Читать книгу Handbuch Wirtschaftsstrafrecht - Udo Wackernagel, Axel Nordemann, Jurgen Brauer - Страница 79

2. In Betracht kommende Garantenstellungen a) Garantenstellungen des Unternehmensinhabers zur Verhinderung von Zuwiderhandlungen seiner Mitarbeiter

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Nach langem Streit um die Anerkennung und die Grenzen einer Betriebsinhaber-Garantenstellung[14] hat der 4. Strafsenat des BGH aus der Stellung als Unternehmens- oder Betriebsinhaber bzw. als Vorgesetzter eine Garantenpflicht zur Verhinderung von Straftaten nachgeordneter Mitarbeiter hergeleitet.[15] Sie beschränkt sich auf die Verhinderung betriebsbezogener Straftaten und umfasst nicht solche Taten, die der Mitarbeiter lediglich bei Gelegenheit seiner Tätigkeit im Betrieb begeht. Als betriebsbezogen sieht der BGH die Tat an, wenn sie einen inneren Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des Begehungstäters oder mit der Art des Betriebes aufweist.[16] Allerdings dürfte die praktische Bedeutung dieser Garantenstellung aus zwei Gründen eher gering bleiben:[17]

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Die Erfolgszurechnung bei unechten Unterlassungsdelikten setzt die sog. Quasikausalität des Unterlassens voraus: Die gebotene Verhinderungshandlung, welche die Rechtsordnung von dem Unterlassungstäter erwartet, müsste nach der namentlich in der Rspr. verwendeten Formel mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Zuwiderhandlung des Mitarbeiters verhindert haben.[18] Verbleibende Zweifel an der Erfolgstauglichkeit der gebotenen Handlung, deren Unterlassung dem übergeordneten Unternehmensangehörigen vorgeworfen wird, schließen danach die Unterlassungstäterschaft aus.

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Darüber hinaus erfordert die Zurechnung eines Vorsatzdelikts kraft unechten Unterlassens auch eine Vorsatzbeziehung des Unterlassungstäters zu dem nicht verhinderten konkreten Delikt. Nur wenn der zur Deliktsverhinderung Verpflichtete eine bestimmte Zuwiderhandlung eines bestimmten Mitarbeiters zumindest für konkret möglich hält und sich damit abfindet (also mit Eventualvorsatz handelt), kann ihm der Vorwurf gemacht werden, er selbst sei in diese Vorsatztat als Täter eines unechten Unterlassungsdelikts verstrickt. Zwar bleibt die Möglichkeit eines Fahrlässigkeitsvorwurfes; dieser fordert statt der Voraussicht nur die Vorhersehbarkeit des konkreten Verhaltens des Mitarbeiters, die zwar auch nicht selbstverständlich ist, aber doch eher bejaht werden kann. Doch sind gerade im Wirtschaftsstrafrecht keineswegs alle Delikte überhaupt auch in der fahrlässigen Begehungsform mit Strafe oder Geldbuße bedroht, und wo sie es sind, schwächen der typischerweise – d.h. vorbehaltlich einer abweichenden gesetzlichen Regelung wie z.B. in § 50 Abs. 12 BörsG oder § 120 Abs. 25 WpHG – geringere Sanktionsrahmen des Fahrlässigkeitsdelikts (s. § 17 Abs. 2 OWiG) und die Milderungsmöglichkeit nach § 13 Abs. 2 StGB die Sanktionseffizienz.
Handbuch Wirtschaftsstrafrecht

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