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Kapitel 9
ОглавлениеPolizeiobermeister Gerd Finke legte den Telefonhörer auf. Der gut trainierte, gepflegte Mann stellte das genaue Gegenteil zu seinem übergewichtigen und ungepflegten Kollegen Werner Knöschke dar.
„Ulla, ich muss los. Kannst du uns einen Tee aufsetzen? Ich bringe auf dem Rückweg ein paar Vollkornbrötchen mit?“
„Wer kann dir denn etwas abschlagen?“
Die 25jährige Sekretärin Ursula Jobst notierte die Diensteinsätze und kümmerte sich um den Telefondienst. Die Gemeinde hatte sie eingestellt, damit die Dienststelle stets telefonisch erreichbar ist. In kleineren Gemeinden kommt es häufig vor, dass der Beamte zu einem Einsatz fährt und die Bürger die Polizeistation verschlossen vorfinden. In Werlow startete man vor 5 Jahren das Projekt „bürgerfreundliche Behörden“ und stellte die Sekretärin ein. Die langen, rot lackierten Finger der jungen Frau huschten über die Tastatur, bevor sie den Tee zubereitete, um den Einsatz zu Protokoll zu bringen. Neulandstraße 12. Ein Fahrzeug wurde in der Einfahrt des Einfamilienhauses geparkt. Die Besitzer können das Grundstück nicht verlassen.
Sie stand mit dem Rücken zur Tür, als diese, gefolgt von einem lauten Gähnen, geöffnet wurde.
„Morgen Werner.“ Die Sekretärin brauchte sich nicht herumdrehen, um nachzuschauen, wer hereingekommen war..Der zweite Polizist in Werlow, Werner Knöschke, war 1,70 groß, starker Raucher, liebte Fastfood und trug in seiner Freizeit T-Shirts mit Aufdrucken wie, „Wer seine Muskeln stählt – nur seinen Körper quält“. Es lebe das Couch TV. Der Duft von frisch aufgebrühtem Tee eroberte den Raum.
„Sag, Ulla Schätzchen, die Mutti hat dir doch so viel beigebracht. Hat sie dir nicht erzählt, dass echte Männer starken Kaffee und keinen Tee trinken. Körnerbrötchen ablehnen und nur Weißbrot essen. Ich meine, Süße, warum verwöhnst du denn immer unseren Ökobullen. Der ist doch höchstens biologisch abbaubar. Du kennst doch den Spruch, „Sind die Oberarme stark gespannt, ist die Manneskraft gebannt.“
„Werner rede nicht. Wie siehst du denn aus? Warst du letzte Nacht überhaupt im Bett?“
Sein Grinsen verriet ihr, dass sie keineswegs eine Antwort hören wollte. Die Tür wurde, zu Ullas Erlösung, geöffnet. Peter Döring kam herein und grüßte. Er ging zu Ursula und fragte, ob Gerd Finke zu sprechen sei.
„Tut mir leid. Herr Finke ist zu einem Einsatz gefahren. Polizeiobermeister Werner Knöschke ist aber da", entgegnete die Sekretärin und zeigte auf ihren Kollegen. Die Handbewegung der Frau wies Döring an, auf dem freien Stuhl Platz zu nehmen.
Peter berichtete über seine Entdeckung am See und über seinen Verdacht gegenüber Medi-Voß. Als er auch noch Auskünfte über die Einleiterüberwachung erwartete, war Knöschke sichtlich überfordert. Der Polizist konnte sein Desinteresse nicht verbergen. Das war zu viel Öko an einem Tag für Werner. Die ganze Dienststelle roch nach Kräutertee und jetzt kam noch jemand und machte sich Sorgen um sein Biotop.
„Tja, das tut mir da aber echt leid. Unser Öko-Beauftragter ist der Kollege Finke. Ulla, wann erwartest du denn Gerd zurück?“
„Es kann nicht lange dauern. Möchten Sie warten und einen Tee mit uns trinken?“, bot Ursula an.
„Ja, gerne.“
Nach ca. 30 Minuten kam Gerd Finke zur Dienststelle zurück. Peter berichtete ihm über sein Anliegen.
„Ich weiß, was Sie meinen. Ich war bei der Besichtigung dabei. Das Abwasser war aber im Großen und Ganzen in Ordnung. Ich weiß nicht wann die nächste Routine-Untersuchung geplant ist aber wenn Sie eine Anzeige erstatten möchten, wird umgehend eine Nachuntersuchung angeordnet werden. Ich werde mich mit dem zuständigen Beamten in Verbindung setzen, wenn Sie möchten.“
„Ja, ich glaube das wäre angebracht. Es wäre fatal, wenn der schöne See in Mitleidenschaft gezogen würde.“
Ich werde Sie informieren. Geben Sie mir bitte Ihre Telefonnummer.
Peter bedankte sich, gab dem Beamten seine Visitenkarte und verabschiedete sich.