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1.5.5 Abschließende Interpretation

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Mit Blick auf die eingangs angefragten vielfältigen Beziehungen zum Kontext lässt sich Folgendes zusammenfassen: Mit πάντες γάρ […] ἐστε […] (3,26 und 3,28d) setzt Paulus einen strukturellen, aber v.a. inhaltlichen Rahmen, innerhalb dessen er den Galatern vor Augen führt, dass die freiwillige Unterwerfung auch nur eines einzelnen unter das Gesetz nicht nur seine eigene Erlösung durch Christus in Frage stellt, sondern der Konstitution der gesamten Gemeinde konträr gegenüberstehen würde. Denn sie alle, die sie ἐν Χριστῷ Ἰησοῦ glauben und εἰς Χριστὸν getauft wurden, sind auf besondere Weise an ihn und aneinander gebunden.

Es ist eine besondere Gemeinschaft, in die hinein sie mit der Taufe initiiert wurden. Es ist eine Gemeinschaft, wie sie bis heute nur schwer vorstellbar ist, denn sie lebt gerade nicht von der Gleichgestaltigkeit ihrer Mitglieder oder doch mindestens von einem gemeinsamen Streben danach, wie es alle anderen Gruppen, Stände und Vereine tun: Die Mitglieder sind gerade verschieden in (bisheriger) Religion, Volkszugehörigkeit, sozialem Stand und Geschlecht. Das einzige, was ihnen gemein ist, ist das ἐν-Χριστῷ-Ἰησοῦ-Sein, welches dann nicht nur die Bedeutung der bisherigen, das Sozialleben strukturierenden Unterscheidungen relativiert, sondern auch die dahinterstehenden Verhältnisse und Bindungen geradezu aufsprengt. Als gäbe es keinen Unterschied zwischen Juden und Heiden, müssen beide ἐν Χριστῷ glauben und εἰς Χριστὸν getauft werden. Juden und Griechen, Sklaven und Freien, Männern und Frauen wird, indem sie sich erstmals dem gleichen Ritual unterziehen, die gleiche „Behandlung“ durch Gott zuteil. Wie könnte man dann nachträglich, indem man sich als Heide beschneiden lässt, derartigen Kategorisierungen wieder Relevanz einräumen?! Die einzige – heilsnotwendige – Verhältnisbestimmung ist die Zugehörigkeit zu Christus und die Einheit untereinander. Keine Volkszugehörigkeit, kein sozialer Status, kein Geschlecht, nicht einmal die Ehe binden den einzelnen mehr als das gemeinsame υἰοὶ-θεοῦ-Sein. Die vorherige Individualität des einzelnen, welche sich auf Verhältnisbestimmungen stützt, hat in der Taufe ihre Relevanz verloren, denn es gibt niemals den einen, einzelnen Getauften, πάντες γὰρ ὑμεῖς εἷς ἐστε ἐν Χριστῷ Ἰησοῦ.

Ihre Einheit ist keinesfalls zu vergleichen oder gar zu identifizieren mit Christus, dennoch derartig grundlegend durch ihn begründet, dass Paulus sie später zu seiner σῶμα-Χριστοῦ-Metapher ausbaut. Sie wird sehr deutlich herausstellen, dass die Gleichheit coram deo nicht zu einer Einebnung jeder Art von Unterschieden geführt hat (und wohl auch nicht eschatologisch zu erwarten ist), sondern dass die funktionierende Einheit vielmehr von den unterschiedlichen χαρίσματα des einen πνεῦμα lebt.

Die Taufe auf den Tod Christi

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