Читать книгу Die Taufe auf den Tod Christi - Claudia Matthes - Страница 79
1.5.4.3 Personale Einheitsvorstellungen
ОглавлениеWenn εἷς der Einheitsvorstellung einen personalen Akzent verleiht, so bleibt abschließend zu fragen, welche der dargelegten neutestamentlichen Einheitskonzepte personal verstanden werden und als Deutungsmuster für 3,28d dienen können: 1) Die Einheit von Gott/Vater und Christus: Von dieser besonderen Art der Einheit – oftmals ausgedrückt durch reziprokes „ἐν-Sein“ – soll auch die Einheit der Anhänger ausgehen. Jedoch findet sich dieses Konzept lediglich in den Evangelien, speziell Joh, und zudem sagt es zwar eine Einheit von Personen aus, jedoch hat diese Einheit selbst keinen personalen Charakter. 2) Die Leib-Christi-Metapher: Die Grundmetapher dieser ekklesiologischen Vorstellung des Paulus ist ein menschlicher Körper, der buchstäblich davon lebt, dass seine Glieder sich ergänzen und darin auf grundlegende Weise untereinander verbunden sind.1 3) Ein Leib mit der Prostituierten: […] ὅτι ὁ κολλώμενος τῇ πόρνῃ ἓν σῶμά ἐστιν (1Kor 6,15–17). Die auf Gen 2,24 Bezug nehmende Vorstellung, dass die Vereinigung mit einer Prostitutierten so eng verstanden wird, dass sie als ein Leib bezeichnet werden kann, hat bei Paulus ihre eigentliche Pointe darin, dass sie zur Vereinigung mit dem κύριος in Konkurrenz steht, welche als ἓν πνεῦμα bezeichnet wird. Ebenfalls beachtenswert ist, dass Paulus die Vorstellung an die Glied-am-Leib-Christi-Metapher anbindet.
Die Einzigkeits- und Einheitskonzepte des NT bewegen sich demnach – von den benannten drei Ausnahmen abgesehen – in einer apersonalen Bildwelt. Schaut man sich sodann die Einheitsmetaphern der frühen christlichen Schriften an, so findet sich auch dort eine Fülle an bildlichen Umschreibungen – die allerwenigsten jedoch sind spezifisch personal zu verstehen.2
Will man εἷς in 3,28d demnach als (männliche) Person verstehen, was die textkritischen Überlegungen als wahrscheinlich gemacht haben, so verbleiben zwei Aussagevarianten zur Wahl: 1) εἷς meint den Leib Christi. Und das in 1Kor 12 und Röm 12 ausführlich entfaltete paulinische Konzept steht hier bereits hinter der knappen Formel. Dagegen spricht m.E., dass das σῶμα Χριστοῦ dann als ἐν Χριστῷ Ἰησοῦ zu verstehen wäre und zudem das Konzept den Adressaten bekannt gewesen sein müsste, um für das Verständnis einer derartigen Verkürzung vorausgesetzt werden zu können. Wahrscheinlicher ist: 2) εἷς ist zu verstehen im Sinne von „wie ein einziger Mensch bzw. Organismus“, welcher – anders als eine sächliche, unbelebte Gruppe – mehr ist, als die bloße Summe seiner Teile, sondern (lebens-)notwendigerweise auf das Zusammenwirken aller „Beteiligten“ angewiesen ist. Hierbei handelt es sich um ein bekanntes Motiv, das sich in sämtlichen ekklesiologischen Bildern bei Paulus wiederfindet. Dies aber liegt begründet in der Taufe εἰς Χριστόν und ist zugleich aufgehoben ἐν Χριστῷ Ἰησοῦ. Dass eine Unterteilung der Gemeinde in Gruppierungen, wie sie etwa in Gal 3,28a–c aufgezählt werden, grundlegend lebenszerstörend wirken kann, wenn nicht komplett unmöglich ist, findet sich wieder in 1Kor 1,12f. Wenn dieser Mensch dort wie auch in 1Kor 12 mit Christus identifiziert wird, kann als Weiterentwicklung der hinter Gal 3,28d stehenden Tradition verstanden werden. Entsprechend entfaltet Paulus an dieser Stelle dann auch die ursprüngliche Metapher einer personalen Einheit ausführlich über dessen einzelne Glieder und deren Funktionen.