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4. ZUSAMMENFASSUNG
ОглавлениеGründend in der Theorie und vollzogen im Verfahren der Objektiven Hermeneutik ist der Gegenstand der Analyse allein das, was die befragten Pfarrerinnen und Pfarrer in ihren Erzählungen über ihr Gekommen- und Gewordensein thematisiert haben und was dabei von ihnen über ihre heutige Berufs-Praxis und über ihr Professions-Konzept direkt oder indirekt benannt wurde. Dieses sehr umfangreiche Berichtsmaterial wurde für die Publikation zu fallanalytischen Kurzfassungen im Sinne biographischer Berufsporträts verdichtet. Ein detaillierter Nachvollzug der angewendeten Analysetechnik ist durch die Lektüre der vier an das Ende dieses Buches gestellten ausführlichen Fallanalysen möglich, in denen auch der Gesprächsablauf des Interviews zur Darstellung kommt. An diesen ausführlichen Fallanalysen und am Vergleich mit deren Kurzfassungen kann die Leserschaft die empirische Fundierung der von uns formulierten Einsichten kritisch nachvollziehen. Zur besseren Lesbarkeit wurden in den Kurzfassungen wie den vier Langfassungen alle Zitate aus den Interviews kursiv (statt in An- und Abführungszeichen) gesetzt.
Die Professions-Konzepte werden in den der Materialpräsentation nachfolgenden Schritten (in Kap. 3) einer Analyse unter vier unterschiedlichen soziologisch und praktisch-theologisch relevanten Perspektiven unterzogen. Sie thematisieren (1) allgemeine professionssoziologisch relevante Erkenntnisse im Blick auf die Pfarrer-Praxis (FEIGE/SCHÖLL); (2) das Phänomen der »Präsenz« in der pastoralen Praxis der Befragten (DRESSLER); (3) eine theologische Reflexion ihrer Praxis-Begründungen (KORSCH) und (4) die angesichts der Verschiebungen in der Pfarrerschaft wichtig werdende Dimension der Gender-Differenzen (FISCHER). Schließlich werden (5) einige praktische Perspektiven für die theologische Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie die das Pfarramt betreffenden kirchlichen Reformen überlegt (KORSCH).
Insgesamt kommt es also auf die Herausarbeitung und Einordnung der Professions-Konzepte und damit auch auf die darin aufscheinende Gestalt der »Religionskompetenz« an. Sie könnten zu einem Objekt empirisch geerdeter praktisch-theologischer Reflexion hinsichtlich programmatisch anzustrebender bzw. zu vermeidender Berufspraxis-Kompetenzen werden. So kann durch diese Art der Introspektion der Blick für bestimmte Wirkungs- und Bewirkungszusammenhänge beim Versuch zur Kommunikation des Christlich-Religiösen im Raum der individualisierten Gesellschaft stärker geschärft werden als durch eine statistisch-repräsentative Fahndung nach der Mengen-Verteilung einzelner Merkmale im sozialen Feld.
Literatur
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DREHSEN, VOLKER (1988): Neuzeitliche Konstitutionsbedingungen der Praktischen Theologie. Aspekte der theologischen Wende zur sozialkulturellen Lebenswelt christlicher Religion, Gütersloh.
DREHSEN, VOLKER (1994): Wie religionsfähig ist die Volkskirche? Sozialisationstheoretische Erkundungen neuzeitlicher Christentumspraxis, Gütersloh.
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FEIGE, ANDREAS/DRESSLER, BERNHARD/LUKATIS, WOLFGANG/SCHÖLL, ALBRECHT (2000): ›Religion‹ bei ReligionslehrerInnen. Religionspädagogische Zielvorstellungen und religiöses Selbstverständnis in empirisch-soziologischen Zugängen, Münster.
FEIGE, ANDREAS/DRESSLER, BERNHARD/TZSCHEETZSCH, WERNHER (Hg.) (2006): Religionslehrerin oder Religionslehrer werden. Zwölf Analysen berufsbiografischer Selbstwahrnehmungen, Ostfildern.
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MEYER-BLANCK, MICHAEL (2007): Praktische Theologie und Religion, in: GRETHLEIN, CHRISTIAN/SCHWIER, HELMUT (Hg.): Praktische Theologie. Eine Theorie- und Problemgeschichte, Leipzig, 353–397.
NASSEHI, ARMIN (2009): Religiöse Kommunikation: Religionssoziologische Konsequenzen einer qualitativen Untersuchung, in: BERTELSMANN-STIFTUNG (Hg.), Woran glaubt die Welt? Analysen und Kommentare zum Religionsmonitor 2008, Gütersloh,169–203.
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SCHÖLL, ALBRECHT/FISCHER, DIETLIND (1993): Deutungsmuster und Sinnbildung. Ein sequenzanalytischer Zugang nach der »objektiven Hermeneutik«, in: COMENIUS-INSTITUT (Hg.): Religion in der Lebensgeschichte. Interpretative Zugänge am Beispiel der Margret E., Gütersloh, 19–49.
SCHÜTZE, FRITZ (1983): Biographieforschung und narratives Interview, in: Neue Praxis, 13 (3), 283–293.
SCHÜTZE, FRITZ (1984): Kognitive Figuren des autobiographischen Stegreiferzählens, in: KOHLI, MARTIN/ROBERT, GÜNTHER (Hg.): Biographie und soziale Wirklichkeit. Neue Beiträge und Forschungsperspektiven, Stuttgart, 78–117.
WERNET, ANDREAS (2000): Einführung in die Interpretationstechnik der Objektiven Hermeneutik, Opladen.
1 Vgl. auch die baden-württembergische Replikationsstudie: FEIGE u. a. (Hg.) 2006.
2 Aus der Fülle themeneinschlägiger Literatur vgl. nur: GRÄB 2001 und GRÄB u. a. 2002.
3 Um möglichst fachlich breit gefächerte Zugangsperspektiven zu dem zu sammelnden Interviewmaterial zu gewährleisten und zugleich die personale Basis des Forschungsteams zu verbreitern, sollte das Team zahlen- und fachkompetenzmäßig ausreichend groß gemacht werden und zugleich noch arbeitsfähig bleiben. Es bestand über die gesamte Projektdauer aus folgenden Personen bzw. Fachkompetenzen: Bernhard Dressler, Uni Marburg (Praktische Theologie/Religionspädagogik), Andreas Feige, TU Braunschweig (Soziologie/Religionssoziologie), Dietlind Fischer, Comenius-Institut Münster (Erziehungswissenschaft/Religionspädagogik), Dietrich Korsch, Uni Marburg (Systematische Theologie), Albrecht Schöll, Comenius-Institut Münster (Sozialwissenschaft/Religionssoziologie/Methodologie).
Die sehr präzise-zuverlässig ausgefallene Verschriftlichung der elektronisch aufgezeichneten Interviews oblag der Firma dr. dresing & pehl GmbH (Audiotranskript) in Marburg. Insgesamt ist die Zahl der Fallanalysen mit insgesamt 26 Fällen in Anbetracht des dafür erforderlichen außerordentlich hohen Zeitaufwandes (insgesamt wie auch je Fallanalyse) als außerordentlich befriedigend anzusehen. Die seinerzeit in der niedersächsischen und in der baden-württembergischen Studie erreichte Zahl (17 bzw. 12) wurden deutlich übertroffen.