Читать книгу Handbuch des Strafrechts - Bernd Heinrich - Страница 137
b) Dazwischentreten Dritter
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Insoweit könnte die Zurechnung des hierdurch bewirkten weiteren Erfolgs zum Verhalten des erstbehandelnden Arztes infolge des Verantwortungsprinzips[980] zu verneinen sein.[981] Wie auch sonst in Problembereichen der objektiven Zurechnung kann sich ein Arzt jedoch auf spätere Fehler anderer grundsätzlich nicht berufen. Unter Normzweckgesichtspunkten ergibt sich diese Lösung der „schwierigsten und ungeklärtesten Fallgruppe“ (objektiver Zurechnung)[982] aus folgender Überlegung:[983] Der unerwünschte Erfolg kann gerade auch bei dem Versuch der Abwendung einer vom Täter geschaffenen Gefahr eintreten. Auch aus diesem Grund ist diese Begründung (der Ausgangsgefahr) verboten. Dies steht nicht im Widerspruch zum zurechnungsbegrenzenden Verantwortungsprinzip, aus dem lediglich folgt, dass man prinzipiell nicht darauf zu achten hat, dass Dritte Rechtsgüter nicht gefährden. Im vorliegenden Zusammenhang geht es aber darum, dass der Täter selbst pflichtwidrig eine solche Gefahr geschaffen hat und er daher von seiner Verantwortung für das weitere Geschehen nicht schon deshalb frei werden kann, weil später auch andere falsch gehandelt haben.[984] Wie auch sonst ist es insoweit unerheblich, ob der nachfolgend tätige Arzt pflichtwidrig die Realisierung der vom Täter geschaffenen Gefahr lediglich nicht verhindert (bspw. stirbt der vom erstbehandelnden Arzt fahrlässig im Krankenhaus Infizierte, weil der zur Bekämpfung dieser Infektion herangezogene weitere Arzt dem Patienten das erforderliche Medikament fälschlich in einer zu geringen Dosis verabreicht) oder ob der Dritte den in der Täterhandlung ohnehin schon angelegten (Todes-)Erfolg – etwa eine innere Verletzung, die allmählich zum Verbluten führen würde – durch eine positive Maßnahme (sorgfaltswidriges Verhalten beim Heilungsversuch) herbeiführt.[985] Zum groben Behandlungsfehler seitens des nachbehandelnden Arztes sogleich in Rn. 161.
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Es ist also mit der herrschenden Lehre[986] wie folgt zu differenzieren:[987] Zwar vermag den Täter ein Fehlverhalten Dritter bei ihren Bemühungen, die Realisierung der vom Täter geschaffenen Gefahr abzuwenden, grundsätzlich nicht zu entlasten, da der von Rechts wegen missbilligte Erfolg, den abzuwenden die vom Täter übertretene Verhaltensvorschrift bezweckte, erfahrungsgemäß gerade auch (erst) bei der gleichsam herausgeforderten Abwehr der vom Täter geschaffenen Gefahr eintreten kann. Die Haftung des Ersthandelnden entfällt nur für Gefahren, die nicht mehr im Rahmen der von ihm gesetzten Ausgangsgefahr liegen.[988] Dies ist – allgemein gesprochen – bei grob sachwidrigem Verhalten des Dritten angesichts des hierdurch bewirkten deutlichen Übergewichts seines Erfolgsbeitrags[989] der Fall:[990] Dem erstschädigenden Arzt sind mithin spätere ärztliche Behandlungsfehler solange zuzurechnen,[991] als sich der Tod oder die erschwerte Verletzung des Patienten noch als eine Verwirklichung der von ihm pflichtwidrig geschaffenen Gefahr darstellt.[992] Eine Zurechnung entfällt erst bei grob pflichtwidrigem Verhalten des zweitbehandelnden Arztes[993] (egal ob dieses in einer Fehlmaßnahme oder im Nichtstun besteht).[994] Zurechnung ist auch dann nicht gegeben, wenn nach völliger Beseitigung des Erstrisikos der Patient Opfer eines von Dritten neugesetzten Risikos wird,[995] also bspw. dann, wenn die Zweitoperation zwar erfolgreich die vom Erstbehandelnden geschaffene Gefahrenquelle beseitigt hatte, der Patient dann aber bei einem weiteren, zur Heilung eines anderen Leidens durchgeführten Eingriff verstirbt, der anlässlich dieses erneuten Krankenhausaufenthalts durchgeführt wurde;[996] dies gilt auch dann, wenn dem nachbehandelnden Arzt insoweit ein grober Behandlungsfehler unterläuft.[997]
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Die Zurechnung entfällt schließlich auch bei Zweiterfolgen, die letztlich auf „fahrlässigem“ Verhalten des Opfers gegenüber sich selbst beruhen.[998] Gefährdet oder schädigt sich das Opfer freiverantwortlich gar bewusst selbst, so entfällt aus den unter Rn. 165 f. genannten Gründen ohnehin die Zurechnung.[999]