Читать книгу Klausurenkurs im Sozialrecht - Constanze Janda - Страница 20

b) Verhältnismäßigkeit des Versicherungsobligatoriums

Оглавление

19

Die Pflegeversicherung verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Art. 20 Abs. 1 GG: Rechtsstaatsprinzip), wenn sie weder erforderlich noch geeignet ist, noch schließlich der erstrebte Zweck und die dafür eingesetzten Mittel in einem angemessenen Verhältnis zueinanderstehen.

Seit mehr als einem Jahrhundert[9] hat die Sozialversicherung ihre Eignung für die Bewältigung der Massenrisiken erwiesen. Sie vermag einem großen Bevölkerungsteil einen angemessenen Schutz im Falle der Verwirklichung elementarer Daseinsrisiken zu gewähren. Die Sicherung bei Pflegefällen wird in vielen Staaten durch die Sozialversicherung gewährleistet, sei es als unselbstständiger Teil des Gesundheitswesens, sei es als eigener Leistungszweig oder als eine im Zusammenhang mit dem Alter stehende, ergänzende Sicherung.[10]

In der Vergangenheit zeigte sich, dass die Bereitschaft zur freiwilligen Vorsorge für das Risiko der Pflegebedürftigkeit nicht bestand. Vor Einführung der Pflegeversicherung war die Mehrzahl der Pflegebedürftigen deshalb auf die Sozialhilfe angewiesen.[11] Aufgrund der Subsidiarität der Sozialhilfe hatten pflegebedürftige Personen zudem zunächst das eigene Vermögen aufzubrauchen und Unterhaltsansprüche gegen Verwandte in gerader Linie geltend zu machen. Pflegebedürftigkeit erwies sich damit als spezifisches Armutsrisiko. Durch die Sozialversicherung Vorsorge auch für die nicht akut vom Pflegerisiko Betroffenen zu schaffen, war demnach statthaft, weil nur so eine hinreichend leistungsfähige Solidargemeinschaft gebildet werden konnte, die den Schutz der Pflegebedürftigen zu bezahlbaren Beiträgen sichert. Vergleichsweise niedrige Beiträge für möglichst viele Menschen verbürgen den Schutz für ein Risiko, dessen Eintritt regelmäßig mit erheblichen Folgen für den Einzelnen wie die staatliche Gemeinschaft verbunden ist.

20

Die Art und Weise der Ausgestaltung des Versicherungsobligatoriums ist vom traditionell weiten sozialpolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt. Da die Versicherungsprämien im Vergleich zu den hohen Kosten eines Pflegefalls niedrig sind, ist schließlich auch die Angemessenheit im Einzelfall gewahrt.[12]

Die Regelung ist daher formell und materiell verfassungskonform. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Einbeziehung freiwillig privat gegen Krankheit Versicherter sind nicht begründet.

Klausurenkurs im Sozialrecht

Подняться наверх