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Mary: Genug ist nie genug
ОглавлениеDie 46-jährige Mary war lange Zeit überzeugt davon, dass ihr Mann besser mit Geld umgehen könne als sie. Er zahlte alle Rechnungen und machte jedes Jahr die Steuererklärung. Doch die Verwaltung ihrer Finanzen erfüllte ihn stets mit Unruhe und Besorgnis. Sein Mantra schien zu sein: »Es ist nie genug. Es ist nie genug.« Mary gewann immer mehr das Gefühl, sie könne ihren Mann nur um Geld für das absolut Notwendige bitten, und glaubte, ihre einzige Möglichkeit, die Lage zu verbessern, bestünde darin, weniger auszugeben und eisern zu sparen. Doch schließlich entschied sich Mary nach ausführlicher Seelenerforschung dafür, wieder als Krankenschwester zu arbeiten, der Beruf, den sie ausgeübt hatte, bevor sie ihren Mann heiratete. Da Mangel an Krankenschwestern herrschte und sie in einer Stadt mit mehreren großen Krankenhäusern lebten, hatte Mary keine Schwierigkeit, eine Stellung mit guter Bezahlung und guten Sozialleistungen zu finden. Innerhalb eines Jahres begann sie, einen beträchtlichen Beitrag zum Familieneinkommen zu leisten. Das gab ihr ein gutes Gefühl, wenn sie auch die Rufbereitschaft an ihrem Job hasste. Doch trotz ihres finanziellen Beitrags fuhr ihr Mann damit fort, all ihre finanziellen Entscheidungen mit eiserner Hand zu kontrollieren.
Mary vermutete, ihr Mann lehne es unter anderem deshalb ab, die finanzielle Entscheidungsmacht, so unglücklich sie ihn offenbar auch machte, zu teilen, weil er gerade seine eigene Midlife-Crisis durchlief. Er schien deprimiert über seine beruflichen Aussichten und die Tatsache, dass er nicht den Erfolg hatte, den er sich für seine Vierziger erhofft hatte – eine Zeit, die er gern als seine »Powerjahre« bezeichnete. Er begann davon zu reden, sich frühzeitig aus dem Berufsleben zurückzuziehen, das Haus zu verkaufen und zu reisen. Mary hoffte, dass ihr Mann gerade nur durch eine schwierige Phase ging und sich bald wieder besinnen würde. Sie schlug vor, er solle sich psychotherapeutisch beraten lassen, doch er wurde wütend und erklärte ihr, mit ihm sei alles in Ordnung und er sei nicht depressiv.
Inzwischen hatte Mary dadurch, dass sie jeden Monat eine Gehaltsüberweisung heimbrachte, draußen viel mehr Spielraum, wenn auch nicht zu Hause. Nichtsdestotrotz begann sie unter einer ganzen Reihe von Gesundheitsproblemen zu leiden, beispielsweise Herzjagen, starken Hitzewallungen und Kreuzschmerzen. Daraufhin suchte Mary mich auf, und ich fragte sie nach ihren Lebensumständen.
Als sie mir darüber berichtete, gab ich ihr eine Reihe von Empfehlungen, um ihre körperlichen Symptome zu lindern. Darüber hinaus riet ich ihr aber, eine aktivere Rolle bei der Verwaltung der Familienfinanzen zu übernehmen; dem stimmte sie zu.
Als sie drei Monate später wiederkam, hatten sich viele ihrer klimakterischen Symptome gebessert. Sie berichtete, dass ihr Mann zunächst keineswegs von ihrem Wunsch begeistert war, mehr über ihre familiären Finanzen zu erfahren und ihm bei der Verwaltung ihrer Finanzen und darüber hinaus auch bei Entscheidungen über Geldausgaben zu helfen. Doch bald nachdem sie dieses Thema zum ersten Mal angeschnitten hatte, begann er, unter Brustschmerzen zu leiden, die als Angina pectoris diagnostiziert wurden.
Er erkannte, dass er, wenn er sein Leben so weiterführte, wie er es bisher getan hatte, riskierte, an einem Herzinfarkt zu sterben. Das war sein eigener Midlife-Weckruf, und dieser Alarmruf ließ ihn erkennen, dass er ebenfalls einige seiner veralteten Überzeugungen und Verhaltensweisen revidieren musste. In der Zwischenzeit unternahm Mary eigene Schritte, um ihr Wissen über Finanzen zu erweitern. Ihr neues Selbstvertrauen erzwang natürlich Veränderungen in ihrer Ehe. Sie erzählte mir, dass sie und ihr Mann ihre Übereinkunft über Geld und Hausarbeit vollständig neu ausarbeiten müssten. Es war nicht einfach. Doch mit der Zeit erkannte Marys Mann, dass es sowohl in seinem als auch in Marys Interesse lag, wenn sie sich beide gemeinsam um ihre Finanzen kümmerten und sich über die Ausgaben ihres Geldes einigten.