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Übersteigerter Nationalismus und Abkehr vom Katholizismus

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Im August des Jahres 1918 wandte sich ten Hompel in einer längeren Abhandlung unter dem Titel „Quo vadis“ in der Rheinisch-Westfälischen Zeitung gegen die Friedensresolution des Reichstages, die mit Unterstützung des Zentrumsabgeordneten Matthias Erzberger vorgebracht wurde.84 Ten Hompel machte sich in seinem viel beachteten Beitrag gegen einen Artikel der Verständigung und für einen „Siegfrieden“ stark.85

Von der Zentrumspartei, der er zwar nicht angehört, aber doch nahe gestanden hatte, distanzierte sich ten Hompel im Dezember 1918, nachdem er sich mit der lokalen Parteiführung überworfen hatte, und trat vorübergehend in die Deutschnationale Volkspartei ein, die er allerdings bereits im Mai 1920 wieder verließ.86

Nach einigen Jahren ohne Parteizugehörigkeit bemühte sich ten Hompel um Aufnahme in die NSDAP, die offenbar im Herbst 1933 erfolgte.87 Über den Präsidenten der physikalisch-technischen Reichsanstalt, Johannes Stark (1874 – 1957), versuchte er die Ernennung von Graf Clemens August von Galen (1878 – 1946) zum Bischof von Münster zu verhindern. Ten Hompel drängte Stark, Hitler vor von Galen zu warnen, der sich durch seine Schrift „Die Pest des Laizismus“ disqualifiziert habe.88 „Unser Führer muss diese an Roms Terror anlehnende Schrift gelesen haben und niemals mehr wird er Galen als Bischof der ultramontanen päpstlichen Hochburg Deutschlands, hier im nordischen Rom noch dulden.“ Von Galen müsse abgelehnt, Vizekanzler Franz von Papen ausgeschaltet und ein „Märtyrer-Bischof aus der Hitlerbewegung“ ernannt werden.89

Das Engagement für seine im Jahr 1907 grundgelegte Kulturgesellschaft sah ten Hompel nun in einer Linie mit dem nationalsozialistischen „Kampfbund für deutsche Kultur“ und stilisierte sich zum Vorkämpfer gegen Ultramontanismus und „Deutschfeindlichkeit der Kurie“ im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie.90 In einer Zusammenstellung seiner schriftstellerischen Arbeiten für die Reichsschrifttumskammer klagte er: „Die Ignorierung meines Schrifttums durch den Nationalsozialismus, dem ich die Wege seit 1908 und über meine Indicierung anno 1910 hinaus ebnete, den ich bewusst vorerlebte und bei sämtlichen Hitlerwahlen zielbewusst durch m. Schrifttum unterstützte, wie Professor Dr. Stark, Hitlers rechte Hand vor der Macht-Ergreifung bezeugen wird, – ist mir vollkommen rätselhaft.“ Voller Stolz verwies er auf seine Indizierung: „Vor Rosenberg war ich der einzige indicierte Laie Deutschlands.“91

Die Abschaffung des Index erlebte ten Hompel nicht mehr. Knapp fünf Jahre nach seinem Tod am 5. Dezember 1943 erschien das römische Verzeichnis der verbotenen Bücher ein letztes Mal.92 Erst im Jahr 1966 fiel die immer stärker werdende Kritik am Index librorum prohibitorum in Rom auf fruchtbaren Boden, und die Geltung der gut 500 Jahre alten Einrichtung wurde aufgehoben.93

Schriften von Adolf ten Hompel: Das furtum usus und die Nothwendigkeit seiner Bestrafung. Göttingen 1897 – Der Verständigungszweck im Recht. Ein Versuch zur Aufdeckung rechtpsychologischer Grundlinien unter besonderer Berücksichtigung der freien Wollensbedingung und ihrer gesetzlichen Hauptfälle im Kauf auf Probe, im Vorkaufs-, Rückkaufs-, Reu-, Rücktritts-, Wahlschuld-, Wandlungs-, Einigungs- und Eintragungs-Recht. Berlin 1908 – (Zus. M. Hermann Hellraeth und Josef Plaßmann:) Indexbewegung und Kulturgesellschaft. Eine historische Darstellung auf Grund der Akten herausgegeben. Bonn 1908 – Kiefl, Commer, Schell, in: Der Tag (B) v. 19. 8. 1908 – Über den Ursprung, die Entwicklung u. Abgrenzung des Rechts. Zwei Vorträge. Münster 1909 – (U. d. Pseudonym: Athanasius:) Das Cölner Osterdienstags-Protokoll. Ein Beitrag zur Würdigung latenter Kulturgegensätze im Katholizismus der Gegenwart. Bonn 1909 – Recht, Weltanschauung u. Praxis. Vortrag, geh. auf d. Ersten Kongress d. internationalen Vereinigung für Rechts- u. Wirtschafts-Philosophie. Berlin [u. a.] [1910] – Uditore Heiner und der Antimodernisteneid. Aphorismen und Eröffnungen zu Dr. Franz Heiners Schrift über die Maßregeln Pius’ X. unter Berücksichtigung einer brieflichen Äußerung Herman Schells. Münster [1910] – Der internationale Kongreß für Rechts- und Wirtschaftsphilosophie. In: Hochland 7/II (1910), 497 – 499 – Tatsachen. Antwort auf Uditore Heiners Streitschrift. Münster 1911 – (Anonym:) Pro memoria. Ein Beitrag zur Krisis im deutschen Katholizismus. In: Die Wahrheit. Kathol. Kirchenzeitung für Deutschland. NF 1, Nr. 24 (15. September 1911), 369 – 373 – Die Verbrechens-Bekämpfung als Aufgabe des christlichen Staatswesens. Gedanken und Vorschläge zu Fiedrich Wilhelm Foersters Studie Schuld und Sühne, sowie zu Andreas Thomsens Grundriß des deutschen Verbrechens-Bekämpfungs-Rechtes. Ein Beitrag auch zur Reform des Strafrechts. Münster 1912 – Recht, Kunst, Moral und Sittlichkeitsverbrechen. In: Hochland 10/II (1912), 346 – 353 – Die Ausschaltung der kirchlichen Büchergesetzgebung für Deutschland: Eine Folgerung aus den gegen das Privilegium Fori anerkannten Rechtsgrundsätzen. In: Der Tag (B) v. 29. 3. 1912 – Die Kernfrage im Gewerkschafts-Streit. Die praktische Unmöglichkeit des scholastischen Systems & seine Opfer. In: Frankfurter Zeitung Nr. 41 v. 8. 3. 1914 – Nachspiel zum katholischen Gewerkschafts-Streit. In: Die Christliche Welt. Evangelisches Gemeindeblatt für Gebildete aller Stände 28, Nr. 18 (30. 4. 1914), 422 – 428 – Angelsachsen-Trust. Zur Würdigung geschichtlicher Wahrheiten und imperialer Bestrebungen im Weltkrieg. In: Hochland 13/I (1915), 342 – 352 – Das Völkerrecht im Weltgericht des Weltkrieges. In: Deutsche Richterzeitung 8, Nr. 5/6 (1. März 1916), 157 – 161 – Quo vadis? Die Friedensbotschaft des Reichsboten und ihre Begleit-Erscheinungen. In: Rheinisch Westfälische Zeitung Nr. 643, 646, 649, 652 v. 14. – 17. 8. 1917 – Schicksalsfragen: Valuta-Musik & Börsen-Veits-Tanz. In: Münsterischer Anzeiger Nr. 41 v. 26. 1. 1921 – (U. d. Pseudonym Hermann Wahroder:): Sturmflut. Schicksalstragödie eines Volkes. Regensburg und Leipzig. [1923?] – (U. d. Pseudonym: Athanasius:) Die Seelennot eines bedrängten Volkes. Von der nationalen zur religiösen Unterdrückung in Südtirol. Nach authentischen Dokumenten. Innsbruck 1927.

Sekundärliteratur: Jan Dirk Busemann: „Diese Laien aus Münster!“ – Adolf ten Hompels Index-Liga und Kulturgesellschaft. In: Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte 28 (2009) [In Vorbereitung] – Karl Hausberger: Herman Schell (1850 – 1906). Ein Theologenschicksal im Bannkreis der Modernismuskontroverse. Regensburg 1999, 407 – 414 – Norbert Trippen: Kirche und Lehramt im Konflikt. Die kirchlichen Maßnahmen gegen den Modernismus im Jahre 1907 und ihre Auswirkungen in Deutschland. Freiburg i. Br. u. a. 1977, 51 – 67 – ders.: „Zwischen Zuversicht und Mutlosigkeit“. Die Görres-Gesellschaft in der Modernismuskrise 1907 – 1914. In: Saeculum 30 (1979), 280 – 291 – Manfred Wolf: Nachlässe aus Politik und Verwaltung (Das Nordrhein-Westfälische Staatsarchiv Münster und seine Bestände 3). Münster 1982, 153 – 161 – Wer ist’s? Unsere Zeitgenossen, hrsg. v. Hermann A. L. Degener. Berlin 101935, 716.

Eigensinn und Bindung

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