem EU-Rechtsinstrumente-AG für die Personengesellschaften zum Teil als sachlich gegenstandslos angesehen[13]. Indes entspricht dies weder dem heute erreichten Stand in der Verselbständigung der rechtsfähigen Personengesellschaften noch dem Willen des Gesetzgebers.[14] Deshalb hat die Auslegung der §§ 14 StGB und 9 OWiG die gesetzliche Entscheidung ernst zu nehmen, dass die Merkmalszurechnung allein die vertretungsberechtigten Gesellschafter trifft und für die nicht vertretungsberechtigten Gesellschafter nicht gilt.[15] Alles andere wäre verbotene Analogie zu Lasten eines gesetzlich nicht genannten Personenkreises.
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§ 14 Abs. 1 Nr. 3 StGB und § 9 Abs. 1 Nr. 3 OWiG schließlich beziehen sonstige gesetzliche Vertreter ein wie die Eltern eines Minderjährigen, den Insolvenzverwalter und den Liquidator, soweit er nicht Organ nach Nr. 1 ist.