Читать книгу Handbuch Wirtschaftsstrafrecht - Udo Wackernagel, Axel Nordemann, Jurgen Brauer - Страница 74
2. Mittelbare Täterschaft bei Gemeindelikten
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Bei den Gemeindelikten, also solchen, die keine besonderen Anforderungen an die Täterrolle stellen, findet sich im Wirtschaftsstrafrecht die mittelbare Täterschaft durch ein:
– | tatbestandslos handelndes Werkzeug (ein Amtsträger erteilt eine den Tatbestand ausschließende, inhaltlich fehlerhafte Erlaubnis, wie z.B. nach überwiegender Auffassung die Genehmigung zur Herstellung von Kriegswaffen, § 22a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 KWKG); |
– | vorsatzlos handelndes Werkzeug (das zuständige Vorstandsmitglied einer AG veranlasst den Prokuristen, zur Erlangung eines Bankkredits der Bank eine Bilanz vorzulegen, die, wie nur das Vorstandsmitglied weiß, in erheblichem Umfang fingierte Forderungen und völlig unrealistische Prognosen über Mieterträge enthält, § 265b StGB); |
– | rechtmäßig handelndes Werkzeug (ein Amtsträger erteilt eine fehlerhafte rechtfertigende Genehmigung, z.B. zur gewässerverunreinigenden Einleitung von Stoffen, § 324 StGB). |
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Kaum praktisch vorstellbar erscheint bei unternehmensbezogenem Handeln dagegen der Einsatz eines schuldlos handelnden Werkzeugs. So sind gewiss Situationen möglich, in denen ein nötigender Druck auf einen Arbeitnehmer ausgeübt wird (etwa auf Überschreitung von Höchstgeschwindigkeiten oder zulässigen Lenkzeiten im Speditionsgewerbe); dass aber dabei die Voraussetzungen des entschuldigenden Notstandes gemäß §§ 35 StGB erreicht würden (akute Gefahr für Leib, Leben oder Fortbewegungsfreiheit), dürfte hierzulande auszuschließen sein. Auch die Erregung oder Unterhaltung eines Irrtums über das Verbotensein eines Verhaltens ist auf dem Gebiet des nebenstrafrechtlichen Wirtschaftsstrafrechts i.w.S. ohne besondere Schwierigkeiten denkbar, dass dieser Irrtum für den Mitarbeiter unvermeidbar wäre, indes kaum. Eine praktisch bedeutsame Sanktionslücke entsteht daraus aber deshalb nicht, weil sowohl die Teilnahme nach §§ 26, 27 StGB als auch die Beteiligung nach § 14 Abs. 3 OWiG auch bei Schuldlosigkeit des tatbestandsmäßig-rechtswidrig handelnden Haupttäters möglich sind.