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5. Nötigungsziel: Vermögensschaden
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Im Gegensatz zur Nötigung erfordert der Erpressungstatbestand jedoch ein besonderes Nötigungsziel und weist somit einen konkreten Vermögensbezug auf: Erforderlich ist nämlich, dass durch die Nötigung dem Vermögen des Genötigten (oder eines anderen) ein Nachteil zugefügt wurde. Hier sind Parallelen zur Vermögensbeschädigung beim Betrug, § 263 StGB, und dem Nachteil bei der Untreue, § 266 StGB, erkennbar. Die Begriffe decken sich hier weitgehend.[174] Entscheidend ist, dass sich die Vermögenslage des Opfers nach der Tat unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten als ungünstiger erweist als vorher. Da es sich bei § 253 StGB um ein Vermögensdelikt handelt, kommt es nicht auf das Abhandenkommen einzelner Sachen (im Sinne von körperlichen Gegenständen), sondern auf die Vermögenslage als Ganzes an. Insoweit kann auch bei der Erpressung die Vermögensminderung durch einen anderweitigen Vermögenszufluss im Wege der Gesamtsaldierung ausgeglichen werden.[175] Dies kann z.B. dann der Fall sein, wenn das Opfer durch Drohungen dazu genötigt wird, einen bestimmten Gegenstand zu kaufen, der sein Geld wert und für das Opfer auch nicht ganz unbrauchbar ist.[176]
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Gegenleistungen, die der Täter erbringt, stellen keinen saldierungsfähigen Vorteil für das Opfer dar, wenn der Täter zu einem entsprechenden Verhalten auch ohne Gegenleistung verpflichtet gewesen wäre. Wer also dem Opfer einen wertvollen Gegenstand (z.B. ein Kunstwerk) entwendet und diesen Gegenstand dem Opfer später gegen ein „Lösegeld“ zum Rückkauf anbietet, verbunden mit der Drohung, den Gegenstand andernfalls zu vernichten, begeht eine Erpressung, auch wenn der Gegenstand wesentlich mehr wert ist, als das erpresste „Lösegeld“.[177] Denn der Täter ist nach §§ 861, 985 BGB zur sofortigen unentgeltlichen Rückgabe des Gegenstandes verpflichtet (genau betrachtet liegt hier allerdings eine Einschränkung der wirtschaftlich-objektiven Betrachtung des Vermögens durch rechtliche Erwägungen vor!). Zweifelhaft ist, inwieweit dies auch bei der Rückgabe einer zuvor entwendeten Sache an eine Versicherung gilt, um einen von der Versicherung ausgelobten Betrag zu erlangen. Mit der Auslobung eines Betrages, der auch dem Dieb zugutekommen soll, bewegt sich die Versicherung nämlich am Rande des § 257 StGB. Eine Auslobung, die auf den Dieb zielt, ist normalerweise zwar keine wirklich freiwillige Leistung, doch ist eine Erpressung deshalb zweifelhaft, weil die Initiative zur Zahlung in diesen Fällen vom Opfer, d.h. der Versicherung ausgeht.
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Die Einschränkung des Vermögensschadens auf rechtlich geschütztes Vermögen hat zur Folge, dass eine Ganovenerpressung mit dem Ziel, eine Beuteteilung, eine Schmiergeldzahlung oder ähnliche auf Straftaten beruhende Vereinbarungen durchzusetzen, nicht unter § 253 StGB fällt. So führte der BGH aus, dass „bei der gebotenen wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung mit zu berücksichtigen“ sei, dass der Vermögenszufluss beim unter Druck gesetzten Komplizen von vornherein mit dem Teilungs- oder Schmiergeldversprechen belastet sei.[178] Andererseits ist zu berücksichtigen, dass auch ein Vermögensgegenstand, der illegal erlangt wurde oder der von der Rechtsordnung nicht toleriert wird, einen Vermögenswert darstellen und daher Objekt einer Erpressung sein kann: Wer einen anderen dazu nötigt, von diesem illegal erlangte oder illegal besessene Betäubungsmittel oder kinderpornographische Darstellungen herauszugeben, kann sich daher wegen einer Erpressung strafbar machen, auch wenn die genannten Gegenstände rechtlich nicht verkehrsfähig sind.[179] An einem Vermögensschaden fehlt es auch dann, wenn eine Geldübergabe im Rahmen einer Erpressung von der Polizei überwacht wird, sodass dem Täter keine Möglichkeit bleibt, mit dem Geld zu entkommen.[180] Hier liegt lediglich ein Versuch vor.
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Erpresst der Täter vom Opfer eine Bankkarte samt dazugehöriger PIN[181]oder die Nennung der Tresorkombination, so kann dies zwar bereits einen Vermögensschaden darstellen, sofern mit wirtschaftlichen Nachteilen jedenfalls ernstlich zu rechnen ist,[182] im Hinblick auf eine räuberische Erpressung fehlt es in diesen Fällen aber, wie bereits oben angesprochen, an der Unmittelbarkeit der angestrebten Bereicherung, da der Täter diese erst durch eine weitere deliktische Tat erreichen will (Computerbetrug durch Abheben des Geldes, Diebstahl oder Raub beim „Leerräumen“ des Tresors, wenn Gewalt oder Drohung noch fortwirken).[183] Eine weitere Voraussetzung einer (räuberischen) Erpressung ist, dass die entsprechende Vermögensposition überhaupt (schon) besteht, was nach Auffassung des BGH etwa bei der Erpressung einer Prostituierten erst dann der Fall ist, „wenn die Leistung in Erwartung des zuvor vereinbarten Entgelts erbracht“ worden sei, da die Forderung nach § 1 S. 1 ProstG erst dann entsteht.[184]
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Ein Vermögensschaden wird allerdings in der Regel dann ausscheiden, wenn der Täter mit dem Unterlassen einer Handlung droht, zu der er nicht verpflichtet ist, z.B. dem Unterlassen des Abschlusses eines Vertrages.[185] Wer also die Anstellung einer Schauspielerin zu Dreharbeiten eines bestimmten Films oder die Vermietung eines Appartements an eine Studentin davon abhängig macht, dass diese mit ihm eine sexuelle Beziehung eingeht, begeht keine Erpressung. Denn es steht dem Täter hier frei, für seine Handlung einen Preis zu fordern (Autonomieprinzip) bzw. das Opfer hat nach dem Selbstverantwortungsprinzip zu entscheiden, ob es den geforderten „Preis“ bezahlen möchte oder nicht. Unter Berufung auf diese beiden fast deckungsgleichen Prinzipien kann man entweder die Verwerflichkeit der Zweck-Mittel-Relation leugnen oder bereits den Schaden ablehnen, weil das Opfer, geht es auf die Forderungen des Täters ein, durch dessen Leistung ein saldierungsfähiges Äquivalent erhalten hat (dagegen scheitert die Strafbarkeit hier nicht bereits am fehlenden Vorliegen einer Drohung mit einem empfindlichen Übel![186]). Es geht hier lediglich um Ausprägungen der Vertragsfreiheit, selbst wenn dabei Notlagen des Vertragspartners ausgenutzt werden. Die gröbsten Auswüchse einer solchen Ausbeutung des Opfers sind nicht mit § 253 StGB, sondern mit der Strafbestimmung gegen Wucher, § 291 StGB, zu ahnden. Der BGH hat diesen Grundsatz allerdings in denjenigen Fällen eingeschränkt, in denen der „Erpresste“ aufgrund der Unterlassung in existenzielle wirtschaftliche Not gerät und der Täter gerade diese Notlage ausnutzt, was jedenfalls bei länger andauernden Geschäftsverbindungen möglich sei.[187] Eine Erpressung sah der BGH auch in den DDR-Ausreisefällen nicht als gegeben an:[188] Der Täter hatte als offizieller, von den zuständigen Organen der DDR eingeschalteter „Vermittler“ Ausreisewilligen angeboten, ihnen eine Ausreise aus der DDR unter der (staatlich vorgegebenen und insoweit „üblichen“) Bedingung zu ermöglichen, dass sie ihr in der DDR gelegenes Grundstück einer „vom Staat begünstigten Person“ übereignen. Da das DDR-Recht seinen Bürgern keinen Anspruch auf eine Ausreisegenehmigung gewährte, gingen die Ausreisewilligen jeweils auf diese „Bedingung“ ein. Im konkreten Fall wurde das entsprechende Grundstück von den zuständigen staatlichen Organen der DDR dem Vermittler selbst zugeteilt. Der BGH führte aus, die Drohung mit dem Unterlassen einer Handlung, auf die der Bedrohte keinen Anspruch habe (hier: Ausreise aus der DDR), könne selbst dann, wenn der Täter hier eine unangemessene Gegenleistung fordern bzw. erwirken würde, lediglich als Wucher oder als Bestechlichkeit anzusehen sein, „eine Strafbarkeit wegen Nötigung oder Erpressung liegt hingegen eher fern“.[189]
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Etwas anderes gilt selbstverständlich dann, wenn der Handelnde zu einem entsprechenden Tun verpflichtet ist, so etwa in dem Fall, in dem ein Amtsträger damit droht, einen Antrag solange unbearbeitet zu lassen, bis er vom Antragsteller eine bestimmte Geldsumme erhält. Hier liegt neben einer Vorteilsannahme bzw. Bestechlichkeit, §§ 331, 332 StGB, zugleich auch eine Erpressung, § 253 StGB, vor.[190]
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Die Tat ist vollendet, wenn der Vermögensschaden eingetreten ist. Eine entsprechende Bereicherung des Täters oder eines Dritten ist nicht erforderlich, diese muss lediglich beabsichtigt sein und ist daher ausschließlich im subjektiven Tatbestand zu berücksichtigen. Daher liegt eine vollendete Erpressung auch dann vor, wenn die erpresste Leistung weit hinter dem zurückbleibt, was sich der Täter erhofft oder was er verlangt hat.[191] Dies ist auch dann der Fall, wenn der Täter die erpresste Sache nach kurzer Begutachtung wieder zurückgibt, weil deren Wert nicht seinen Vorstellungen entspricht.[192] Soweit die Rechtsprechung dies teilweise anders gesehen hat,[193] ist dem nur insoweit zu folgen, als genau geprüft werden muss, ob in dem vorübergehenden Verlust der Sache bereits ein Vermögensschaden des Opfers zu erblicken ist. Dies ist allerdings dann nicht der Fall, wenn der Täter schon vor der Aushändigung des Gegenstandes fest dazu entschlossen war, diesen wieder zurückzugeben, sollte er seinen Ansprüchen nicht genügen.[194] Eine vollendete Erpressung kann hingegen ausscheiden, wenn aufgrund einer Überwachung der „Geldübergabe“ durch die Polizei ein dauerhafter Verlust der abgepressten Gegenstände von vorne herein ausgeschlossen ist.[195]