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7_Das Unglücksbrett im Rhein

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Im Kino hatte Viktor in ‚Fox Tönende Wochenschau‘ ein Motorboot auf dem Wannsee gesehen, das an einer langen Leine ein Brett hinter sich herzog, auf dem ein junger Mann in Badehose stand. Das Brett mag so groß gewesen sein wie ein Bügelbrett, vielleicht ein bisschen kürzer und ein bisschen breiter. Es war gegen die Strömung angestellt, denn der Mann stand ziemlich weit hinten auf dem Brett und hielt sich mit deutlicher Rücklage an einem Zügel, der vorne am Brett befestigt war. Wenn er sein Gewicht nach rechts oder links verlagerte, konnte er mit erstaunlicher Geschwindigkeit und einer eindrucksvollen Gischtfontäne zur Seite ausschwingen, man hatte den Eindruck fast bis auf die Höhe des Motorboots.

Viktor erlebte zum ersten Mal in seinem Leben, was Faszination ist. Er vibrierte, er fühlte eine seltsame Ungeduld und Unruhe, die ihn auch nach dem Kino nicht mehr loslassen wollte, und was immer er in diesen Tagen tat, stets landete er mit seinen Gedanken wieder bei diesem geheimnisvollen Brett. Er spürte, wie da eine Aufgabe auf ihn zukam, genau auf ihn und nicht auf irgendeinen anderen, eine Aufgabe, die niemand gestellt hatte und der er dennoch nicht ausweichen konnte und der er auch gar nicht ausweichen wollte, so wenig nützlich ihre Bewältigung wohl auch sein würde. Dabei kam ihm der Zeichenlehrer in den Sinn, ein Schwarmgeist und Feuerkopf, der mit ihnen im Schullandheim war und dort, anders als in der Schule mit ihren festen Lehrplänen, ganz aus sich herausgegangen war: ‚Das Nutzlose mit Besessenheit tun, das erst macht den freien Menschen aus‘, so hieß sein Leitsatz, alles andere sei kleinsinnige Fronarbeit, wenngleich freilich sie auch getan werden müsse.

Viktor ahnte damals noch nicht, wie unfrei ein Mensch werden konnte, wenn er der Faszination unterlag, und wie frei zugleich, wenn er dabei nicht mehr den Gesetzen der Nützlichkeit und des Nutzens unterworfen war.

Bevor die Wochenschau wechselte, sollte er unbedingt noch einmal ins Kino gehen, möglichst mit Ludwig, nicht nur, um sich dieses Brett auf dem Wannsee nochmals anzusehen, sondern weil er genauer wissen wollte, was da geschah. Wie groß war das Brett? Und vor allem, wie schnell fuhr das Motorboot? Das sollte er wissen. Dann müsste er nur noch an der Badeanstalt die Strömungsgeschwindigkeit des Rheins herausfinden.

„Ich glaube, ich glaube“, sagte er bedeutungsvoll zu Ludwig, „das könnte hinhauen. Wenn die nämlich einigermaßen an die Geschwindigkeit des Motorboots herankommt – der Rest lässt sich vielleicht durch ein etwas größeres Brett ausgleichen –, dann können wir hier mit so einem Brett wellenreiten! Wir könnten über dem Wasser schweben, stell dir das vor!“

Aber Ludwig hatte noch nicht begriffen: „Mensch, wo willst du denn ein Motorboot hernehmen!“

„Das ist es doch gerade, wir brauchen keines. Wir hängen das Brett mit einer langen Leine statt hinten an ein Motorboot außen ans Herweck“, so hieß diese schwimmende Badeanstalt im Rhein, „und zwar möglichst weit vorne, und am Ende des Geländers, das sind an die 30, 40 Meter, da steigt der Fahrer drauf und startet. Dann ist unser Motorboot der Rhein, verstehst du?“

Auf Ludwigs Einwand, dass der Brettfahrer doch dauernd an der Badeanstalt streife: „Nein, der kann weit in den Fluss hinausfahren!“

„Wie soll denn das gehen?“

„Der muss einfach seinen rechten Fuß etwas mehr belasten, und schon geht’s los, weit hinaus in den Strom – und wie!“

„Das weiß ich ganz genau“, fügte Viktor noch hinzu, als er das Unverständnis in Ludwigs ungläubigem Gesicht sah. Der hatte immer noch nicht ganz verstanden und fragte:

„Wieso ausgerechnet mit dem rechten Fuß und nicht mit dem linken?“

„Menschenskind, weil er doch weg will von der Badeanstalt, hinaus in den Strom. Und weil er ja stromaufwärts blickt, also in Richtung Strandbad, ist der rechte Fuß der Fuß zur Flussmitte hin; mit ihm drückt er das Brett rechts etwas tiefer runter, sodass ihn die Strömung zur Seite schiebt, verstehst du? – Mit dem rechten Fuß geht’s in Richtung Ludwigshafen, mit dem linken Fuß wieder zurück, Richtung Mannheim, begriffen jetzt? – Obacht wird man geben müssen auf dem Weg zurück, sonst haut es einen gegen die Reling. Da muss man vorsichtig anlanden, wie ein richtiges Schiff.“

Ludwig staunte über Viktor, wie der alles schon vor sich sah, aber Viktor kannte sich eben mit der Macht der Strömung aus, seit sie vor Jahren als Lausbuben schwimmend in die Badeanstalt eingedrungen waren.

Im Kino war Viktor auf das Ergebnis richtig gespannt, viel mehr als Ludwig. Die Wochenschau flog ziemlich unbeachtet an ihm vorbei. Dann kam der Wannsee mit dem Motorboot und dazu ein aufgeregter Sprecher. Viktor schätzte, dass der Fahrer, der hoch aufgerichtet im Motorboot stand, von den Knien bis zum Scheitel mindestens 120 Zentimeter maß, und diese Einmeterzwanzig passten, wenn das Boot vorbeifuhr und man es genau von der Seite sah, schätzungsweise vier bis fünf Mal in die Länge des Bootes. Das Boot musste also zwischen fünf und sechs Meter lang gewesen sein. Peilte man nun, wenn man das Motorboot gerade genügend von der Seite sah, knapp vor dem Boot eine Marke am dahinterliegenden Ufer an und zählte die Sekunden, die das Boot brauchte, um vom Bug bis zum Heck daran vorbeizufahren … Aber da war die Wannsee-Szene schon wieder vorbei und sie mussten noch ein drittes Mal ins Kino gehen, und da stoppten sie dann, diesmal mit einer richtigen Stoppuhr, ein paar Zeiten so um die zwei Sekunden herum. Das Motorboot war also mindestens neun und höchstens elf Kilometer schnell gefahren, rechnete Viktor aus. „Das könnte klappen“, murmelte er.

Die Strömungsgeschwindigkeit an der Badeanstalt hatten sie schnell herausgefunden. „Wir messen jetzt nicht die ganze Länge ab, das fällt auf, und die fragen dann wieder blöd, was wir da wollen. Wir messen nur den Abstand von zwei Pfosten des Geländers, das geht schnell und fällt nicht auf – so, das ist ein Meter sechzig.“

Ludwig zählte die Pfosten ab und sagte: „Einssechzig mal fünfundzwanzig.“

„Falsch, Ludwig, pass auf! 25 Pfosten haben wir, aber zwischen den Pfosten nur 24 Zwischenräume, also einssechzig mal vierundzwanzig! Das macht, Moment –“

Er rechnete.

„38,4 Meter.“

Der Viktor denkt an alles, ging es Ludwig durch den Kopf, obwohl er immer noch nicht ganz verstand, wie das werden sollte.

„Du gehst jetzt vor an den ersten Pfosten“, sagte Viktor, „und wirfst genau dort, ohne großen Schwung, dieses Papierknäuel ins Wasser, einfach fallen lassen, aber so, dass ich es genau sehen kann! Ich stelle mich an den letzten Pfosten hinten und stoppe die Zeit, die das Papier braucht. Das machen wir ein paar Mal.“

Sie kamen ziemlich konstant auf 16 Sekunden – die Zahl machte Viktor glücklich. 16 Sekunden entsprachen einer Strömungsgeschwindigkeit von zweieinhalb Metern in der Sekunde und das reichte an die Motorbootgeschwindigkeit von neun Kilometer heran!

Viktor und Ludwig arbeiteten bis weit in die Nacht an ihrem Brett, das sie aus Kistenbrettern zusammennagelten. Sie durften keine Zeit mehr verlieren, immer noch war spätsommerliches Badewetter, aber ein oder zwei kühle Tage, und die Badeanstalt würde schließen für dieses Jahr. Als letzte Arbeit, meinte Ludwig, sollte Viktor noch einen Namen aufbringen, schräg und ziemlich weit vorne, er könne doch so wunderbare Schriften malen. Aber es fiel ihnen so spät nichts Rechtes mehr ein.

Als sie am nächsten Tag außen am Geländer der Badeanstalt ihre Leine festbanden, war Viktor beklommen und sprach kaum ein Wort. Mit Herzklopfen ließ er das Brett, mit dem Heck voraus, vorsichtig zu Wasser, und er war froh, dass kaum jemand Notiz davon nahm. Mit dem Zügel hob er das Brett vorne leicht an, dann stieg er, erst mit einem Fuß, vorsichtig etwas unterhalb der Mitte darauf, er spürte sein Herz klopfen bis in den Hals – und das Brett hielt! Es trug ihn! Er schwebte! Über sich hörte er Ludwig jauchzen und „Hurra, hurra!“ rufen, und auch ihm war in seinem plötzlichen Glück zum Jubeln zu Mute, ‚das Wunderbrett, nein, das Glücksbrett!‘, rief er und wusste sogleich, das war der Name.

Für einen Augenblick fuhr er noch etwas unsicher gebeugt und mit rundem Rücken, spürte aber bald, wie man sich aufrichten und strecken konnte, und begann, erst nur ein Stück, dann immer weiter hinaus in den Fluss zu fahren, hin und her, gesteuert nur durch mehr Last auf dem einen oder auf dem anderen Fuß. Das Wasser war rau und von den Raddampfern aufgewühlt, und so stand er hoch aufgerichtet zwar, aber in den Knien federnd, um die Stöße der Wellen abzufangen.

Viktor spürte den gewaltigen Druck des Wassers – das war unvorstellbar! –, aber er hatte schnell heraus, dass man das Brett auch etwas flacher nehmen konnte – einfach weniger Rücklage –, dann war der Wasserwiderstand geringer, und es trug immer noch. Am schönsten war es, wenn er ganz weit draußen fuhr und sich so weit hinaushing, dass die Gischt unter dem schrägliegenden Brett nur noch an der Innenseite, zur Badeanstalt hin, vorbeischoss und er dann, wenn er sich wieder gerade stellte oder gar die Last auf den anderen Fuß legte, mit immer größerer Geschwindigkeit auf die Badeanstalt zuraste, sodass er am Ende die Bewegung mit einem kräftigen Gegenschwung abfangen musste.

Inzwischen war die Reling voll mit Badegästen und immer noch kamen weitere dazu. Auch der Bademeister mit seiner weißen Schirmmütze war aufgetaucht, und obwohl jeglicher Aufenthalt außerhalb der Reling streng untersagt war, schritt er nicht ein, war er doch selbst viel zu neugierig.

Als nächster war dann Ludwig an der Reihe. Der stellte sich gar nicht ungeschickt an, wie Viktor konstatierte, nahm aber das Brett viel zu steil, wahrscheinlich weil ihm das tosende Rauschen und die aufschäumende Gischt dabei imponierten. Prompt riss schon bald die Leine und Ludwig, der sich schwimmend am Brett festhielt, wurde abgetrieben, und es dauerte fast eine halbe Stunde bis er, das Brett über dem Kopf, wieder in der Badeanstalt erschien.

Viktor waren die vielen Zuschauer lästig. Sie fuhren beide noch einige Male im Wechsel, Viktor konnte interessante Beobachtungen machen und dachte schon über gewisse Verbesserungen nach. Vor allem Ludwig machte von Mal zu Mal Fortschritte und stand souverän auf dem Brett, manchmal sogar nur mit einer Hand den Zügel halten und mit der anderen Hand winkend. Aber er war nicht behutsam genug und so riss noch mehrmals die Leine, sie war eindeutig zu schwach. Viktor sah missvergnügt, dass Ludwig, der doch eigentlich keine Ahnung von der Sache hatte, bereits besser fuhr als er, und ärgerte sich darüber, dass Ludwig das große Publikum, das ihm zusah, so unverhohlen genoss.

Später lösten sich drei junge Herren aus der immer noch zahlreichen Zuschauerschaft und unterhielten sich mit Viktor und Ludwig über das Brett, viel zuvorkommender und auch höflicher, als Erwachsene sonst mit ihnen zu reden pflegten. Einer davon war der Juniorchef einer bekannten Kofferfirma, und der meinte, er könne in seinen Werkstätten aus dünnen Sperrholzplatten über einem flachen Rahmen ein viel besseres Brett bauen lassen, innen hohl und daher viel leichter, wasserfest verleimt, und ein dünnes Drahtseil, das unbedingt halten würde, hätte er auch zur Verfügung. Die Drei machten auch sonst ein paar gute Vorschläge zu den Beschlägen und Kabelverbindungen, aber Ludwig nahm Viktor kurz auf die Seite.

„Wir müssen die Sache unbedingt in der Hand behalten, Viktor! Wir gehen da mit hin! Wir gehen mit in die Werkstatt von diesem Koffermenschen!“

Anschließend fuhren auch die drei sportlichen jungen Herren einige Male, gar nicht schlecht für den Anfang, meinte Ludwig gönnerhaft, und schließlich zogen sie zusammen los, um gemeinsam Platten und Hölzer auszuwählen und vielleicht auch schon mit dem Zusammenbau zu beginnen.

Am nächsten Nachmittag trafen sie sich alle wieder, und dieser Koffermensch, wie Ludwig ihn nannte, hatte das neue Brett dabei, das absolut professionell hergestellt wirkte. „Wie aus der Fabrik“, befand Ludwig. Viktor aber machte sogleich auf einen kleinen Konstruktionsfehler aufmerksam, der allerdings nicht besonders schlimm sei, weil man ihn an Ort und Stelle beheben könne. Die V-förmige Zugleine vorn am Brett dürfe auf keinen Fall an der Oberseite des Bretts austreten, sondern nur der Zügel für den Fahrer. Die Zugleine müsse vorne an der Unterseite herauskommen.

„Wieso?“, fragte der Koffermensch, „das ist doch egal.“

„Nein, das ist nicht egal“, sagte Viktor in höflichem Ton, „wenn das Brett beim Start, bevor der Fahrer draufsteigt, auf dem Wasser liegt, und die V–Leine kommt vorn an der Unterseite aus dem Brett heraus, dann stellt es sich gegen die Strömung ganz leicht an und entwickelt Auftrieb.“

„Und?“

„Ist doch klar: Tritt die V-Leine vorn an der Oberseite heraus, ist es genau umgekehrt, und das kann gefährlich werden! Natürlich, solange der Fahrer beim Aufsteigen das Brett am Zügel vorne leicht anhebt, wie ja meistens, kann nichts passieren. Wenn aber nicht, dann genügt die kleinste Störung, und es fließt Wasser über die Vorderkante des Brettes und im nächsten Augenblicke ist es weg und in der Tiefe verschwunden. Ist auch noch nicht soo schlimm, aber schon ziemlich lästig, bis wir es dann wieder oben haben. Richtig gefährlich aber wird’s, wenn einer draußen stürzt und sich irgendwie in den Leinen verheddert – Ludwig zum Beispiel ist zu klein und hat sich vorhin den Zügel ein paar Mal ums Handgelenk gewickelt. Das sollten wir vielleicht verstellbar machen.“

„Na ja, wann kommt das schon vor – aber gut, wir werden das mit der Zugleine bis morgen ändern, das leuchtet mir ein, und auch den Zügel in der Länge verstellbar machen.“

Das Brett einfach umzuwenden, ging nicht, weil auf der Standfläche wundervoll geriffeltes Material eingearbeitet war, während die Unterseite hochglanzlackiert und spiegelglatt war.

Die Jungfernfahrt machte wie selbstverständlich der Koffermensch, wobei Viktor unklar war, wieso das Jungfernfahrt hieß, und Ludwig meinte, er könne sich das schon denken, was aber Viktor nicht weiter interessierte, denn eigentlich hätte die erste Fahrt ja ihm zugestanden. Aber er kam dann wenigstens als zweiter an die Reihe und machte keine schlechte Figur auf dem neuen Brett. Danach fuhren nur noch Erwachsene, alles Freunde und Bekannte vom Koffermenschen, irgendwann konnte sich Ludwig noch dazwischenschieben, aber sie sahen bald, dass an diesem Nachmittag nicht mehr viel zu holen war, und machten sich auf den Weg nach Hause. Richtig stolz waren sie darauf, dass alle Welt auf ihrem Glücksbrett fahren wollte und eigentlich die ganze Badeanstalt Kopf stand, aber etwas enttäuscht waren sie schon, dass sie bei der ganzen Sache nun nicht mehr viel zu melden hatten. –

Als am nächsten Morgen Viktor zum Frühstück die Treppen herunterkam und durch die Halle ging, hörte er, wie sein Vater etwas vorlas, offenbar aus der Zeitung, und bei seinem Eintreten glaubte er am Schluss gerade noch das Wort ‚Glücksbrett‘ verstanden zu haben, während der Vater die Zeitung vor sich ablegte und glattstrich. Und noch bevor er zu seinen Eltern ‚Guten Morgen!‘ sagte, rief er viel zu laut „Was?“ in das Frühstückszimmer hinein; und er rief es in einem Ton, der seinem Vater gegenüber gänzlich unüblich war; und noch einmal: „Was? Ein Glücksbrett?“

Der Vater blickte nur überrascht auf, unterließ aber jeglichen Ordnungsruf und erklärte ihm mit leiser Stimme: „Nichts mit ‚Glücksbrett‘, Viktor! Dr. Schleger – du kanntest ihn doch, der Chef der Rheinschifffahrtsgesellschaft, der schon öfter mal bei uns war, – ist gestern am Spätnachmittag im Rhein ertrunken.“ Er reichte ihm die aufgeschlagene Zeitung hinüber, und Viktors Blick fiel auf die Überschrift ‚Das Unglücksbrett im Rhein‘.

Es traf ihn wie ein Keulenschlag.

Der einzige, mit dem er jetzt reden konnte, war Ludwig, und er musste jetzt mit jemandem darüber reden. Er blieb nicht lange am Frühstückstisch sitzen und brach wie betäubt in die Schule auf.

Ludwig war noch nicht da. Viktor wartete am Eingang auf ihn. Es läutete gerade, als er ihren Chauffeur, Ludwigs Vater, mit dem großen Reisewagen heranfahren sah. „Da hätte ich ja mitfahren können, er fährt ja allein.“ Doch nein, im ausrollenden Wagen stand Ludwig im Fond schon auf und gestikulierte vergnügt. Viktor konnte sich keinen Vers darauf machen, sah aber, dass es prahlerische Grimassen und kraftmeierische Gebärden waren mit geballter Faust und angespanntem Bizeps. Ludwig hatte wohl noch nicht erfahren, was passiert war. Dann stieg er aus, und während der Wagen sofort weiterfuhr, rannte er auf Viktor zu.

„Haste schon gehört?“, rief Ludwig, „Tolles Unglück gestern Abend passiert! Das waren wir!“

Ludwig platzte schier vor Stolz. Sie mussten ins Klassenzimmer rennen und konnten kein Wort mehr wechseln. Der Lehrer stand schon im Flur. –

Milchbrüder, beide

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