Читать книгу Der Tote vom Oberhaus - Dagmar Isabell Schmidbauer - Страница 8
ОглавлениеAls Franziska auf der Straße stand und in ihrer Tasche nach dem Autoschlüssel kramte, war sie aufgewühlt von Walters Berührungen, verärgert über die Störung durch den Anruf, aber auch neugierig auf den neuen Fall.
Jahrelang hatte sie geglaubt, berufliches Fortkommen und der Mann fürs Leben ließen sich einfach nicht miteinander vereinbaren. Doch dann war der Bühnenbildner in ihr Leben getreten, hatte sie umworben und nicht mehr locker gelassen, bis sie endlich einem Treffen zugestimmt hatte.
Per SMS hatte er ihr damals eine gute Nacht gewünscht und dann mit seiner Schilderung aller möglichen Liebesszenen dafür gesorgt, dass sie nicht einschlafen konnte. Er hatte sich nach ihrem Beruf erkundigt, um lakonisch festzustellen, dass sie viel zu schade für diesen Job war und doch endlich seine Muse werden sollte. Als mögliche Treffpunkte hatte er die verrücktesten Orte vorgeschlagen, und wenn sie dann absagen musste, hatte er geseufzt und gemeint, er würde, wenn das so weiter ginge, noch impotent werden. Franziska hatte diese Zeit genossen und langsam eingesehen, dass sie für ihn keine schnelle Eroberung war, sondern eine Frau, für die er sich etwas einfallen ließ. Schließlich hatte sie ihr Herz in die Hände genommen und sich weich und voller Hormone auf das Abenteuer Walter Froschhammer eingelassen.
Und dann musste, ausgerechnet im allerschönsten Moment, dieses verdammte Handy klingeln. Als ob man ihr diesen Abend nicht gönnen wollte. Als ob das alles, verdammt noch mal, nicht warten konnte!
Aber natürlich konnte sie sich nicht drücken. Sie liebte ihren Job und sie musste sich beeilen, denn Hannes dachte ja, sie sei im Museum für Moderne Kunst. Von der Veste Oberhaus, die weit über der Stadt Passau emporragte, war das Museum praktisch einsehbar, und dieser Umstand sorgte dafür, dass Franziska noch einen Zahn zulegte. Versuchte sie selbst auch das Gerede der Leute zu ignorieren, so wollte sie auf gar keinen Fall, dass Hannes erfuhr, wo sie bei seinem Anruf gewesen war. Er war mehr als nur ihr Kollege. Aber das mit Walter war privat, und Privates ging Hannes nun mal nichts an, beschloss sie, während sie auf der Angerstraße an der Donau entlang fuhr. Zum Glück hatte sich der Berufsverkehr bereits beruhigt, und so kam sie relativ schnell voran, bog nach dem Tunnel zweimal links, dann scharf rechts in die Ferdinand-Wagner-Straße ein und gelangte über die Versorgungsstraße auf den Burghof, wo sie hinter dem Fahrzeug der Kriminaltechnik parkte. Der Porsche vom Chef war noch nirgends zu sehen.
Erst als sie über den Burghof ging, erkannte sie, dass sie, nach allem, was sie für diesen Abend geplant hatte, nicht für die Begehung eines Tatortes angezogen war. Das musste auch der Streifenbeamte am Eingangstor bemerkt haben, denn er musterte sie ungeniert und schenkte ihr dann ein süffisantes Lächeln.
„Durch das nächste Tor in den inneren Burghof und dann am Brunnen vorbei. Dort wartet Ihr Kollege Obermüller.“
Franziska nickte und ging in die Richtung, in die sein Finger zeigte. Im Burghof parkten ein weiteres Fahrzeug der Kriminaltechnik und ein Rettungswagen. Als sie durch die Fensterscheibe ins Fahrzeuginnere des Kriminaltechnikwagens blickte, erkannte sie an ihrem Spiegelbild, dass ihr Kleid nicht richtig geschlossen war.
„Tut mir leid, aber Sie können nicht …“ Obermüller tat, als habe er sie nicht gleich erkannt, und grinste anzüglich. „Wird in deinem Kleid vielleicht ein bisschen kalt da unten“, gab er schließlich zu bedenken und reichte Franziska die Hand.
„Danke für den Tipp!“ Franziska versuchte es mit einem Lächeln. „Wo liegt er?“
„Komm mit, ich zeig‘s dir.“Mit schnellen Schritten stürmte Obermüller die Stufen hinunter, und Franziska hatte Mühe, ihm zu folgen.
„Franziska ist da“, rief Obermüller übertrieben geschäftig, woraufhin Hannes im Türrahmen erschien und sie abschätzend betrachtete.
„Du hast da was“, sagte der statt einer Begrüßung trocken und wischte mit dem Finger über einen Punkt unterhalb ihres Schlüsselbeines.
Franziska versuchte seinem Blick zu folgen.
„Farbe“, entschied Hannes, nachdem er seinen Finger inspiziert hatte. „Hast du nicht gesagt, du warst bei einer Ausstellung?“
„Ja. War ich auch.“
„Komisch. Ich dachte immer, bei einer Ausstellung sind die Bilder bereits fertig.“ Der junge Kommissar machte ein nachdenkliches Gesicht.
„Nicht immer“, wich Franziska aus und versuchte es mit einem gewinnenden Lächeln. „Bist du schon lange hier?“
„Seit einer dreiviertel Stunde.“
„Aha. Dann kannst du mir doch bestimmt schon etwas über den Toten sagen?“ „Ähm, ja.“ Hannes schaute ein letztes Mal irritiert auf ihr Schlüsselbein und wandte sich dann abrupt ab, um mit einem großen Schritt über die Blutlache zu steigen, die sich von der Mitte des Raums bis zum Türrahmen gebildet hatte. Franziska betrachtete den bereits geronnenen, dunkel verfärbten Fleck, der sich auf dem Eichenholzparkett gebildet hatte, und tat es Hannes gleich.
An einer Wand des Raums stand ein Gerüst für die bereits anskizzierten Malerarbeiten, auf dem Boden lagen einige verpackte Gegenstände, die Franziska nicht gleich erkannte. Das kann warten, dachte sie, denn erst wollte sie die Kollegen begrüßen und Näheres von ihnen erfahren. Sie schickte eine Begrüßung in den Raum und drehte sich dann zu Hannes um, der vor dem Toten stehen geblieben war.
„Der Mann heißt Xaver Mautzenbacher und ist zweiundvierzig Jahre alt. Als er gefunden wurde, hatte er seinen Ausweis, eine Kreditkarte, zwanzigtausend Euro Bargeld sowie eine Rolex und einen Schlüsselbund bei sich“, begann Hannes die wichtigsten Fakten aufzuzählen, während Franziska erstmals in das bleiche Gesicht des toten Mannes blickte.
Seine Augen waren geschlossen, der Mund dagegen geöffnet, wie bei jemandem, der auf einer langen Busfahrt eingeschlafen ist. Die Haut schien bereits ein wenig wächsern. Er lag in einer Embryo ähnlichen Stellung ein Stück von der Wand entfernt, wobei die Blutspur zeigte, dass er nicht von Anfang an dort gelegen haben konnte. Neben ihm auf dem Boden lag ein zur Hose passendes dunkles Jackett. Der Tote trug ein Hemd, das einmal weiß gewesen war, eine Krawatte und schwarze Schuhe. Das Hemd war blutgetränkt und so weit aufgerissen, dass Franziska die klaffende Wunde am Bauch mühelos sehen konnte.
„Er muss halb sitzend hinter der Tür gekauert haben“, erklärte Hannes die Position und Lage der Leiche und fing Franziskas fragenden Blick auf. „Die Kollegen mussten ihn zur Seite schieben, um die Tür zu öffnen. Anni hat auch schon eine Theorie.“
Als Annemarie Michl, die Chefin der Kriminaltechnik, ihren Namen hörte, sah sie vom Boden auf, und als sie Franziska erkannte, ließ sie von ihren Fundstücken ab, erhob sich und kam auf sie zu.
„Den Blutspuren zufolge muss er sich an der Tür angelehnt haben, daraus schließe ich, dass er ursprünglich davor saß.“ Franziska fixierte die Blutlache, über die sie beim Eintreten gestiegen war, anschließend den Toten. So wie er jetzt dalag, hätte sie sich nie bilden können.
„Hast du schon eine Vorstellung davon, wie es passiert ist?“, fragte sie die Kollegin und sah sich weiter im Raum um.
„Mit dieser Prunkpartisane.“ Annemarie ging zurück zu der Stelle, an der sie gerade gearbeitet hatte, bückte sich und hob eine in Plastikfolie gewickelte altertümliche Waffe in die Höhe. „Hier!“ Sie reichte Franziska eine Lanze, die diese an der langen dunklen Holzstange, an der eine Blattklinge befestigt war, ergriff. „Er muss sie sich aus dem Bauch gerissen haben und ist dann auf allen Vieren zur Tür gekrochen, konnte sie aber nicht öffnen.“
Franziska betrachtete die Waffe näher und blickte dann fragend Annemarie an.
„Wie sagtest du, heißt das Ding?“
„Prunkpartisane. Stammt aus dem Jahre 1689. Im Mittelalter nannte man die Dinger auch Stoßlanze, und als solche muss sie der Täter auch verwendet haben. Geführt wurden sie von der Leibgarde des Fürstbischofs.“
Die Kommissarin nickte anerkennend. „Was du alles weißt, Anni!“
„Da drüben hängt noch eine alte Tafel mit einer Abbildung der Partisane und einer Beschreibung“, gab Annemarie unumwunden zu. Mit der Waffe in der Hand beugte sich Franziska über den Toten. Sein Gesicht war entspannt, und wenn sie nicht besser über diesen Umstand Bescheid gewusst hätte, hätte sie gedacht, er habe im Sterben noch genug Zeit gefunden, um einen letzten zufriedenen Blick auf sein Leben zu werfen.
Als sie wieder aufsah, stand der Notarzt neben ihr. Er hatte seinen Koffer gepackt, seine Arbeit war getan.
„Ah, Dr. Buchner. Sagen sie, woran ist der Mann Ihrer Meinung nach gestorben?“ Konzentriert fokussierte sie den Mediziner. Buchner war ein routinierter Notarzt, der schon viel gesehen und erlebt hatte. Manches hatte Spuren in seinem gütigen Gesicht hinterlassen. Ihr gefiel seine bedachtsame, freundliche Art, die er niemals ablegte, auch dann nicht, wenn es richtig schlimm wurde. Die Kommissarin vertraute ihm und seinem Urteil vollkommen.
„Ich denke, er ist verblutet. Zumindest sieht es danach aus. Aber Näheres können …“
„… die Kollegen in der Rechtsmedizin in München besser beurteilen. Ich weiß.“ Franziska nickte. „Trotzdem wüsste ich gern, was Sie darüber denken. Sie wissen doch, ich schätze Ihre Meinung.“ Sie schenkte ihm ein aufforderndes Lächeln und fügte verschwörerisch hinzu: „Bis die in München fertig sind …“ Sie beendete den Satz absichtlich nicht. Mit Erfolg: Geschmeichelt erwiderte Buchner ihr Lächeln und setzte zu einer Erklärung an.
„Ich würde Folgendes vermuten: Die Blattspitze ist oberhalb des Nabels in den Bauch eingedrungen und hat spätestens beim Herausziehen die Aorta aufgerissen.“
„Was soll das heißen, die Lanze ist in den Bauch eingedrungen? War es vielleicht Suizid?“
In Franziskas Stimme lag die Hoffnung auf ein schnelles Ende der Ermittlungen.
„Also, das will ich jetzt wirklich nicht entscheiden“, druckste er herum und sah Hilfe suchend zu Annemarie.
„Zumindest weist nichts auf einen Kampf hin. Die Unordnung hier scheint von den bevorstehenden Umbaumaßnahmen zu kommen. So wie der Staub, in dem sich zahlreiche Fußabdrücke verewigt haben.“ Annemarie kratzte sich müde am Kopf und stöhnte. „Nichts Eindeutiges, und vor morgen läuft da gar nichts.“
„Na, das ist doch prima“, fiel Franziska ein. „Dann können wir alle so schnell wie möglich wieder nach Hause auf unser gemütliches Sofa.“
„Ich dachte, du warst in einer Ausstellung?“, wunderte sich Hannes.
„Äh, ja, das sagt man doch so, oder?“, Franziska war genervt. Sie wollte nichts weiter als einen freien Abend für alle herausschlagen.
„Wie auch immer, vergiss deinen freien Abend!“ Annemaries Stimme duldete keinen Widerspruch.
Ohne auf Hannes und Franziska zu achten, beugte sie sich über eine Asservatenkiste und holte ein in Folie gewickeltes Handy heraus. „Sein Telefon lag direkt neben ihm, und die letzte gespeicherte Nummer ist die 110. Das war übrigens um 14 Uhr 33.“
„Er könnte es sich anders überlegt haben und wollte Hilfe holen“, spekulierte Franziska, bis ihr langsam dämmerte, dass etwas nicht stimmte. „Um 14 Uhr 33, sagst du. Und warum sind wir erst jetzt hier?“
„Er hatte keinen Empfang.“ Annemarie zeigte mit dem Kopf zur Wand. „Wir sind im Keller.“
„Trotzdem, das spricht noch nicht für einen Mord“, beharrte Franziska. Sie beugte sich über die Körpermitte des Toten, um sich dessen Bauchwunde genauer ansehen zu können. „Was ist mit dem Gürtel? War der schon offen, oder habt ihr ihn geöffnet?“
Annemarie zuckte die Schultern und schaute Buchner an, der nach der Streife als Erster am Tatort angekommen war. Er nickte. „Das Hemd musste ich aufreißen. Der Gürtel dagegen war offen“, sagte er, ohne darüber zu spekulieren, welchen Sinn das machen könnte.
Franziska stöhnte resigniert und hielt die eingepackte Partisane dicht vor die klaffende Wunde. Sie versuchte sich vorzustellen, wie sie in den Bauch des Toten eingedrungen war, und bat Mona, die Szene mit der Kamera festzuhalten.
„Möchtest du mit drauf sein?“, fragte Mona und hob die Kamera weit über ihren Kopf. Mithilfe des drehbaren Displays richtete sie das Objektiv aus.
„Nein, natürlich nicht“, antwortete Franziska verwundert und sah die Kriminaltechnikerin, die gut einen Kopf kleiner als sie war, streng an.
„Gut, du hast da nämlich was.“Mona lächelte verschmitzt und deutete auf die Stelle unterhalb von Franziskas Schlüsselbein, die Hannes schon zuvor bemerkt hatte.
Als Mona mit dem Fotografieren fertig war, sah Franziska in die Runde und fragte erneut: „Also, was ist jetzt? Mord oder Suizid?“
Als niemand reagierte, mutmaßte sie weiter und merkte gar nicht, dass sie sich dabei immer weiter vom gewünschten Resultat entfernte. „Wenn ich mich töten will, indem ich mir diese Blattklinge in den Bauch stoße, dann muss ich die Holzstange ganz nah an der Metallklinge greifen.“ Sie zeigte mit leeren Händen, was sie meinte. „Und sie mir dann mit voller Wucht durch das Hemd in den Bauch stoßen.“ Sie hielt kurz inne, weil das passende Bild vor ihrem inneren Auge nicht entstehen wollte. „Wir wissen, dass Suizidenten oft davor zurückschrecken, die eigene Kleidung zu ruinieren. Warum aber öffnete er die Hose und nicht das Hemd?“
Sie sah sich um, doch keiner hatte eine Erklärung dafür.
„Und ich frage mich, wie du das machen willst. Die Holzstange ist fast zwei Meter lang und so schwer, dass du die Waffe kaum waagrecht halten kannst.“ Annemarie grinste sie frech an.
Franziska warf einen Blick auf die Statur des Toten und meinte lapidar: „Er hatte sicher mehr Kraft als ich.“
„Vielleicht hat er sie zwischen Boden und Wand geklemmt und sich dann hineingestürzt“, versuchte Hannes, eine Erklärung zu liefern. Man spürte aber, dass ihm bei dieser Überlegung nicht wohl war.
„Ja, das könnte sein“, nickte Franziska. „Aber, ob ein Mensch so kaltblütig sein kann?“
„Letztendlich wird uns diese Frage die Rechtsmedizin beantworten müssen. Nur die können anhand des Winkels sagen, ob die Spitze von unten oder von vorn eingedrungen ist. Wobei“, Anni wog die Tatwaffe erneut abschätzend in der Hand und sah sie prüfend an, „wenn er sich hineingestürzt hätte, dann müsste sich viel mehr Blut am Schaft befinden. Und“, sie zögerte, bevor sie ihre Einsicht kundtat, „wäre er dann mit der Waffe im Bauch bis zur Mitte des Raumes gegangen, hätte sie sich dort herausgerissen, auf den Boden geworfen, wäre zusammengebrochen und schließlich auf allen Vieren bis zur Tür gekrochen, nur um festzustellen, dass die verschlossen war?“
Es lag nicht unbedingt an der Schilderung, die allen den Atem verschlug. Vielmehr war es die Tatsache, dass die Tür verschlossen war. Von außen verschlossen.
Vom Täter verschlossen?
„Warum sagst du das nicht gleich?“, fragte Franziska nicht unfreundlich.
Entschuldigend hob Annemarie die Hände.
„Abwehrspuren gibt es jedenfalls nicht“, ergänzte Dr. Buchner, der mit seiner Tasche in der Hand das Gespräch verfolgt hatte.
Franziska überlegte, was diese zwei neuen Erkenntnisse zu bedeuten haben könnten. „Er hat den Täter gekannt und ist von dessen Angriff wahrscheinlich völlig überrumpelt worden.“ Sie hielt einen Moment inne. „Es könnte sogar sein, dass er sich arglos mit ihm hier getroffen hat, während der Täter alles geplant hatte und die Kaltblütigkeit besaß, sein blutendes Opfer eingesperrt zurückzulassen.“
„Vielleicht ging der Täter davon aus, dass sein Opfer Hilfe holen könnte“, versuchte es Hannes mit einer anderen Version, bis ihm auffiel, dass es noch viel perfider gewesen sein musste. „Der Täter wusste, dass es hier keinen Empfang gab. Er kannte sich aus, schließlich hatte er einen Schlüssel.“
„Wer hat ihn eigentlich gefunden?“, fragte Franziska. Sie wollte herausfinden, ob derjenige auch als Täter infrage kam.
„Die Direktorin des Museums entdeckte Blut auf dem Boden unter der Tür und rief uns an, weil sie sie nicht öffnen konnte“, wusste Hannes von den Streifenbeamten.
„Und wo ist sie jetzt?“
„In ihrem Büro. Im Gästehaus. Sie war dabei, als unsere Kollegen die Tür aufgeschoben und den Toten gefunden haben, und das ging ihr ziemlich nah.“
„Wo ist das Gästehaus?“
„Wenn du die Treppe raufgehst rechts, und dann gleich gegenüber.“
„Dann werde ich sie dort mal besuchen, vielleicht ist ihr ja sonst noch was aufgefallen“, entschied Franziska und sah Hannes an. „Wo bleibt eigentlich der Chef?“
Hannes schaute auf seine Uhr. „Er wollte so gegen acht kommen.“ Franziska versuchte, auf seine Uhr zu schielen. „Noch gut fünfzehn Minuten“, ergänzte Hannes.
Super, dachte Franziska und vergaß für einen Moment den Tatort, ich lass alles stehen und liegen und der Chef sagt einfach: Ich komme gegen acht.
„Was ist eigentlich mit dem Geld?“
Hannes nickte Annemarie zu, die den Beutel mit den zwanzigtausend Euro aus der Asservatenkiste holte und ihn in die Höhe hob. „Alles da!“
Franziska schmunzelte, als sie den überkorrekten Eifer der beiden sah. „Mich interessiert lediglich, wo ihr den gefunden habt.“ Kopfschüttelnd grinste Franziska die beiden an.
„Es war in seinem Sakko, in der Innentasche“, sagte Hannes. Franziska blickte auf das Jackett, das in einem Plastikbeutel neben dem Toten lag, und Annemarie beeilte sich zu versichern, dass das bei ihrem Eintreffen an der Stelle gelegen habe, wo die Blutspur begann, und dass Mona alles im Originalzustand fotografiert habe.
Franziska schüttelte den Kopf und stöhnte. Sie hätte gern
tief durchgeatmet, doch die Luft in diesem Raum war einfach zu stickig. Es roch nach süßem, schwerem Tod. Nichts, was sie besonders verlockend fand.
„Mir schwirrt schon der Kopf.“ Zum Zeichen, dass sie es ernst meinte, verdrehte sie die Augen.
„Wie sagtest du, heißt die Direktorin?“
„Halmgaard, Samantha Halmgaard“, las Hannes von seinen Notizen ab. Zum Dank klopfte Franziska ihm auf die Schulter und verließ den Tatort.