Читать книгу Die sieben Siegel der Dakyr - Band 3 - Attravals Grab - Christian Linberg - Страница 18

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1 - 15 Die Halle der Gräber -

Gerade als ich erleichtert aufatmen wollte, ergoss sich ein Strom weißer Körper daraus. Wie Blutstropfen aus einer Wunde, quollen sie daraus hervor.

Aus Phyrias Händen schoss ein langer Flammenstrom, der die Tiere wie Trauben im Feuer platzen ließ. Stinkende Innereien und Blut spritzten in alle Richtungen davon.

Trotzdem schafften es ein paar Tiere an den Flammen vorbei. Sie sprangen uns ohne zu zögern an.

Mit Waffen und Schilden wehrten wir die Tiere ab und traten auf sie drauf.

Am einfachsten war es jedoch, sie einfach links und rechts in den Abgrund zu stoßen.

Als das letzte Tier unter dem Stiefel von Droin zerplatzte, drehte ich mich zu unserer Gefangenen um.

„Und jetzt zu Dir.“

Ich packte sie an beiden Armen und schob sie rückwärts auf den Abgrund zu.

Wir befanden uns auf einer Art Brücke. Drei Schritte breit in der Mitte und einen weiteren links und rechts, auf dem in unregelmäßigem Abstand Grabsteine standen. Die meisten zwei Fuß lang und breit. Sie dienten als Sockel für Figuren der Verstorbenen. Manche lebensecht, andere nur eine Handbreit hoch. Ganz von Reichtum und Bedeutung der toten Naurim ab, die darunter begraben lagen.

Einige von ihnen waren fast ganz verwittert, doch die meisten waren in recht gutem Zustand.

Dahinter verschwand der Raum in der Dunkelheit einer gewaltigen Halle. Jedes Geräusch wurde als Echo mehrfach zurückgeworfen. Sie rollten wie entfernter Donner durch das Gewölbe.

„Ich habe Dich gewarnt. Jetzt ist Schluss!“

Sie versuchte sich zu befreien und stemmte sich so gut sie konnte gegen mich. Aber jemand, der mir gerade bis zum Brustbein reichte, hatte mir wenig entgegenzusetzen.

„Drakk! Nicht.“

„Was machst Du da?“

„Hör auf damit!“

Die Proteste meiner Freunde waren mir gerade egal. Ich drängte die zappelnde Soldatin rückwärts bis zur Kante. Sie ruderte mit den Armen, versuchte sich an mir festzuhalten, aber die Rüstung gab ihr keinen Halt.

„Guten Flug.“

Damit gab ich ihr einen letzten kräftigen Schubs in den Abgrund.

- Doch statt schreiend in der Dunkelheit zu verschwinden, hing sie keuchend in der Luft.

„Was soll das Jiang? Lass sie fallen. Sie hat versucht mich zu töten!“

„Nicht so“, wandte Anaya ein. Sie stellte sich zwischen mich und den Abgrund. Eine Hand legte sie sanft auf meine Brust. Gleichzeitig griff Droin nach meiner Hand und zog mich rückwärts.

„Lass gut sein. Drakk. Du hast Recht, aber nicht hier. Das hier ist die Halle der Gräber. Ein Friedhof meines Volkes. Sie hat hier nichts verloren. – Jedenfalls nicht als Tote.“

Widerwillig musste ich ihm zustimmen: „Dann kümmert ihr euch um sie. Sie ist jetzt euer Problem.“

„Einverstanden.“

Wütend wandte ich mich um und stampfte davon. Sollten sie sich doch um die dumme Kuh kümmern.

Am Rande bemerkte ich, wie Anaya und Phyria die zappelnde Soldatin wieder zurück auf den Weg zogen.

Währenddessen sah ich mich um. Dies hier war wirklich ein Naurim-Friedhof.

Jetzt wurde mir auch klar, woher ich die Statur vor dem Tor kannte. Das war eine Darstellung von Garug Rogk, dem Wächter der Toten.

Irgendwo hier musste das Grab von Ortem Attraval liegen. Blieb uns nur noch, es zu finden.

Angesichts der Größe der Halle, konnte das etwas schwierig werden. Sie war weit größer, als jede andere, die ich jemals gesehen hatte.

„Das ist die Halle einer Königssippe“, bemerkte Droin ehrfürchtig: „Aber eine so große habe ich noch nie zuvor gesehen.“

„Toll, dann wird es ewig dauern, bis wir das Grab gefunden haben“, schimpfte Jiang: „Du gehst mit Drakk vor, damit er nicht auf die Idee kommt, die Gefangene könnte einen Unfall erleiden.“

Anaya nickte: „Gute Idee. Wir nehmen sie besser in die Mitte. Phyria und ich folgen euch.“

„Ich werde bei Jiang bleiben“, widersprach Phyria: „Ich werde nicht vor ihr hergehen. Am Ende bin ich es sonst, die den Unfall erleidet.“

„Gut, nachdem das jetzt geklärt ist: Droin? Was erwartet uns?“, wollte Jiang wissen. Sie stand genau in der Mitte des Weges, möglichst weit weg von den Gräbern.

In ihrer Kultur waren Tote etwas, dem man möglichst aus dem Weg ging. Ahnen zu verärgern galt als unhöflich und dumm.

Anaya dagegen hatte es sich kurzzeitig auf einem Grabstein gemütlich gemacht, auf dem keine Statur mehr stand, um ihren Arm gründlich zu verbinden.

Als Druidin aus Galladorn, Anhängerin des Kiaiji-Kultes und Mitglied des Zirkels von Zar'gan'f, war der Tod für sie ein normaler Bestandteil der Natur. Sie beerdigten Tote nicht, sondern entkleideten sie höchstens und ließen sie dann liegen, als Nahrung für die Aasfresser.

Von daher hielt sie Friedhöfe für Verschwendung von Platz und Zeit. In den kleinen Siedlungen der Druiden war das auch kein Problem, doch in den Städten die Toten einfach liegen zu lassen, war zu gefährlich, dass hatten auch die Alian erkannt.

Dort gab es Leichenäcker. Flächen vor der Stadt, auf denen die Toten abgeladen wurden. Dort wuchs Getreide, das zwei Mal im Jahr bei der „Leichenernte“ eingebracht wurde.

Das Totenbrot, das daraus gebacken wurde, war sehr schmackhaft. Es wurde zu Ehren der Toten verspeist, die im Laufe von drei Tagen nach der Ernte in Geschichten und Erzählungen in der Erinnerung lebendig gehalten wurden. Nach Aussage von Anaya diente das hauptsächlich den Familien und Freunden: „Den Toten sind die Geschichten schließlich egal“, hatte sie dazu schon öfter gesagt.

„Ich weiß nicht, wie groß die Halle wirklich ist, aber nachdem, was ich bis jetzt gesehen habe, vermute ich, es gibt viele Urnenwände, Wandgräber, Mausoleen, und andere Gräber auf unterschiedlichen Ebenen. Das Ganze ist für Eingeweihte leicht zu verstehen, wird aber sehr verwirrend sein, da wir uns hier nicht auskennen. Die Gräber werden nach Klan, Familie und Bedeutung sortiert. Hier oben sind die ältesten Gräber, weiter unten sind die jüngeren. Wenn wir Attravals Grab finden wollen, müssen wir zunächst seinen Klan finden.“

Als er mir das sagte, erinnerte ich mich an etwas, dass er in Kaltarra gesagt hatte: „Moment mal. Hast Du nicht gesagt, er stammte aus dem Nordreich? Müssten die Gräber seines Klans dann nicht dort liegen?“

„Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Eigentlich hast Du Recht, aber das Grab ist hier. Unsere Geschichtsbücher sind da eindeutig.“

„Wie ist denn die Geschichte von Attraval im Nordreich aufgezeichnet worden? Kannst Du uns nicht erzählen, was dort über ihn geschrieben steht?“, fragte Jiang.

„Kannst Du das im Laufen tun? Wir sind noch lange nicht am Ziel“, wandte Anaya ein.

„Gute Idee. Bleibt zumindest in der Nähe, damit ich nicht so laut schreien muss. Fackeln sind hier kein Problem, denn die Wege hier sind nicht regelmäßig, sondern dem Bedarf angepasst und immer wieder umgebaut und erweitert worden. Wir werden alle Augen brauchen, die wir haben, um zu finden, was wir suchen.

Seht euch um, schaut die Treppen runter, lest die Inschriften – sofern ihr könnt, betretet die Mausoleen. Die Suche kann Tage dauern.“

„Wir sollten nicht vergessen, dass wir Konkurrenz bei der Suche haben“, erinnerte ich die anderen.

Alle nickten.

„Gut, dann los.“

Wir teilten uns auf. Droin Jiang und die Gefangene blieben in der Mitte auf dem Weg. Anaya ging nach rechts, Phyria nach vorne, ich übernahm die linke Seite.

Die ersten Gräber waren die, einfacher Gefolgsleute, ohne dass ein Klanname dabei stand. Außerdem hatte ich Mühe, überhaupt etwas zu entziffern, weil die Inschriften in einem Dialekt verfasst waren, den ich nicht kannte. Zudem waren sie derartig verwittert, dass sie fast nicht zu erkennen waren. Während wir suchten, fasste Droin die Geschichte von Attraval für uns zusammen.

Die sieben Siegel der Dakyr - Band 3 - Attravals Grab

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