Читать книгу Gene des Lichts - Day An - Страница 5

Volltreffer

Оглавление

Im Raum herrschten Stille und Dunkelheit. Gardinen waren zugezogen, Rollladen vor den Fenstern heruntergelassen, die indirekte Beleuchtung reichte nur aus, um sich zu orientieren. Obwohl das leise Summen der Belüftung zu hören war, war die Luft nicht angenehm, sie roch modrig, alt, abgestanden. Das Büro war spärlich möbliert, nur ein überdimensionierter Konferenztisch mit passenden Sesseln, dem Design nach zu urteilen, wahrscheinlich aus den sechziger Jahren. Am langen hochglanzpolierten Tisch saßen zwei Männer und eine Frau, schaute bewegungslos vor sich hin. Sie waren perfekt gekleidet, die Männer trugen teuerste maßgeschneiderte Anzüge, die Frau hatte ein Designerkostüm an. Den zwei Männern sah man an, dass sie gerade aufgestanden und noch nicht ganz wach waren. Aber die Zeit für ihr Äußeres hatten sie sich genommen, waren glatt rasiert, jedes Haar ihrer Frisuren saß einwandfrei. Die Männer dürften um die sechzig sein, wirkten jedoch viel jünger, was eindeutig an deren Schönheitsoperationen lag. Die Frau war um die vierzig, recht attraktiv und sah wesentlich natürlicher aus, als die anwesenden Männer.

Die Tür des Raumes ging geräuschlos auf, ein Mann kam herein und nahm am Kopf des langen Tisches seinen üblichen Platz. Er war über sechzig, mittleren Wuchses, von sehr gepflegter Erscheinung. Seine Haare waren dünn und schwarz, daher fiel es um so mehr auf, dass er wenige hatte. Augen waren kaum zu sehen, zusammengepresst, wirkten wie Nadelstiche. Das Atmen viel ihm schwer, wie bei einem Asthmakranken. Seiner überheblichen und theatralischen Haltung war zu entnehmen: Hier hatte er das Sagen. Die Frau stand sofort auf. schaute zuerst nach links und rechts, erst dann zu dem Mann ihr gegenüber. Sie wollte anfangen, zögerte, als ob sie Angst hätte. Abwesend richtete sie ihre langen blonden Haare mit der linken Hand, obwohl es nichts zu richten gab. Es war eine reine Verlegenheitsbewegung, denn alle Augen waren auf sie gerichtet. Die Frau hatte keine Wahl mehr, musste jetzt etwas sagen. Sie sprach sehr langsam, erst jetzt war es ihr anzusehen, dass sie sich kaum auf den Beinen halten konnte. Sie wirkte so, als ob sie seit Tagen nicht mehr geschlafen hätte. Ihre, fast schwarzen Augenringe, vermöchte nicht einmal das reichlich aufgetragene Make-up mehr abzudecken.

»Wir haben Es. Ausreichend bestätigt, wir haben die Person, welche Es hat.«

Im Raum war keine Reaktion, keine Bewegung, kein Laut zu vernehmen. Der Mann ihr gegenübersaß schloss die Augen und fragte leise:

»Tatsächlich? Bestätigt? Sind wir es diesmal sicher, Frau Groß? Haben wir die nötige Gewissheit?«

»Ja, Herr Bennstein, wir sind uns sicher. Sicherer können wir nicht sein. Es dürfte in dem Besitz dieser von uns identifizierter Person sein. Es ist bestätigt, wie erwartet, ein Mann aus dem Raster. Wir haben seine Biographie fast lückenlos nachvollzogen. Jetzt haben wir ihn. Ich würde es nicht sagen, wenn es nicht so wäre. Wir haben alles überprüft. Wir … er ist es. Er muss es sein und haben.«

Herr Bennstein stand auf, öffnete die Augen und schaute jeden einzeln am Tisch lange und eindringlich an, dann konzentrierte sich sein Blick auf Frau Groß.

»Muss er es sein, oder ist er es tatsächlich?«

Er wollte eigentlich keine Antwort mehr. Was Frau Groß gerade gesagt hatte, war eigentlich ausreichend. Aber er war es gewohnt immer und jeden zu verbessern, nutzte jede Gelegenheit dafür und genoss innerlich solche Momente.

Frau Groß nickte mit dem Kopf und antwortete, diesmal mit fester Stimme:

»Ja, er ist es. Wir wissen es schon seit einigen Tagen. In der Nacht kam die endgültige Bestätigung. In diesem Augenblick wird er observiert, erste visuelle Daten und Aufnahmen werden in Kurze vorliegen«, sagte Frau Groß.

»Ihr wisst, was dann zu tun ist. Dann tun Sie es«, zischte Herr Bennstein. Ohne sich zu verabschieden, drehte er sich langsam um, ging zur Tür, öffnete diese mit schwerer Bewegung und verschwand aus dem Raum. Die Tür ließ er offen.

Kälte breitete sich aus, nicht weil die Tür offen stand, sondern wegen der Stimmung, welche Herr Bennstein im Raum hinterlassen hatte.

Frau Groß setzte sich hin, fing an leicht zu zittern und sprach wie in Trance zu den zwei anwesenden Herren:

»Wir wissen was wir zu tun haben. Ich werde umgehend alle benachrichtigen. Herr Bennstein wird heute in Frankfurt um achtzehn Uhr die Versammlung führen. Organisieren Sie bitte Ihre Flüge. Heute müssen alle hin.« Ihre Stimme brach ab.

Die Männer standen ohne zu zögern auf und verließen zügig und ohne sich zu verabschieden wortlos den Raum. Die alleingelassene Frau lehnte sich im Sessel zurück, zog mit den Fußspitzen ihre Schuhe aus, knöpfte die Jacke auf, legte die Hände kraftlos in den Schoß und fing an lautlos zu weinen. Ihr schönes Gesicht wurde von tiefgründigen Gedanken verzerrt.

Die alte runde Bahnhofsuhr an der Wand zeigte genau 6 Uhr 30 an.

Gene des Lichts

Подняться наверх