Читать книгу Sehnsuchtskarussell - Cleo Maria Kretschmer - Страница 15
Оглавление29. Januar
Gestern erschien zu meiner Freude der Herr Kardinal bei mir in Dreitorenbach. Ich hätte ja niemals geglaubt, dass sich dieser prächtige Mann bei so einem wüsten Schneetreiben mit einem seiner kostbaren Silberpfeile auf diesen beschwerlichen Weg durch Täler und über die sieben Berge zu mir Landschneewittchen machen würde. Wir haben uns lange nicht gesehen, nur kurze Telefonate geführt. So kurz, dass ich schon ernsthaft zu überlegen begann, ob »Geiz ist geil« vielleicht der Wahlspruch seines Lebens ist.
Wegen seiner Katzenallergie verabreden wir uns am Marienplatz vor der Post. Hochwürden ist ein Mensch mit vielerlei Allergien. Auch auf meine Person zeigt er starke Reaktionen.
Autos kann ich nur sehr schwer auseinander halten, denn für mich spielt es keine Rolle, ob dieses Ding mit den vier Rädern von BMW, Mercedes, Porsche, Ferrari oder sonst was ist. Ich weiß ja noch nicht einmal, ob es silbergraue Ferraris überhaupt gibt. Doch das Zürcher Kennzeichen fällt mir auf.
Seine Eminenz sieht auf jeden Fall wieder atemberaubend aus. Sein trachtenartig geschnittener, dunkler langer Mantel unterstreicht seine Würde aufs Entzückendste. Um seinen Hals einen roten Missoni-Schal geschlungen, signalisiert er, dass Mars gerade auf seiner Sonne sitzt und seine Männlichkeit mehr als wach ist.
Wir gehen ins Restaurant Dolce Vita, setzen uns an einen großen runden Tisch und ich erlebe das erste große Wunder unseres Flirts. Er bestellt die Speisekarte. Eine Speisekarte, obwohl es jetzt 1.00 Uhr am Mittag ist. Er lockert also die Strenge und wünscht mit mir zu speisen.
Da sitze ich nun mit meinen Zöpfchen und bewundere ihn mit großen Augen, wie er mit völliger Hingabe die Karte studiert, und sich allen Ernstes für einen Teller Tortellini mit Tomatensoße und frischem Parmesan entscheidet. Beinahe hätte ich zu atmen vergessen.
»Und was darf es für dich sein?«, fragt er und schaut mich dabei liebevoll an.
Ja, liebevoll ist das richtige Wort. So wie ein Vater seine kleine Tochter anschaut.
»Risotto mit Steinpilzen«, kann ich nur noch hauchen. Ein dicker Kloß sitzt in meinem Hals. Hat er endlich verstanden, wie das Spiel zwischen uns geht? Er ist der Vater, den ich mir wünsche – ich will die kleine Tochter sein. Genau diese ungelebte Liebe zwischen Vater und Tochter will ich endlich erleben, damit ich erwachsen werden kann. Alles in mir verwandelt sich in ein leuchtendes Schmunzeln.
»Willst du mich nicht adoptieren?«, habe ich ihn im Café Luitpold in München gefragt, als wir uns zum ersten Mal verabredet hatten, um heiße Schokolade zu trinken. Er hat gelacht, völlig ahnungslos, wie viel Ernst für mich in diesem Wunschgedanken liegt.
Ich möchte auf deinem Schoß sitzen und dir zuhören, wie du mir das Leben und die Welt erklärst. Doch du hast etwas anderes im Sinn und willst dir so viel Mühe gar nicht geben. Ein Womanizer bist du, hat eine Freundin mir erzählt, und in der ganzen Stadt bekannt wie ein bunter Hund. Von Beruf nicht nur Verleger, sondern passionierter Frauenjäger. Doch ich bin kein Häschen, lieber Schatz, wenn dir nichts einfällt, gehst du vom Platz.