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Refugium

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Zoran lehnte sich an die Wand am Treppenabsatz zu Hochparterre und streifte die Schuhe ab. Trotz seiner Vorsicht waren sie mit matschiger Erde verschmiert. Sein Blick fiel auf das Bild an der Wand des Hochparterreabsatzes. Dahinter war eine der Schaltungen der Alarmanlage, ein kleines Lichtchen blinkte. Das letzte Mal hat er die Alarmanlage vor über einem Jahr überholt, als er die neuesten Komponenten hinzufügte. Seit dem war sie immer an, ob er im Haus war, oder nicht. Er trug bei sich immer einen Transponder, wodurch er von der Anlage ignoriert wurde. Jede andere Person wäre sofort als Eindringling erfasst. Diese Alarmanlage war keine übliche Anlage, sie sollte ihn und das Haus beschützen, nicht nur das Haus. Mühsam lief er in den ersten Stock hoch, wo sich seine Wohnräume befanden. Heute fiel ihm das besonders schwer, die Knie taten ihm weh. Der Nacken meldete sich mit stechendem Schmerz, die Erschütterungen beim Laufen hatten immer die gleiche Wirkung: Schmerzen. Nichts Neues.

Im Flur leerte er die Taschen auf den Louis Phillippe Sekretär aus. Viel hatte er nicht dabei gehabt, nur die Taschentücher, das Messer und Holster mit der Walther PP. Früher hat er noch einen Schalldämpfer dran gehabt, das Zeug mitgeschleppt, aber das lange Ding störte ihn beim Laufen. Abgesehen davon, falls er die Waffe einmal benutzen sollte, dann wäre es egal. Ein Schalldämpfer wird keine Rolle spielen, nichts ändern, ihn nur behindern. Zigaretten hatte er absichtlich vergessen, um nicht in die Versuchung zu kommen. Draußen wird es hell, bemerkte Zoran gleichgültig. Im Wohnzimmer drückte er auf den Knopf der Zentralsteuerung, Ergebnis waren leises Summen und Knacken, nach einigen Sekunden wurde es im Wohnzimmer vollkommen dunkel. Alle Rollladen waren unten. Zoran drehte sich um, ging in die Küche, schenkte sich ein Glas Mineralwasser ein, trank es in einem Zug aus. Mit zittriger Hand stellte er das Glas neben die leere Wodkaflasche hin. Es war die Wodkawoche. Zoran lief zurück in den Flur, fing an sich im Lauf auszukleiden, ließ die Kleidung auf den Boden hinter sich fallen. Im Schlafzimmer waren die Rollläden auch schon zu, er sah nichts. Er wusste genau wo was stand, kannte die Abstände, wollte sowieso nichts mehr sehen. Im absoluten Dunkel fing er mit seinen Übungen an. Nach fast dreißig Minuten und vollkommen durchgeschwitzt ging er ins Bad. Die schwachen Sonnenstrahlen, welche aus der Küche in den Flur drangen, reichten ihm aus um sich zu orientieren. Unterwegs sammelte er seine vorher weggeworfene Kleidung ein und nahm sie mit ins Bad, stopfte in die Wäschetonne. Er putzte sich die Zähne, stieg in die Badewanne und brauste sich heiß ab, trocknete mit einem riesigen Handtuch. Das Handtuch rutschte von der Aufhängung, er fing es im Fall auf und hängte es erneut an den Haken. Dann suchte er nach seiner Zahnspange, steckte sie in den Mund und ging ins Schlafzimmer. Die Zahnspange war notwendig, im Schlaf knirschte er mit den Zähnen.

Links neben seinem Bett waren übereinander Glasablagen in die Wand eingelassen. Zoran griff nach unten, tastete nach den gestapelten Bilderrahmen welche dort lagen, wählte eins aus. Obwohl alle Fotos in gleichem Rahmen waren, hatten diese kleine Abnutzungsspuren, welche er fühlen konnte. Er wusste intuitiv welches Bild er in der Hand hielt. Den Rahmen mit dem Foto stellte er direkt in seiner Kopfnähe auf die mittlere Glasplatte hin. Wenn er aufwacht, wird dieses Foto das Erste sein was er zu Sehen bekommt. Zoran setzte sich vorsichtig hin, hob mit beiden Armen die Beine auf das Bett, streckte sich langsam aus, zog die Decke bis zum Kinn. Im Raum waren über zwanzig Grad, für ihn jedoch zu kalt. Die Hände verstrickte er über die Brust, so als ob er beten wolle.

Die Träume, verdammten Träume, wenn sie ihn nur eine Nacht in Ruhe lassen könnten, wenigstens eine Nacht! Und die wiederkehrenden Schmerzen. Er wollte nicht einschlafen, denn er wusste es besser. Wenn er aufwacht, dann wird er stundenlang Schmerzen haben, sich an die Träume erinnern … Wie jeden Tag, seit über zehn Jahren. Fast achtundvierzig Stunden hat er es geschafft nicht zu schlafen, um wenigstens so den Träumen vorläufig zu entkommen. Ganze Flasche Wodka, welche er in der Nacht davor getrunken hatte, wird ihm wenig zum ruhigen Schlaf helfen, höchstens die Schmerzen eindämmen. Die Träume werden auch diese Nacht, wie jede Nacht davor, ein Teil von ihm sein. Diesmal war er am Ende, sein Körper wollte und konnte nicht mehr, nach einigen Atemzügen schlief er ein.

Digitaler Wecker auf der Glasablage neben seinem Kopf kündigte schweigsam sieben Uhr an.

Gene des Lichts

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