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Das Münsteraner Bittschriftunternehmen

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Im Jahr 1906 hatte sich in Münster um ten Hompel, mittlerweile Assessor am Landgericht, ein Kreis von Laien zusammengefunden, mit dem Ziel, eine Bittschrift an den Papst zu verfassen und diesen zur Modifikation der kirchlichen Büchergesetzgebung zu bewegen. Zum einen sollte eine von ten Hompel entworfene Petition an Pius X. (1903 – 1914) gerichtet werden, zum anderen strebte er an, die organisierten Unterzeichner mit der Görres-Gesellschaft zu fusionieren, beziehungsweise eine „Christliche Kulturgesellschaft für die Organisation des Laienapostolats im Dienste der christlichen Weltanschauung“ zu gründen, falls die gewünschte Fusion scheitern sollte.2 Hintergrund für das Bittschriftunternehmen war die Indizierung der Hauptwerke Herman Schells (1850 – 1906)3 im Dezember 1898. Der Dogmatiker wurde durch seine beiden Reformschriften „Der Katholicismus als Princip des Fortschritts“ (1897) und „Die neue Zeit und der alte Glaube“ (1898) zur Symbolfigur eines Katholizismus, der darauf drängte, kulturtragende Kraft zu sein, statt sich in ein konfessionelles Ghetto zurückzuziehen. Ähnliche Bestrebungen wurden in verschiedenen Feldern des gesellschaftlichen Lebens artikuliert: Julius Bachem (1845 – 1914) strebte eine Öffnung der Zentrumspartei an, Karl Muth (1867 – 1944) forderte und förderte eine stärkere Beteiligung der Katholiken am nationalen Kulturschaffen, Georg von Hertling (1843 – 1919) wollte das Defizit der Katholiken in den Wissenschaften überwinden. Besonders gebildete katholische Laien sehnten sich nach „Parität“ und wollten die protestantisch dominierte Gesellschaft mitgestalten. Mit diesen Integrationsbestrebungen ging eine Emanzipation vom unmittelbaren Einfluss der kirchlichen Hierarchie einher, allerdings ohne dass dem Katholizismus an sich sein gestalterisches Potenzial für die Gegenwart abgesprochen wurde.

Mit der Forderung, die katholische Buchzensur zu reformieren, und mit der Gründung einer Kulturgesellschaft traf ten Hompel den Nerv der Zeit. Bei vielen katholischen Intellektuellen galt der „Index der Verbotenen Bücher“ als Hindernis für Wissenschaften und Literatur und stand damit ihrem Bedürfnis entgegen, in diesen Bereichen die schmerzhaft empfundene „Inferiorität“ des katholischen Bevölkerungsteils zu überwinden.

Für die Unterzeichnung der Petition bemühte man sich, namhafte Repräsentanten des katholischen Deutschlands zu gewinnen, war darüber hinaus aber an einer internationalen Vernetzung interessiert. So wurde etwa über Karl Muth der Kontakt zum italienischen Autor Antonio Fogazzaro (1842 – 1911) hergestellt, dessen Roman „Il Santo“ (Der Heilige), ein internationaler Bestseller, der reformkatholische Ideen transportierte, im April 1906 auf den Index gesetzt wurde.4

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