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Todeswahl
ОглавлениеHerr Yi saß im breiten Sessel hinter seinem Arbeitstisch, während Moureu in der Ecke im Schatten an der Wand lehnte und aus dem Fenster schaute. Zwei Männer und eine Frau kamen in den Raum, die Männer drehten sich wortlos um und verschwanden. Die Frau stand gelassen und mit hocherhobenem Kopf in der Mitte des Raumes, ihr Blick war geradeaus auf den Herrn Yi gerichtet. Sie schaute durch ihn hindurch, in die Ferne, in den Nebel der Zeit. Sie trug Jeans, ein dunkelblaues Sweatshirt und Ledermokassins, weder Schmuck noch eine Uhr. In der linken Hand hielt sie eine schwarze Kartonmappe.
»Gib mir die Mappe!«, befahl Herr Yi barsch.
Sie lief mit entschlossenem Schritt auf den Tisch zu. Von der Seite sah Moureu die Umrisse der Muskel ihrer Oberarme und Oberschenkel. Durchtrainiert, stellte Moureu fest. Stolz, hart. Zu hart. Verbissen. Gefährlich! Nein, sie glich eher einem eingesperrten Wildtier. Nein, eher einem freigekommenen Raubtier, sogar für ihn wäre sie eindeutig gefährlich, war ihm sicherlich haushoch überlegen. Die Frau legte die Mappe vorsichtig auf den Tisch und lief unbewusst militärisch rückwärts bis zur Mitte des Raumes. Moureu bemerkte, sie hielt die rechte Schulter etwas höher. Bestimmt eine Verletzung vom Kampf. Herr Yi nahm die Mappe an sich, machte sie auf und fing an zu lesen. Eigentlich, er tat es nur so, wusste genau wie er vorgehen soll. Moureu hat es ihm vor dem Eintreffen der Frau erklärt.
»Hmmm. Mal sehen, wie gut du wirklich bist. Ich habe gleich eine Aufgabe für dich, Arbeit. Bringe ihn um, er ist ein Verräter, steht mir schon lange im Weg«, sagte Herr Yi und zeigte mit dem Finger auf Moureu. Es war wohl eindeutig, falls Herr Yi jemanden loswerden wollte, dann bestimmt nicht auf diese Art, in diesem Raum, und dann noch von einer fremden Person. Sie sollte verwirrt werden, um eine Reaktion herauszulocken.
Die Frau drehte den Kopf, schaute sich Moureu oberflächlich an, welcher gestellt erschrak, dann wieder den Herrn Yi. Mit klarer Stimme erwiderte sie schlicht:
»Nein.«
Herr Yi brauste auf und zischte sie an:
»Das ist ein Befehl! Zeige was du kannst, sonst kann ich dir nicht helfen.«
»Er hat mir nichts getan, machen sie es selbst. Ich habe mit ihm nichts zu tun«, antwortet die Frau gelassen.
»Wenn das so ist, dann kann ich dich nicht gebrauchen. Ich kann dir nicht helfen, mache was du willst. Deine Familie und alle die dir lieb sind werden wegen des Kopfgeldes sterben«, erklärte ihr Herr Yi die Lage, fuhr langsam fort. »Du kannst nicht zurück. Bringe dich am besten selbst um, dann ist die Sache erledigt und deine Familie wird in Ruhe gelassen. Du bist kein gutes Kind. Spring aus dem Fenster, morgen wird es in allen Zeitungen stehen. Alle werden es erfahren und deine Familie wird der Rache verschont.«
Die Frau machte die Augen zu und dachte nach. Es ist wahr, jedes Wort stimmte. Das wäre die beste, nein, eigentlich die einzige Lösung. Wegen ihrer Tat wird dann niemand mehr leiden müssen. Ja, der alte Mann am Tisch sprach weise. Sie könnte sich absetzen, wäre aber schnell gefunden. Der Vater könnte helfen, aber das wird herauskommen, dann wären alle dran. Wenigsten wusste niemand bis jetzt, dass sie die Tochter des Generals war. Entweder sie, oder alle. Sie machte die Augen auf und ging langsam auf die Fensterfront zu, schaute sich aus etwa zwei Meter Entfernung die Scheiben an. Sie wird das tun was ein Tiger tun würde, um seine Brut zu retten: Verfolger vom Nest ablenken. Sie schaute nach links und rechts, nach und unten, drehte sich zum Herrn Yi und sagte verdutzt:
»Die Scheiben gehen nicht auf!«
Sie hat eine sehr schnelle Auffassungsgabe, denkt logisch, hat den einzigen Weg erkannt, will ihre Familie beschützen, ist bereit ehrenhaft in den Tod zu gehen, stellte Moureu grausam fest.
»Die sollen nicht aufgehen, sonst könnte jemand rausfallen.« Zum ersten Mal, seit die Frau den Raum betreten hatte, sagte Moureu etwas.
Sie sah ihn an und fragte leicht verwirrt:
»Und wie soll ich dann runterspringen?«
»Gar nicht, das war nie notwendig gewesen«, erwiderte ihr Moureu beruhigend, ging auf den Herrn Yi und seinen Tisch zu. Nach einem kurzen Blick zur Frau nahm er die schwarze Mappe an sich und fing an zu lesen.
Ihr Name war Lin Tiao. Die Mappe enthielt ihre komplette Vergangenheit: Biografie, Krankenblatt, Ausbildungsergebnisse, geheime Beurteilungen, fast alles. Es war untertrieben was der General Chi über seine Tochter erzählte. In der Grundschule war sie keine besondere Schülerin, hatte jedoch Geschichte und Philosophie studiert, wurde sogar als die Beste des Jahrgangs ausgezeichnet. Sie war sehr sportlich, in diversen Kampfsportarten ausgebildet. Moureu gefiel es, dass sie nicht nur wie jeder Andere nur die üblichen Kampfsportarten beherrschte, sondern Shuai Jiao und San Shou. Die letzte Kampfkunst war für die Sonderkräfte üblich, Shuai-Jiao aber nicht. Das war eine alte Kriegskunst, üblicherweise nur den Männern wegen ihrer körperlichen Veranlagung und der Kraft vorbehalten: den Kriegern. Sie war die beste Shuai-Jiao Kämpferin des Landes. Bestimmt hatte der Vater es ihr beigebracht, kombinierte Moureu, ihr Vater sah selbst wie ein Ringer und Kämpfer aus. Dass die Frau Shuai-Jiao beherrschte reichte Moureu als Kampfkunst aus, beeindruckte ihn sogar. Deswegen hatte sie so viele in den USA umgebracht, stellte Moureu fest, ihr Vater hatte ihr das Leben bereits gerettet als er sie in die Künste der Ahnen einführte.
Moureu las weiter. Lin Tiao lief mehrere Abteilungen durch, entsprechende Ausbildungen, Sonderabteilungen, von welchen kein Mensch etwas wusste, nicht einmal, dass diese existierten. Sie wurde in eine Kampfmaschine verwandelt, das Werkzeug des Todes. Sie sprach perfekt Englisch, ausgezeichnetes Deutsch, Französisch, Russisch, Italienisch. Ein Sprachgenie, stellte Moureu mit Hochachtung fest. Die letzten drei Jahre war sie der Auslandsabteilung zugeteilt, begleitete diverse Regierungsdelegationen ins Ausland, Diplomaten, hochrangige Handelsvertreter. Moureu wurde bewusst, sie war nicht nur als Schutzbegleitung unterwegs, sondern eher als Aufsicht, Aufpasser, und falls etwas schief laufen sollte, auch als Vollstrecker. Sie hatte drei Belobigungen. Übersetzt hieß das, sie hatte drei Feinde des Volkes eliminiert. Wahrscheinlich noch mehr, was nicht einmal in diesem Bericht stand. Plus USA, überlegte Moureu, da kommt was zusammen. Sie hatte viel Blut geleckt, jedoch, die Gerechtigkeit blieb ihr verwehrt.
Die Beste der Besten, das las er im Bericht zwischen den Zeilen. Nun war sie eine lebendige Tote. Moureu wusste aus seiner Erfahrung, wer so viel gelernt und hinter sich gebracht hatte, dem blieb keine Zeit für etwas Anderes, keine Zeit für andere Menschen. Wahrscheinlich hatte sie noch nie einen echten Freund gehabt. Er würde Jahre, vielleicht Jahrzehnte brauchen um jemanden wie sie zu finden. General Chi tat es richtig als er sich gewagt hatte und seine Tochter gleich zu den Yis mitbrachte. Sie war eine gute Seele, die richtige Seele für die Wu, ein unerwartetes Geschenk. Sie war keine für den Verzicht, im Gegenteil. Sie war es wert, entschied sich Moureu. Mehr als das!
Moureu las zu Ende. Ihre Decknamen waren: kleiner Kampftiger, tödlicher kleiner Tiger, Todestiger, immer etwas im Zusammenhang mit dem Tiger. Die negativen Bemerkungen waren so, wie Moureu sie erwartet hatte. Sie war ein absoluter Einzelgänger, nicht teamgeeignet, dafür perfekt für die Geheimeinsätze und verdeckte Einzeloperationen. Sie reagierte auf falsche Befehle aggressiv und streitsüchtig, wobei sie letztendlich immer recht behielt. Major Lin Tiao galt als absolut loyal und nicht manipulierbar, und: Als äußerst gefährlich abgestempelt!
Moureu schloss die Mappe zu, reichte sie Herrn Yi und sagte:
»Darf ich bitten, Herr Yi, das können wir verbrennen.« Moureu schaute der jungen Frau direkt in die Augen und sagte:
»Das wird niemand mehr brauchen, niemand soll es je wieder lesen. Weißt du … wer ich bin? Was dich bei uns erwartet?«
»Nein. Nichts Schlimmeres kann mich erwarten, als das … was ich schon hinter mir habe. Oder … gerade passiert. Ich wünsche nur, dass meiner Familie nichts geschieht«, sagte die Frau mit zaghafter Stimme. In diesem Moment sah ihr Moureu an, ihre Kraft war weg, ihre Nerven waren am Ende, aber sie kämpfte noch, gab nicht auf.
»Willst du unsere Hilfe? Willst du in unserer Obhut bleiben, deinem Schicksal so entgehen? Möchtest du die Hilfe von uns, den Fremden? Oder willst du dich alleine durchschlagen?« Moureus Frage war klar und eindeutig.
Lin überlegte nur einen Augenblick. Ihr Vater hätte sie nie um sonst hierher gebrach, er wusste immer was er tat.
»Ja, ich will hier bleiben«, antwortete Lin mit geschlossenen Augen. Ich habe keine andere Wahl, ging ihr durch den Kopf.
»Dein Vater wartet in nächstem Zimmer, geh bitte zu ihm. Sprich noch einmal mit ihm. Falls du danach noch immer entschlossen bist bei uns zu bleiben, dann werden wir dir helfen. Nicht nur dir, auch deiner Familie, deinen Freunden. Sage bitte deinem Vater selbst, dass du hier bleibst. Natürlich, nur wenn du das auch wirklich möchtest. Das ist deine eigene Entscheidung. Wir wollten dich vorher nicht unter Druck setzen, mussten aber erfahren mit wem wir es zu tun haben. Du verstehst das«, sagte Moureu äußerst freundlich. »Ich werde gleich nachkommen. Gehe, sprich mit deinem Vater … und mit dir selbst.«
Die Frau drehte sich um und wandte sich der Tür zu. Dort erschien die Wache und begleitete sie zu ihrem Vater.
»Ich hoffe, du bist zufrieden?« Herrn Yi schien die Frau gefallen zu haben.
»Das wird sich noch zeigen. Was meinst du?« Moureu wollte mehr von Herrn Yis Gedanken erfahren, denn er war ein hervorragender Menschenkenner.
»Sie gefällt mir, tatsächlich. Solche Enkeltochter hätte ich gerne. Ja … Nur, sie zieht sich wie ein Mann an, wie all die anderen jungen Leute. Das gefällt mir nicht, gar nicht. Sie ist nun mal eine Frau, zudem eine extrem schöne Frau, dann sollte sie wenigstens wie eine Frau aussehen. Was unter der Oberfläche ist, bleibt trotzdem gefährlich, sie ist extrem … gut. Innerlich ist sie ein Krieger …, blutrünstiger Krieger! Ich wünsche mir keine solche Feinde!«, äußerte sich Herr Yi nachdenklich.
Moureu lachte laut kalt auf und sagte:
»Wenn das alles ist, dann werden wir einiges dagegen tun müssen!« Moureu machte eine kurze Pause. »Es ist sehr unhöflich, wenn ein Gast selbst einen Gast mitbringt. Darf ich die junge Frau heute zur Familienfeier als meinen Gast mitbringen? Vielleicht haben die Damen des Hauses etwas an passender Kleidung übrig? Dann könnte sie dir besser gefallen?«
»Bitte? Ernst gemeint? Dein Gast … als mein … unser Gast? Es wäre uns eine Ehre! Ich werde umgehend alles Notwendige veranlassen. Ich danke dir, dass wir einen Gast von dir empfangen dürfen. Danke! Endlich … Besuch von den Ahnen! Hai ya, hay oy, der Tag ist gekommen! Endlich darf ich für alle Ahnen die Wahrheit aussprechen. Ich werde es weiter geben. Danke. Hai-ya!«
Trotz seines Alters verließ Herr Yi Alters tänzelnd dem Raum. Er war der Erste in der Geschichte der Familie Yi, welcher die Ehre hatte einen Gast des Geistes zu empfangen. Das ist mein Tag, freute sich Herr Yi, Tag der Yi! Das wird folgen haben! Nun werden es alle erfahren, wem die Yi folgten.
Moureu machte die Augen zu. Es war ein schlechter Tag, eine neue Schlacht hatte begonnen. Diese Seele, an so einem Tag, das war ein sehr gutes Omen. Moureu fühlte die Kraft der Macht, etwas wollte seine Gedanken erreichen, aber es klappte nicht. Als die junge Frau den Raum betrat, diese unbekannte Lin Tiao, da spürte er ihre unheimliche Kraft. Er sah Lin von einem hellen Licht umgeben, ihre Aura war eine der hellsten die er je sah. Die Funken sprangen aus ihrer Aura in alle Richtungen. Ihr Vater hatte ebenfalls eine starke Aura gehabt, aber die Tochter! Sie glänzte wie die neue Sonne nach einer Sonnenfinsternis. Er wird sich mit den Brüdern Wu beraten, dachte Moureu weiter. Einer der Wu wird bestimmt etwas wissen, eine Prophezeiung oder ein Omen kennen. Bruder Azala? Wenn jemand etwas weiß, dann er. Bruder Azala hat ihn erst gestern unerwartet kontaktiert und darauf bestanden, dass er unbedingt am Treffen der Familie Yi teilnimmt. Moureu wollte wegen der neuen Ereignisse eigentlich gar nicht hier sein, aber Bruder Azala war überzeugend. Er ahnte etwas, stellte Moureu fest. Nein, Azala wusste es, er hatte etwas Konkretes vorausgesehen. Azala hatte sich noch nie geirrt. Moureu ging zum General.
Der General wartete alleine, seine Tochter wurde bereits abgeführt. Er sah sehr entspannt aus, obwohl in seinen Augen die Ansätze der Tränen zu bemerken waren. Er machte keine Anstalten die Tränen abzuwischen oder sie zu verstecken. Es waren stille Tränen der Erleichterung und des Glücks.
»Herr Chi, was sie getan haben ist unverzeihlich«, sagte Moureu, »aber, sie haben richtig gehandelt. Ich werde Ihre Tochter mitnehmen. Ich weiß nicht, ob Sie sie je wieder zu Gesicht bekommen werden. Ob sie die Prüfungen besteht, überlebt, wie weit sie kommen wird. Aber, ich werde für ihre Tochter alles tun was ich kann. Alles. Vergessen sie Ihre Tochter. Sie ist jetzt unsere Seele, so wie sie es selbst wollten. Sie wird nie mehr der Mensch sein den sie kennen, aber sie bleibt immer Ihre Tochter. Morgen werden sie hören, dass ihre Tochter tot vorgefunden wurde. Selbstmord. Die Feinde werden sie entsprechend in Ruhe lassen. Vielleicht sehen sie ihr Kind eines Tages doch wieder. Wenn die Macht es so will!«
»Danke Herr … ich danke Ihnen im Namen der Familie Chi. Darf ich etwas tun? Es muss doch etwas geben, was ich tun kann?« General Chi beugte sich ehrfürchtig vor Moureu.
»Ja, das können sie, General Chi, lassen sie die Familie Yi in Ruhe. Wenn sie eine Nachricht für mich haben sollten, wenden sie sich an den Herrn Yi. Oder an das nächsten Oberhaupt. Sie können mich auch über unseren gemeinsamen Freund aus Beijing erreichen. Ich werde sie eines Tages um einen Gefallen bitten, wir werden sie bitten. Jemand wird kommen und sie auffordern ihre Schuld zu begleichen. Vielleicht schon morgen, vielleicht nie. Die Schuld gegenüber den Wu besteht bis sie ausgeglichen wird, durch alle Generationen. Leben … für das Leben. Das war ihre eigene Entscheidung, sie sind jetzt im Bann der Wu«, sagte Moureu. Das war das erste Mal, dass er sich als Wu bezeichnete.
»Ja Herr … Moureu. Bis die Schuld ausgeglichen ist«, wiederholte der General, machte kurze Pause und fügte hinzu, »es ist mir eine Ehre. Es ist unsere Ehre den Wu verpflichtet zu sein, unsere Leben den Wu zu verdanken. Es ist … das meine Tochter von den Wu beachtet und beschützt wird. Ich werde da sein wenn sie mich brauchen.« Aus tiefster Überzeugung viel General Chi auf die Knie und strecke sich auf dem Boden. Nicht einmal die Androhung der Todesstrafe hätte ihn zu etwas ähnlichem gebracht, nur die unvorstellbare Macht der Rettung seines eigenen Blutes, der kleinen Lin, des lächelnden Babys in der Wiege, des kleinen Wesens in seinen Armen. Der gelittenen Lin.
»Herr Chi, sie wissen zu viel. Sie sind zwar ein Eingeweihter, einer der Wenigen, welcher ein Teil der Wahrheit kennt. Alle im Bann der Wu halten zusammen, helfen sich gegenseitig ohne jegliche Gegenleistung. Alle sind den Wu ihr Leben schuld, ihr Leben gehört den Wu. Sie werden jedem helfen, so wie sie es können, alle werden innen helfen, so wie es ihnen möglich ist. Sie werden sich schon gegenseitig erkennen. Sie werden den Yi helfen, Yi werden ihrer Familie helfen. Wenn sie Hilfe brauchen, dann wird die Familie Yi für sie da sein, wie Ihre eigene Familie, mehr als das. Wer ablehnt die Schuld gegenüber den Wu auszugleichen, der wird seine Seele verlieren, Dämonen werden seine Seele für alle Zeiten holen. Als Eingeweihter wissen sie, dies ist kein Märchen«, Moureu schaute den General fragend an. Dieser machte jedoch keinen Eindruck etwas nicht verstanden zu haben, oder weiter Fragen zu wollen. Moureu fuhr fort, »ihre Tochter … ist kein gewöhnlicher Mensch, sie ist mehr als das. Es geht sie nicht mehr an was sie ist, wo sie ist, was sie macht. Haben sie mich verstanden?«
»Ja, ich habe es verstanden«, bestätigte General Chi feierlich.
»Dann ist die Angelegenheit erledigt. General Chi, sie sind heute unangemeldet erschienen, Familie Yi hat eine Feier, daher muss ich sie jetzt bitten zu gehen«, sagte Moureu. Seine Ansprache an den General wurde höflicher, freundlicher, würdiger.
Der General beugte sich vor Moureu und wollte aus dem Raum hinaus, als er an der Tür war rief Moureu hinter ihm her.
»General Chi, noch etwas!«
General Chi blieb stehen und wartete.
»Das war richtig, das …, was sie unternommen haben. Gehen sie mit ruhigem Gewissen nach Hause. Sagen sie ihrer verehrten Frau, ihrer Tochter geht es gut. Sie ist außerhalb der Gefahr. Sie alle.« Moureu gab dem General einen Funken Beruhigung auf den Weg. »Können sie unserem gemeinsamen Freund etwas ausrichten? Dann brauche ich nicht anzurufen, er wird sie sowieso befragen was hier los war.«
»Selbstverständlich«, antwortete der General.
»Es wäre durchaus möglich, dass in den kommenden Tagen, oder Wochen, jemand, eine oder mehrere Personen in ein Konsulat, Botschaft oder ein Zentrum kommen und um Hilfe bitten. Jemand von den Unseren, vielleicht sogar wir selbst. Falls sie etwas sehen, dann dürfen sie nur zuschauen. Wir können keine aktive Hilfe annehmen. Wir dürfen niemanden einbeziehen, es wäre fatal, fatal für das ganze Volk. Niemand darf sich einmischen und kompromittiert werden. Das Feuer ist entfacht … Sagen sie ihm das.«
»Ich werde es wortwörtlich ausrichten, Herr.«
General drehte sich um, spürte den scharfen Blick vom Moureu in seinem Nacken, die letzten Worte hallten in seinen Ohren. Nur wegen jahrelanger Selbstbeherrschung schaffte er es geradeaus zu laufen.
Moureu schaute ihm nach auch als dieser aus seinem Blickfeld bereits längst verschwunden war. Etwas störte ihn an der ganzen Geschichte, er kam aber nicht dahinter was es war. Seltsam, überlegte Moureu, etwas fehlte im Puzzle.
»… verletzt (angegriffen) wird sie, die herrliche Erwählte, des Feindes Dorn, erhebt euch im Zorn …« (Verse, Chronik der Seelen)