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Nicht unverwundbar

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Umgekehrt, und daran arbeitet er konstant und gewissenhaft, denn mit sich selbst im Reinen zu sein ist für ihn entscheidend: Seine Moral war in der Vergangenheit nicht unverwundbar, und es gab den einen oder anderen Riss in der mittlerweile wieder fest verschweißten Rüstung. Einen davon brachte ihm das RAAM 2012 ein, oder besser der Gegner dort, Reto Schoch. Ein chaotisches Gewirr aus Verdauungsproblemen, vermeintlichen Ungereimtheiten in der Regelauslegung des konkurrierenden Teams und, ja, schlussendlich auch einem Paar stärkerer Beine, dem in diesem verflixten Jahr nicht beizukommen war. Der kleine und drahtige Schweizer parierte unbeeindruckt, was man ihm servierte. Selbst die windverseuchten Geraden quer durch die weite Prärie konnten Christoph nicht retten. Das erwartete Heimspiel des Vorjahressiegers wurde zum Auswärtsspiel, er vom Favoriten aller zum krassen Außenseiter auf der Schlussetappe. Schließlich musste er sich, sichtlich gezeichnet und heiser vom Gegenwind, mit dem zweiten Platz abfinden.

Der Gegner behielt seine Attitüde bei und erschien im blütenweißen Sponsorentrikot und wie aus dem Ei gepellt zur Siegerehrung. Christoph Strasser indes reiste heim mit mehr als einem Denkzettel. Sein Selbstvertrauen war angeknackst, seine Finger und Zehen taub und seine Beine und das Gesicht geschwollen. All das durfte so sein, eine Zeit lang, doch die Taubheit sollte bleiben, ein paar Wochen zuerst und dann ein paar Monate, so dass er nicht einmal den Schlüssel im Schloss seiner Eingangstür selbstständig umdrehen konnte, geschweige denn eine Fahrradschaltung fehlerfrei bedienen. Sein Rad, auf dem er so gelitten und gekämpft hatte, wurde nicht auf einer Sponsorengala versteigert wie im Jahr zuvor, denn das mache, wie ihm unverblümt mitgeteilt wurde, bei einem zweiten Platz keinen Sinn. Über all dem schwebte für Christoph das hämische Gesicht eines Konkurrenten, der weder Respekt noch Demut zu zeigen bereit gewesen war und dem diese Tugenden beizubringen fortan der zentrale Gedanke hinter all seinem Tun sein sollte. Das Problem nur: Gesund konnte diese Entwicklung nicht sein, weder für Christophs Kampfgeist im Rennen noch für sein Selbstbild abseits davon, denn war es erstrebenswert, selbst diese Art Mensch zu werden, nur um einen anderen damit in die Schranken zu weisen?

»Ich glaube nach wie vor, dass das RAAM 2012 abgesehen von den DNFs das Prägendste für mich war. Der Ärger, die Enttäuschung, das Gefühl, etwas verloren zu haben an jemanden, der plötzlich auftauchte und sehr schnell wieder verschwand, ohne sich in der Ultraszene wirklich Freunde zu machen, all das entfachte in mir ein neues Feuer, geschürt von einer Portion Wut im Bauch, wie ich sie ansonsten selten verspüre. In diesem Jahr hatte ich den Hauptkonkurrenten im Vorfeld unterschätzt, war mir zu sicher. Das sollte mir nie wieder passieren. Und schlussendlich kann ich mich bei Reto nur bedanken, denn ich bezweifle, dass ich damals ohne diesen Rückschlag den Ehrgeiz entwickelt hätte, das RAAM im Folgejahr unter acht Tagen zu beenden. Damals wollte ich mich für die Niederlage revanchieren, aber auf sportlich faire Art und Weise.«

1000/24: Christoph Strasser und die Jagd nach dem perfekten Tag

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