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b) Arbeitnehmer im sozialversicherungsrechtlichen Sinne

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Für das Arbeitsstrafrecht ist der sozialversicherungsrechtliche Arbeitnehmerbegriff (auch „Beschäftigtenbegriff“[58]) vor allem wesentlich für die Straf- und Bußgeldtatbestände des SGB III und des SchwarzArbG. § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV erklärt das Arbeitsverhältnis zum Hauptanwendungsfall des Beschäftigungsverhältnisses.

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Der sozialversicherungsrechtliche und der arbeitsrechtliche Arbeitnehmerbegriff stimmen weitgehend überein, jedenfalls solange es um die Einordnung einer entgeltlichen Beschäftigung geht.[59] Auch hier erfolgt die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft anhand des Kriteriums der persönlichen Abhängigkeit. Das BSG stellt – wie auch das BAG – das Vorliegen der Unselbstständigkeit des Arbeitnehmers anhand eines Indizienkataloges fest, der in den entscheidenden Punkten dem arbeitsrechtlichen Katalog entspricht.[60]

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Im Rahmen des sozialversicherungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs sind Indizien, die für eine unselbstständige Beschäftigung sprechen, vor allem folgende:[61]

keine wesentliche Teilhabe am Ergebnis,
Weisungsunterworfenheit bezüglich Zeit, Ort, Art und Ausführung der Arbeit,[62]
Eingliederung in Betrieb,[63]
keine eigene Entscheidungsverantwortlichkeit für die wesentlichen Funktionen des Unternehmens,
feste, keine erfolgsabhängige Vergütung,
Urlaubsantritt nicht ohne vorherige Genehmigung,
Weiterzahlung der Vergütung im Krankheitsfall und
Bewertung als nicht selbstständige Arbeit durch eine andere Stelle.

Auch hier ist das Gesamtbild entscheidend und nicht das bloß zahlenmäßige Überwiegen einiger Kriterien.[64]

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Zu beachten ist, dass insbesondere die Beurteilung der Arbeitnehmerstellung von Organmitgliedern im Rahmen des Sozialversicherungsrechts abweichend zum Arbeitsrecht ausfallen kann. Die Organmitgliedschaft schließt nicht aus, dass die erbrachte Arbeit in einer GmbH oder einer sonstigen juristischen Person nicht selbstständig i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV erbracht wird, sodass bei Organmitgliedern – obschon keine Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne – dennoch ein sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis zu ihnen bestehen kann.[65] Ein Fremdgeschäftsführer wird also zwar sozialversicherungsrechtlich als abhängig Beschäftigter, allerdings arbeitsrechtlich nicht als Arbeitnehmer qualifiziert.[66]

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So ist der GmbH-Geschäftsführer nicht selbstständig i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV tätig, wenn er persönlich abhängig ist. Die persönliche Abhängigkeit des Geschäftsführers beurteilt sich nach einer Gesamtschau von gesellschaftsrechtlicher Stellung, Anstellungsvertrag und der konkreten Durchführung des Vertragsverhältnisses.[67] Infolgedessen ergibt sich, dass Fremd-Geschäftsführer einer GmbH regelmäßig als abhängig Beschäftigte der GmbH und somit versicherungspflichtig einzustufen sind, wobei Ausnahmen denkbar sind.[68] Eine solche Ausnahme liegt dann vor, wenn „das die abhängige Beschäftigung prägende Merkmal der Unterordnung unter das Weisungsrecht eines Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsausführung“ nicht gegeben ist.[69]

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Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften sind jedenfalls dann nicht als abhängig beschäftigt i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV einzustufen, wenn sie mindestens die Hälfte des Grundkapitals besitzen. Ist dies nicht der Fall, so war ihre Sozialversicherungspflichtigkeit umstritten.[70] Dieser Streit dürfte allerdings durch das Urteil des BSG zur gesetzlichen Unfallversicherung vom 14.12.1999[71] weitestgehend geklärt sein. In diesem führte das BSG aus, dass Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft unter Berücksichtigung der sie betreffenden Normen des AktG in der Regel selbstständig tätig und somit nicht abhängig beschäftigt i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV seien, es in zweifelhaften Fällen aber – unter besonderer Beachtung der Vertragsgestaltung – darauf ankomme, ob die Merkmale einer nichtselbstständigen oder selbstständigen Tätigkeit überwiegen. Im Ergebnis ist nach der Rechtsprechung des BSG eine Eingliederung des Vorstandsmitglieds bereits dann gegeben, wenn eine „funktionsgerechte, dienende Teilhabe am Arbeitsprozess“ vorliegt.[72] Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse machen das Vorstandsmitglied noch nicht zu einem Selbstständigen, selbst wenn der Betroffene teils als „Chef“ angesehen wird.[73] Das BSG bejaht die Eingliederung auch dann, wenn der Vorstandsvorsitzende lediglich die ihm von Gesetz oder Satzung überantworteten Aufgaben übernimmt.[74] Hierin unterscheidet sich die Auffassung des BSG von derjenigen von BGH und BAG, der zufolge allein aus der Wahrnehmung der dem Geschäftsbereich zugehörigen Aufgaben nicht abgeleitet werden kann, dass eine abhängige Beschäftigung vorliegt, da dies nichts über den arbeitsrechtlichen Status der betroffenen Person besage.[75]

In Fällen, in denen ein Beschäftigungsverhältnis nur vorgetäuscht wird, um Leistungen der Krankenversicherung zu erlangen (sog. Scheingeschäft), liegt hingegen kein Beschäftigungsverhältnis vor.[76]

Arbeitsstrafrecht

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