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e) Zu ihrer Berufsbildung Beschäftigte
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Umstritten ist die Arbeitnehmereigenschaft der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten. Ein Teil des Schrifttums bejaht diese bezüglich der Personengruppe der Auszubildenden, da nach dieser Ansicht das Berufsausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist, welches durch den Ausbildungszweck lediglich modifiziert wird.[139] Dies soll sich u.a. aus § 10 Abs. 2 BBiG ergeben,[140] welcher die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze auf den Berufsausbildungsvertrag für anwendbar erklärt, soweit im BBiG keine entgegenstehenden Regelungen enthalten sind. Solche besonderen Regelungen finden sich in den §§ 10 bis 26 BBiG.
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Die andere Ansicht in der Literatur verneint dies und geht trotz der grundsätzlichen Anwendbarkeit arbeitnehmerschützender Vorschriften von einer Eigenständigkeit des Berufsausbildungsverhältnisses aus, weshalb dieses nicht als Sonderfall des Arbeitsverhältnisses angesehen oder mit diesem gleichgesetzt werden kann.[141] Als Begründung wird hierbei angeführt, dass der Ausbildungszweck im Berufsausbildungsverhältnis im Vordergrund stehe und die Arbeitsleistung von nur geringer Bedeutung sei.[142]
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Die Rechtsprechung vertritt im Hinblick auf die Frage der Arbeitnehmereigenschaft der zur Berufsbildung Beschäftigten keine klare Linie. In früheren Entscheidungen ist das BAG davon ausgegangen, dass das Berufsausbildungsverhältnis als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren sei oder es hat die Einordnung schlichtweg offen gelassen.[143] Währenddessen geht es aber in den neueren Entscheidungen von einem gemischten Charakter des Berufsausbildungsverhältnisses aus, wobei bezüglich jeder Rechtsfrage und dem Zweck des möglicherweise anzuwendenden Gesetzes zu entscheiden sei, ob Elemente des Arbeits- oder des Erziehungsverhältnisses überwiegen.[144] In einer neueren Entscheidung geht das BAG beispielsweise davon aus, dass der nach § 23 Abs. 1 S. 1 BBiG dem Auszubildenden zu ersetzende Schaden keine Abfindung i.S.d. §§ 9, 10 KSchG umfasse, da das BBiG auf Bestandsschutz angelegt sei und gerade keine erleichterte Auflösungsmöglichkeit in Verbindung mit einer Abfindung gewährt werden soll.[145] In einer anderen Entscheidung nimmt das BAG dagegen an, dass Auszubildende, die durch ihr Verhalten bei einem Beschäftigten desselben Betriebs einen Schaden verursachen, nach den gleichen Regeln wie andere Arbeitnehmer haften.[146] Ebenfalls sieht das BAG in einer neueren Entscheidung das Berufsausbildungsverhältnis als Arbeitsverhältnis i.S.d. Kündigungsschutzgesetzes an, wonach die §§ 1 ff. KSchG anwendbar sind. Begründet wird dies mit dem Umkehrschluss aus § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG.[147]
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Vorzugswürdig erscheint es allerdings, mit der erstgenannten Auffassung in der Literatur anzunehmen, dass das Berufsausbildungsverhältnis ein spezielles Arbeitsverhältnis darstellt, da diese sich am Wortlaut der verschiedenen Normen, welche sich mit den zur Berufsbildung Beschäftigten befassen, und damit auch am Willen des Gesetzgebers orientiert.
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Ein Berufsausbildungsvertrag muss gem. § 10 Abs. 1 BBiG zwischen dem Ausbildenden und dem Auszubildenden geschlossen werden; Ausbildender ist nach der Legaldefinition der Norm derjenige, der andere Personen zur Berufsausbildung einstellt. Dies ist der Betriebsinhaber bzw. die juristische Person oder bei der GbR, der OHG oder KG die jeweils vertretungsberechtigten Gesellschafter.[148] Gemäß § 10 Abs. 5 BBiG können sich auch mehrere Unternehmen zu einem Ausbildungsverbund zusammenschließen und so gemeinsam ausbilden; Ausbildender können dann sowohl die einzelnen Unternehmen oder der so entstandene Ausbildungsverbund sein, wenn dieser als juristische Person anzusehen ist.[149] Die §§ 28 ff. BBiG enthalten Anforderungen an die Eignung eines Ausbildenden, ohne deren Vorliegen eine Einstellung von Auszubildenden nicht erfolgen kann.[150] Der Berufsausbildungsvertrag unterliegt keinerlei Formerfordernissen, sodass zu beachten ist, dass auch ein Vertragsschluss in konkludenter Weise möglich ist.[151]
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Ausbilder ist derjenige, der die Ausbildung ausführt; dies kann auch im Auftrag des Ausbildenden geschehen, sodass der Ausbilder in diesem Fall selbst nicht Partei des Berufsausbildungsverhältnisses wird.[152]
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Auszubildende sind die Personen, die in einer Berufsausbildungseinrichtung eingestellt werden, damit ihnen dort im Verlauf eines geordneten Berufsausbildungsgangs zu den beruflichen Fertigkeiten, Kenntnissen und Fähigkeiten verholfen wird, die zur Erreichung des Ausbildungszieles erforderlich sind, vgl. § 1 Abs. 3 S. 1 BBiG.[153]
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Ist nach den ausgeführten Grundsätzen ein Berufsausbildungsverhältnis gegeben, so finden gem. § 10 Abs. 2 BBiG die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze Anwendung. Diese Regelung manifestiert zudem die Anwendung der Schutzvorschriften für Arbeitnehmer,[154] von denen nur dann abgewichen werden darf, wenn sich im BBiG eine dementsprechende Regelung findet. Zweck dieser Norm ist es, die zur Berufsbildung Beschäftigten hinsichtlich des arbeitsrechtlichen Schutzes nicht schlechter zu stellen als andere Arbeitnehmer.[155]
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§ 25 BBiG erklärt hiervon abweichende vertragliche Regelungen zwischen Ausbildendem und Auszubildendem für unzulässig, § 10 Abs. 2 BBiG ist demnach kein dispositives Recht.