Читать книгу Das Honecker-Attentat und andere Storys - Dieter Bub - Страница 14
Kindheit in der DDR
ОглавлениеDieter Müller: Der Junge im Familienalbum, aufgenommen mit der Box-Kamera, unbeholfen schüchtern im großen Garten An der frohen Zukunft in Halle mit Oma und Dackel Lumpi. Spielkameraden gab es hier nicht, nicht an den Wochenenden mit Hefekuchen und Kaffee aus der Thermoskanne. Lumpi, Freund mit fliehenden Schlappohren im Rucksack auf dem Fahrrad. Später: Der Junge bei der Klassenreise in Wernigerode, zusammen mit anderen. Dazu Fotografien, die er selbst aufgenommen hat – Landschaften, Waldstimmungen. Regentage, Regennächte. Das Zelt durchlässig. Im Dunkel der Kopf in einer Wasserlache. Ärger mit dem Pfarrerssohn, Dombrowski, arrogant, eifersüchtig auf Müller, der, im Gegensatz zu Dombrowski, dem einsamen Orgelspieler, mit seinen Darbietungen am Flügel in der Schule Erfolg hat und selbst bei den Lehrern beliebt ist, deren Fächer er vernachlässigt.
Später: Der Junge nach dem Besuch der Steherrennen im Kurt-Wabbel-Stadion auf dem Fahrrad bei einem Radrennen, von der Schule veranstaltet. Müller hat als zweiter das Ziel erreicht, vor Klaus Kohl, dem Jungen mit dem Mecki-Haarschnitt, auf dem dritten Platz, ein Triumph des schlechten Geräteturners.
Alles gegenwärtig. Ich sehe den Kreiselplatz vor dem Haus, die Gärten, das Kind unterwegs mit dem Leiterwagen, hoch beladen mit Obst und Gemüse, die große Ernte im Herbst. Kilometer von der Frohen Zukunft und vom Krokusweg (zwei Gärten im Sozialismus!) in die Schleiermacherstraße. Ächzende Räder unter der Last. Der Junge an der Deichsel, die Früchte des Sommers zum Überwintern: Birnen und Kohl, Bohnen, Kartoffeln, Gurken, Tomaten. Der Geruch des Herbstes, von den Obststiegen im Keller, Regale voller Gläser, Marmelade und Gemüse, in einem großen grauen Topf auf dem Kohleherd eingeweckt, verschlossen mit Gummiringen.
Dieter Müller als Kind im Garten in Halle-Mötzlich