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Landleben

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Stadtflucht. Das Dorf als Ort der Geborgenheit, fern von Indoktrination. Hier haben sie ihre Ruhe. Die Emigration. „Angelika sollte nicht in Berlin bleiben“, sagt sie. Angelika, die siebenjährige Tochter, dunkelhaarig, hübsch wie die Mutter, schüchtern, verträumt.

„Warum der Ausweg hierher?“, fragt er.

„Sie soll in die Dorfschule gehen. Hier draußen ist sie fern von der sozialistischen Erziehung in der Stadt.“

Er erinnert sich an die Prinzipien sozialistischer Erziehung, das neue Menschenbild, die Getreuen einer neuen Gesellschaft, die alten Lehren Ostrowskis (Wie der Stahl gehärtet wurde), die Heroen der Zukunft. 23 Jahre nach seinem Abschied aus diesem Land erkennt er die Strukturen und die Regeln des totalitären Staates: die tägliche Indoktrination, die Verordnung von Parolen, die Verweigerung der Diskussion, die Verfolgung Andersdenkender, das Verbot falscher Fragen. „Ich weiß, es hat sich nichts geändert seit meiner und deiner Zeit, vor 25 oder fünfzehn Jahren“, sagt Müller.

„Nein, es hat sich nichts geändert. Du siehst es. Die Lobgesänge auf die Partei, die Losungen zu Planerfüllung und Völkerfreundschaft, die Aufmärsche. Das meine ich.“

„Was meinst du?“

„Das alles gibt es hier nicht, in der Dorfschule.“

„Angelika, das Landkind?“

„Ja, es ist besser für sie.“

„In ein paar Jahren muss sie zurück, in die Stadt. Das wirst du ihr nicht ersparen.“

„Dann wird es leichter sein, für sie und für uns. Dann war sie Jahre frei, dann hat sie etwas gelernt für später. Jetzt ist es erst einmal besser. Vielleicht muss sie auch zum Ernteeinsatz. So wie früher. Subbotniks. Heute machen wir unsere eigenen Subbotniks, wir dürfen nach der Ernte mit Genehmigung der LPG auf die Felder, nachernten, Kartoffeln und Spargel. Den gibt’s sonst hier nicht zu kaufen.“

Das Honecker-Attentat und andere Storys

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