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b) Praxis-Probleme

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Gerade im Falle einer ärztlichen Sorgfaltswidrigkeit wird diese hypothetische Fragestellung häufig keine sicheren Schlüsse zulassen.[948] Als Beispiel[949] sei hier die Konstellation einer risikoreichen Operation am offenen Herzen genannt, bei der der Patient durch einen groben Kunstfehler des Arztes getötet wird. Dann gilt auch hier, dass Zweifel, ob bei pflichtgemäßem Verhalten der Erfolg vermieden worden wäre, nach dem Grundsatz in dubio pro reo zugunsten des Täters zu berücksichtigen sind. Anders formuliert heißt dies: „Wenn sich die Zweifel an der Ursächlichkeit des vorwerfbaren Verhaltens zu einem für eine vernünftige, lebensnahe Betrachtung beachtlichen Grade verdichtet haben, so dürfen sie nicht zum Nachteil des Angekl. unberücksichtigt bleiben.“[950] Auf das soeben angeführte Beispiel bezogen: Der Arzt wäre freizusprechen, wenn nicht sicher auszuschließen ist, dass der Patient auch bei einer lege artis durchgeführten Operation gestorben wäre. Der Vermeidung des Erfolges steht es gleich, wenn es bei sorgfaltsgemäßem Verhalten zu einem geringeren als dem tatsächlich eingetretenen Schaden (also nur zu einer Körperverletzung statt zum Tode) gekommen wäre.[951] Bei der fahrlässigen Tötung genügt die Feststellung, dass der Tod des Opfers auch nur geringfügig früher eintrat, als er ohne die Pflichtwidrigkeit eingetreten wäre;[952] andernfalls wäre dem Schutzgut „Leben“ seine normative Garantie, die jegliche Beeinträchtigung verbietet, entzogen.[953] Dies gilt nicht nur für aktives ärztliches Tun (bspw. ein Operationsfehler, der zu Beschädigung eines Blutgefäßes führte), sondern auch für die hypothetische Kausalität von Unterlassungen (etwa eine trotz vitaler Indikation nicht durchgeführte Operation).[954] Schneider[955] betont zu Recht, dass unter der – im Ansatz ja allgemein geteilten – Prämisse, wonach der strafrechtliche Lebensschutz Quantitätsabwägungen gegenüber insgesamt immun zu sein hat, dogmatisch nicht schlüssig zu begründen ist, weshalb dies für Unterlassungstaten anders zu beurteilen sein sollte.[956] In der Tat dürften die Bemühungen, im Falle des Unterlassens zwischen – wie auch immer abzugrenzenden[957] – irrelevanten kurzfristigen und belangvollen wesentlichen Lebensverlängerungen zu unterscheiden,[958] ihren Grund in dem von der ärztlichen Heilbehandlung zu trennenden Problembereich der Sterbehilfe i.w.S. finden, nämlich in einer unausgesprochenen Interessenabwägung zwischen den Belangen des alsbald Sterbenden und denen des untätig bleibenden Lebensrettungsgaranten.[959] Diese Abwägung ist dann möglicherweise mit den Lebenserhaltungs- sowie Gesundungsinteressen anderer Kranker untrennbar verbunden, womit die intrikate Frage einer gerechten Verteilung medizinischer Ressourcen aufgeworfen ist.[960] Dogmatisch betrifft diese Diskussion, die zu der Voraussetzung einer nicht nur unwesentlichen potenziellen Lebensverlängerung geführt wird, im Übrigen gar nicht die Frage der Kausalität, sondern entweder bereits die der Sorgfaltswidrigkeit[961] oder die der im Falle sorgfaltspflichtwidrigen Verhaltens (i.d.R. allerdings gegebenen) objektiven Zurechenbarkeit sowie diejenige der Zumutbarkeit.[962] – Hiervon zu trennen ist die Frage, ob in derartigen Fällen der Todeserfolg noch in den Schutzbereich der verletzten Sorgfaltsvorschrift fällt (Rn. 159 ff.).

Handbuch des Strafrechts

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