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b) Vertrag

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Im Hinblick auf die Auslegung des Begriffs des Vertrags muss das zuvor Gesagte ebenso gelten.[81] Die bisherigen Verordnungs- und Richtlinientexte, die den Begriff des „Vertrags“ auf europäischer Ebene zum Gegenstand haben, enthalten weder entsprechende Definitionen noch eine klare Abgrenzung. In der Rom-I-Verordnung etwa ist der verwandte Begriff des vertraglichen Schuldverhältnisses nicht definiert; in der Verbraucherrechte-Richtlinie fehlt ebenso ein tauglicher Anknüpfungspunkt. Der Begriff des „Vertrags“ muss jedenfalls auch fehlerhafte bzw. nichtige Vertragsverhältnisse umfassen, um diese nicht aus dem Geltungsbereich des Art. 6 Abs. 1 lit. b auszunehmen. Letzteres würde zu unbefriedigenden Ergebnissen führen, da der Verantwortliche etwa bei einer ex-tunc-Nichtigkeit eines Vertrages plötzlich seiner Erlaubnis für die Verarbeitung in der Vergangenheit beraubt wäre. Ob in einem solchen Fall – z.B. der Anfechtung wegen Irrtums – eine Verarbeitung alternativ auf ein berechtigtes Interesse des Verantwortlichen nach Art. 6 Abs. 1 lit. f gestützt werden könnte, wäre dann wiederum Frage des Einzelfalls und würde den Verantwortlichen unverschuldet dem Risiko aussetzen, personenbezogene Daten ohne entsprechende Erlaubnis verarbeitet zu haben, selbst wenn der Betroffene selbst Anlass dafür gegeben hat, dass der Verantwortliche diese Verarbeitung vorgenommen hat.[82]

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Bereits hieran wird deutlich, dass eine trennscharfe Unterscheidung zwischen Vertrag, quasivertraglichen oder vertragsähnlichen Schuldverhältnissen nicht zielführend ist. Um unter dem Gesichtspunkt der ratio des Erlaubnistatbestandes eine Datenverarbeitung zu ermöglichen, die primär im Interesse des Betroffenen ist, dürften wohl auch vorvertragliche und vertragsähnliche Schuldverhältnisse unter dem Begriff des Vertrags zu subsumieren sein.[83] Eine solche weite Auslegung ist auch im Interesse des Betroffenen, sichert sie doch eine enge Zweckbindung bei der folgenden Verarbeitung, und steht in Einklang mit Art. 6 Abs. 1 lit. b Alt. 2. Bestimmte Vertragstypen setzen bereits im Rahmen vorvertraglicher Verhandlungen umfassende Informationspflichten voraus. Hierfür sind in der Regel Daten des Vertragspartners zu erheben und zu verarbeiten, um die Informationspflichten tatsächlich erfüllen zu können. Würde ein solches vorvertragliches Schuldverhältnis nicht unter dem Begriff des Vertrages bzw. die der vorvertraglichen Maßnahme eingeordnet, müsste der Verantwortliche entweder das Risiko eingehen, dass eine solche Erfüllung gesetzlicher Informationspflichten, die primär in seinem eigenen Interesse erfolgt, einer Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f genügt oder die Einwilligung des Betroffenen einholen. Beides würde dem Interesse der Parteien des Vertrags zuwiderlaufen, einen möglichst unkomplizierten und transparenten Vertragsschluss herbeizuführen.[84] Ebenso spricht in systematischer Hinsicht für eine weite Auslegung des Vertragsbegriffs, dass der europäische Gesetzgeber in der Rom I-VO vorvertragliche Schuldverhältnisse in Art. 1 Abs. 2 lit. i Rom I-VO ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen hat. Eine solche Ausnahme fehlt in der DS-GVO; im Gegenteil sind vorvertragliche Maßnahmen vom Wortlaut ausdrücklich erfasst.

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Ferner dürften unter den Begriff des Vertrages auch solche Verträge fallen, die nicht zwischen zwei natürlichen Personen abgeschlossen werden, sondern zwischen Unternehmen oder Verbänden, die die Betroffenen selbst vertreten bzw. eine Regelung zu Gunsten des oder der Betroffenen abschließen sowie Auslobungen und ähnliche einseitige Rechtsgeschäfte,[85] außerdem auch die Geschäftsführung ohne Auftrag,[86] Verträge zu Gunsten Dritter u.a. (s.u. Rn. 56 sowie 65).

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