Читать книгу Sehnsuchtskarussell - Cleo Maria Kretschmer - Страница 20
Оглавление8. Februar
Der Abend mit Valentino war wirklich Movie-like. Seine Wohnung in der Maximilianstraße existiert tatsächlich, obwohl diese in Wahrheit eher in einer Seitengasse liegt. Ich bin Wassermann, Aszendent Schütze, da belegt die Großzügigkeit ein weites Feld. Auf jeden Fall ziert eines der Klingelschilder tatsächlich der betörende Name: »Valentino Grandezza«.
Um Valentino ein ganz klein bisschen zu ärgern, erlaube ich mir fünf Minuten Verspätung. Verspätung ist etwas, das es bei mir nicht gibt. Valentino weiß das, und ich sehe ihm an, dass weitere fünf Minuten das Aus für seine Fingernägel bedeutet hätten.
Zu meiner großen Überraschung ist die Wohnung gar nicht so groß und protzig, wie ich befürchtet hatte. Immer noch ist dieser leichte Gammellook in Bad und Küche festzustellen, den ich am Herrn Diplomatensohn so liebe, weil dadurch seine überzogene Divanummer erträglicher wird.
Damals, als wir uns vor Jahren zum ersten Mal begegneten, trug er hautenge weiße Lackklamotten, dazu ein noch engeres schwarz-weiß gestreiftes Seiden-T-Shirt, durch welches sich jeder einzelne seiner wohlgeformten Brust- und Bauchmuskeln eindrucksvoll abzeichnete. Zum Glück waren diese wenigstens nicht mit Preisschildern versehen.
Sein blauschwarz gefärbtes Haar war strubbelig nach oben toupiert gewesen, die leichte Aknehaut mit Make-up getarnt, die Wimpern getuscht und der volle Schmusemund mit so viel Gloss eingefettet, dass man beim Küssen sicherlich abgerutscht wäre.
Was für ein Gegensatz zu dem Bild, das er jetzt von sich entwirft.
Ein bisschen mehr Gewicht, dafür weniger Muskeln. Das steht ihm gut. Dafür macht das Gesicht einen leicht aufgebügelten Eindruck. Kein einziges Fältchen am Himmel. Na ja.
Seine Kleidung ist jetzt elegant, hat Stil, ist vom Feinsten. Richtung Landlord, passend zu seiner Einrichtung, die zwischen englischem Landgut, Pariser Boudoire, venezianischem Palazzo und Gelsenkirchener Barock changiert. Nach dem Motto: reich und schwul.
Natürlich hatte er keine Zeit gehabt einzukaufen, weil er auf einem Moderationsseminar war, vorher noch ein Shooting hatte und außerdem noch packen muss, weil Dorian, sein neuer Freund, ein Pferdetrainer aus Hamburg, überraschend eingeflogen ist und sie gleich morgen früh nach Mallorca fliegen, um dort drei bis vier Tage Honeymoon zu genießen. Ich werfe ihm einen vielsagenden Blick zu. In dieser Sekunde knallen drei Glühbirnen durch. Stromausfall.
»Hattest du mich nicht zum Essen eingeladen?«, erkundige ich mich in die angespannte Dunkelheit hinein.
Südamerikaner sind abergläubisch. Oder vielmehr: Sie kennen sich mit gewissen Kräften aus. Ich höre, wie Valentino wieder zu atmen beginnt.
»Du bist ein Hexe, Maria, eine Hexe. Das habe ich schon immer gewusst.«
Ich lache.
»Stell dir vor, neulich war ich in Berlin, da ist in dem Hotel, in dem ich gewohnt habe, bei meiner Ankunft komplett das Licht ausgefallen.«
Inzwischen hat Valentino die Sicherung gefunden und das Licht war wieder eingeschaltet. Ich blinzele ihn verführerisch an mit meinen grünen Katzenaugen und klimpere mit den Wimpern.
»Valentino, ich habe Hunger. Wo führst du mich hin???«
Längst hat er einen Tisch bestellt bei einem Edelitaliener, doch meine Gelüste gehen eher Richtung Thailand. Natürlich zaubert er, der neue Mann von Welt, sofort ein Spitzenrestaurant aus dem Zylinder, und schwärmt, während wir auf seinen Dorian warten, von seinem Plan, einen Lipizzaner für den Geliebten zu kaufen.
Dorian ist selbst ein Edelblut, das sehe ich auf den ersten Blick. Ein feiner junger Mann mit erstklassigem Benehmen und einer inneren Schönheit, die mir ein Lächeln ins Herz zaubert.
Valentino war ein wildes Pferd, und Dorian hat es gezähmt und bringt ihm jetzt langsam und geduldig all die kleinen Kunststücke bei, an denen sich die feine Gesellschaft erfreut.
Diesmal will Valentino anscheinend nichts von mir, außer mir zu zeigen: Schau her, das bin ich jetzt. Schau mal, all das gehört mir. Ich weiß gar nicht, wo ich hin soll mit all dem Geld, mit all dem Glück, mit all der Liebe.
Valentino, ich gönne es dir doch von Herzen. Pass gut auf das Glück auf und schmiede es.