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3. BOTSCHAFT DER KIRCHE – ODER KIRCHE ALS BOTSCHAFT?
ОглавлениеPFARRER CHRISTIAN COURANT
Andreas Feige/Interview: Dietlind Fischer
So kann doch Kirche nicht sein! Das ist so eine wichtige Botschaft und dann so! (Courants Urteil als jugendlicher Mitarbeiter landeskirchlicher Jugendarbeit)
Die Aufgabe von uns ist, vor allem Teams aufzubauen, Leute zu motivieren, Gaben freizusetzen, dass es passiert, die Arbeit.
3.1 Persönliche Situation
Der Pfarrer Christian Courant ist 38 Jahre alt, verheiratet, hat zwei Kinder im Alter von 3 und 5 Jahren und wohnt neben dem Gemeindehaus. Er hat in seiner Gemeinde schon als Jugendlicher aktiv Jugendarbeit mitgestaltet. Die Gemeinde in einer mittelgroßen Stadt zeichnet sich durch ein reichhaltiges Repertoire öffentlicher, musikalischer, sozialer und kreativer Veranstaltungen und Projekte aus, gestaltet von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern.
3.2 Grundlegende Pfade im Berufszugang
3.2.1 Religiöse Sozialisation
Sofort eingangs des Gesprächs sagt Herr Courant, der in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen ist, dass die von ihm als signifikant bezeichnete Sozialisationsprägung landeskirchlich erfolgt sei. Diese zumindest sprachlich eher ungewöhnliche Kennzeichnung findet eine plausible Erklärung: Zum einen hat er, nach den üblichen Kontaktstationen Kindergottesdienst, Jungschar und Konfirmandengruppe, jahrelang unter dem förderlich-fürsorglichen Patronat eines tollen Jugendgruppenleiters intensiv übergemeindliche Kinder- und Jugendarbeit auf Dekanatsebene gemacht, z. T. auch schon früh in Verantwortungsfunktion. Zugleich stehen die dort gemachten Erfahrungen zu denen in seiner Heimatgemeinde in emotional und kognitiv großer Distanz. Diese erlebt er insbesondere in seiner Jugendzeit als sehr groß: Die Amtsträger und aktiven Mitglieder dieser Gemeinde erscheinen ihm in ihrer Andersartigkeit im Vergleich zum normalen Querschnitt der Gesellschaft wie von einem anderen Planeten. Ohne dass er dazu eine nähere Beschreibung liefert, verkörpern sie nach seiner Auffassung das Gegenteil dessen, worauf sich sein Grundinteresse an Kirche richtet; und deswegen lautet seine Kritik: So kann doch Kirche nicht sein! Das ist so eine wichtige Botschaft und dann so! Das Gegenmodell hat er, emotional geborgen, auf der Ebene der übergemeindlichen Kinder- und Jugendarbeit erlebt. Diese agierte klientelorientiert-persönlich und vermutlich auch sozialstrukturell breiter und forderte von ihm immer ein Zugehen auf andere. Dieses Präsenzprofil ließ ihn seine Arbeit ganzheitlich als »Kirche-Sein« erfahren und zwar in zwei Dimensionen: als Botschaft der Kirche und Kirche als Botschaft.
Nach dem Abitur macht er freiwillig Zivildienst in einem Altenheim. Er prüft sich, ob seine Idee, evtl. Theologie zu studieren, tragfähig ist. Auch in dieser Zeit ist er trotzdem immer in die Kirche gegangen, aber hatte irgendwie die Sehnsucht, das muss doch auch anders sein! Und dann hat ein Freund von mir mal gesagt: »Dann geh doch selber den Weg. Dann kannst du es sicherlich anders machen und deine Vorstellungen auch umwandeln.« Und das war dann so der Schlüssel.
Für die Befriedigung seines Grundinteresses an Kirche und weil die von ihm landeskirchlich betriebene Kinder- und Jugendarbeit natürlich wesentlich auf dem biblischen Weltdeutungsfundus aufruht, ist das Studium der Theologie zwingend; besonders dann, wenn man diesem tragenden Grund tiefergehend auf die Spur kommen will. Gerade wenn eine »Kirche« so nicht sein darf, wie er sie in seiner Heimatgemeinde erlebt hat, muss man das theologisch begründen können. Und für eine Veränderung muss man auch in die entsprechende Position gelangen: Und dann habe ich Theologie studiert und fand das ganz toll. Ein tolles Studium.
3.2.2 Das Studium
Wie im Fach Theologie üblich, steuert Herr Courant mehrere Studienorte an. Über inhaltlich gewonnene Eindrücke verliert er kein Wort. Dazwischen liegt ein Studienjahr an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Das fand er, angeregt durch schon vorausgegangene Besuche in Israel und inhaltlich wegen des interreligiösen Dialogs und der Verknüpfung von Politik und Religion, auch für mich als Theologen spannender als die zeitgleiche Möglichkeit, in Dublin zu studieren. Statt auf bestimmte Studieneindrücke einzugehen findet er es für seine Selbstverortung in diesem Gespräch bedeutsamer, zu erwähnen, dass er auch während des Studiums – erst ehrenamtlich, dann angestellt als Jugendmitarbeiter – in der Kirchengemeinde, in der er heute hauptamtlich tätig ist, Konfirmandenarbeit und Jugendgottesdienst und solche Dinge gemacht hat. Und es ist dieser Zusammenhang – und nicht die Nennung von theologisch als beeinflussend erlebten Professoren oder von akademischen Themen wie z. B. Kulturprotestantismus oder Offenbarungstheologie –, in dem er ansatzweise etwas formuliert, was man vielleicht als seine theologische Position bezeichnen kann: Also mir war immer dieser Bonhoeffer wichtig, mit diesem Gedanken, Kirche für andere da sein. […] Also die Geschichte vom verlorenen Schaf ist umgekehrt heute. Heutzutage sind nicht ein Schaf weg und 98 warten im Stall, sondern, wenn man mal die Kirchenlandschaft anguckt, ist es eher so, dass vielleicht eins noch im Stall daheim in der Gemeinde ist und 98 sind draußen und man sollte auf diese 98 hin gehen. Und das hat mich dann vor allem geprägt, als ich hier in diese Gemeinde gekommen bin. […] Dieses sehr Missionarische, nach außen Gehende, Einladende, in den Formen der Menschen. Und das habe ich dann auch im Studium vertieft.
Welche Art Gottesdienst-Inhalte und Kommunikations-Modi es sind, von denen diese 98 (Schafe) nicht angesprochen werden, wird von Herrn Courant mit keinem Wort thematisiert. Bonhoeffer wird zwar für seine Auffassung von der Funktion der Kirche in Anspruch genommen, aber einen inhaltlichen Bezug auf dessen Theologie stellt er in seiner Erzählung nicht her. Als ein Beispiel für das, was er vertieft habe im Studium – das er im Übrigen weder als Praxis-Training erlebt habe noch hätte erleben wollen, weil es da ja um Theologie und nicht um Pfarramt gehe –, nennt Herr Courant die Argumente für Kindertaufe … für Erwachsenentaufe … für Wiedertaufe, die er kennenlernen und theologisch verstehen wollte. Damit deutet er vage an, dass seine Fragen sich u. a. auf Begründungs- und Gestaltungsperspektiven des privat und/oder öffentlich gelebten Christ-Seins richten, näherhin auf das Feld der Symbolisierung sozialer Teilhabe an einer gedachten und, wenn möglich, auch empirisch manifesten Gemeinde von Christen. Denn die Unterscheidung der Taufanlässe wird relevant, wenn es um die Dimension des Bekennens von etwas und zu etwas in einer empirisch beobachtbaren sozialen Öffentlichkeit geht und daher dieses Bekennen-Sollen/(-Müssen) eben auch einer theologischen und nicht etwa (nur) einer allgemein religionskulturellen Legitimation bedarf. Demgegenüber verbleiben seine anderen Interessensangaben aus der Studienzeit wie Altes Testament, Neues Testament, Dogmatik auf dem Informationslevel von Abschnittsüberschriften im Vorlesungsverzeichnis.
In diesen Erzählzusammenhang ordnet er auch das ein, was man sein Schriftverständnis nennen könnte. Er tut dies am Beispiel von ehemaligen Freikirchlern, die in eine landeskirchliche Gemeinde gewechselt sind. Deren (zumindest früheres) Verständnis bestreitet ja die Existenz evtl. bedeutungsverändernder Einwirkungen von human-kommunikativen Tradierungsprozessen auf das Verständnis der Sprachgestalt des biblischen Text-Fundus. Für Herrn Courant dagegen gilt ganz klar: Für mich war zum Beispiel, da entzündet sich das immer, die Bibel nie von Gott diktiertes Wort. Also ich habe die Bibel NIE wörtlich genommen, auch nicht vor meinem Studium. Am Beispiel bestimmter Textkonvolute (Jesajabuch) erläutert er das nicht fachtheologisch, sondern mittels eines Pseudo-Dialogs mit einem fiktiven freikirchlichen Gesprächspartner: »Was?! Es gab keinen Mann Jesaja, der alles von Gott diktiert hingeschrieben hat?!« Weil, da zerbrechen eben viele Freikirchler dran.
Es bleibt von ihm theologisch unkommentiert, was er mit zerbrechen ansprechen will: Zerbrechen eben viele Freikirchler an ihrem tatsächlichen, aber freikirchlich-öffentlich nicht eingestehbaren Nichtverstehen-können bzw. Nichtakzeptieren des Anspruchs wortwörtlicher Bibeltextgeltung? Oder zerbrechen sie daran, dass sie, nun außerhalb ihrer Freikirche, mit einem Text in der ihm zugedachten Absicht der Tröstung und Vergewisserung deshalb nur schwer umgehen können, weil er als Erzählung prinzipiell auch verstehensverändernden Zugängen offenstehen darf und eben dadurch die Funktion der Produktion von Gewissheit zu verlieren scheint?
3.3 Struktur und Strukturierung von Pfarrer Courants Gemeindepraxis: Ausdruck seines Professionsverständnisses
Charakteristisch für seinen Erzählablauf ist, dass Herr Courant sich gern auf die Berichterstattung zu Strukturen und Abläufen aus seinem Aktivitätsfeld Gemeinde konzentriert. Dabei formuliert er, in Abweichung von seinem sonst geübten Stil knapp gehaltener Antworten, ausnehmend lange Passagen am Stück. Schon dadurch signalisiert er, welche Botschaften und welche Gesichtspunkte ihm zum Thema »Kirchengemeinde heute« allererst wichtig sind.
Der Wohnort, in dem seine Kirchengemeinde liegt, war früher katholisch geprägt. In den siebziger Jahren sind viele Evangelische zugezogen, die in der Region in der Industrie und im Dienstleistungssektor arbeiten. Inzwischen ist die evangelische Gemeinde größer als die katholische, mit der es eine sehr gute Zusammenarbeit gibt. Die Nationalitätenmischung am Wohnort kann man am Beispiel der 3. Schulklasse, in der Herr Courant RU erteilt, ablesen. Da gibt es 11 mit einem Migrationshintergrund, also koreanisch, polnisch, russisch, französisch, englisch, amerikanisch, auch türkisch.
Die von ihm geleitete Kirchengemeinde unterscheidet sich vom landeskirchlichen Durchschnitt in außergewöhnlicher Weise. Neben den zur Verfügung stehenden Kirchensteuermitteln akquiriert ein vor über 20 Jahren gegründeter Gemeindeaufbauverein (GAV) mit ca. 240 Mitgliedern jährlich Spenden in Höhe von ca. 350.000,– €; davon stammen 50.000,– von der Kommune für punktuelle Unterstützungen. Eine zusätzlich existierende Stiftung in Form einer gGmbH sieht sich zuständig für die Befriedigung von besonderem, aktuellem Finanzierungsbedarf. So wurden z. B. für die Anschubfinanzierung des Gemeindebuchladens über Bürgschaften, Extra-Spenden und Rückzahlungsvereinbarungen kurzfristig 50.000,– € aufgebracht. Die der Gemeinde zugewiesenen Kirchensteuermittel werden nur für die Gebäudeinstandhaltung genutzt. Herr Courant wird als der verbeamtete Pfarrer von der Landeskirche bezahlt. Von den übrigen Spenden wird, angestellt von einem Verein als Arbeitgeber, ein Team von sechs Teilbereichsverantwortlichen (auf 50 %- und 75 %-Teilzeitbasis) und einem FSJler für die verschiedenen Gemeindeaktivitäten (vor allem Kinderarbeit, Jugendarbeit, Theaterarbeit, Familienzentrum, Senioren) sowie weitere zwei Mitarbeiter auf sog. Leitungspositionen finanziert. Von denen ist die eine für Coaching und Mentoring, die andere für Gottesdienstorganisation und die Kenianische Partnergemeinde zuständig. Pfarrer Courant als Dritter in dieser Leiterrunde versorgt als kirchenrechtlich Allein- bzw. Letztverantwortlicher die klassischen Felder, wie die Kasualien, Schule, Seelsorge, aber auch den Go-Special. Er predigt mehr als die beiden anderen. Baue eben Teams auf, für Vision und Lehre und solche Dinge bin ich zuständig. Seine beiden Leitungs-Kollegen werden sprachlich in der Gemeinde ebenfalls als »Pastoren« angesprochen bzw. behandelt.
Mit dieser Gesamtstruktur auf den Ebenen von »finance and service« realisiert Christian Courant seinen gabenorientiert/ehrenamtlich konzipierten pastoraltheologischen Ansatz. Den zu vertreten habe ihm seinerzeit im Studium manche Schwierigkeiten mit den Mitstudierenden gebracht. Die hätten eher eine von der Pfarrer-Figur dominierte Gemeindevorstellung gehabt. Diesbezüglich beobachte er auch in der Gegenwart gelegentlich Distanzreaktionen zu den in seiner Gemeinde angebotenen Großveranstaltungen mit eher popkultureller Anmutungsqualität, die leicht 500 Besucher ansprechen: Da sind natürlich auch Kollegen neidisch, die halt vielleicht predigen vor 12 Leuten. Dass dann so Sachen gesagt wurden, wie: »Naja, die Predigten hier sind oberflächlich« oder »banal« oder »das ist eine reine Show«.
An keiner Stelle im Gespräch erläutert Christian Courant der regionsfremden Interviewerin, was zur regelmäßigen Großveranstaltung des besonderen Gottesdienstes über das hinaus zu sagen wäre, was schon auf der Website steht, d. h.: wie sie strukturell und intentional, liturgisch und theologisch motiviert und angelegt ist. Deutlich wird seinerseits nur, dass sie in regelmäßigen Abständen seit vielen Jahren stattfindet und wohl immer ähnlich hohe Teilnehmerzahlen erreicht. Ansonsten finden jeden Sonntag drei Erwachsenengottesdienste mit verschiedenen Schwerpunkten statt. Diese drei Gottesdienste wurden nach einer Konzeptdiskussion unter Gemeindebeteiligung eingeführt. Um welche theologisch-inhaltlichen und ästhetisch-liturgischen Performanz-Qualitäten es dabei gegangen ist, wird von Herrn Courant nicht weiter entfaltet oder begründet. Er verbleibt auf der Ebene einer inhaltlich eher unverbindlich-verschwommenen Charakterisierung: Und dann eben aber auch dieses moderne. Und Sprache des 21. Jahrhunderts, Themen des 21. Jahrhunderts, Musik des 21. Jahrhunderts und solche Dinge.
In seinem Professionsverständnis besteht der Kern der Tätigkeit des landeskirchlichen Pfarrers Courant darin, vor allem Teams aufzubauen, Leute zu motivieren, Gaben freizusetzen, dass es passiert. Sein Vorgänger habe gesagt: »Hier ist der Pfarrer nicht der Hirte, der die Gemeinde im Blick hat, sondern eher der Ranger, der seine Angestellten im Blick hat und die Angestellten sind für die Gemeinde da«.
3.4 Religionskompetenz bei Pfarrer Christian Courant
Ausweislich seiner von ihm angebotenen Antworten auf die Frage nach seinem Pfarrer-Geworden-Sein lautet sein Konzept von Kirche: Weil ich glaube, die Zukunft der Kirche kann nur existieren, wenn sie von Ehrenamtlichen getragen wird. Und deshalb müsse im Blick auf kirchliche Konzeptarbeit gelten: Und dann glaube ich, sollten die Leute eben geschult werden, die Pfarrer, in Ausbildung von Ehrenamtlichen. Wie gewinne ich Ehrenamtliche? Wie, ähm, motiviere ich Ehrenamtliche? Wie begleite ich Ehrenamtliche? Entsprechend ist nachvollziehbar, wovon er beeindruckt ist: Nicht nur von äußerst aufwendig inszenierten Konfirmations-Gottesdiensten, sondern auch überall dort, wo ich sehe, wow, so viele bringen sich ein, mit strahlenden Augen, mit ihren Talenten, ihren Begabungen, Fähigkeiten und dann kommt was raus, was zwei, drei Leute alleine NIE hätten so gut schaffen können.
Bei der Fülle seiner Erzähl-Punkte zu den Aktivitäten und Events (z. B. einem Pop-Konzert der bundesweit prominenten Kelly-Family) fragt sich: In welchem Verhältnis steht in dem aktionsorientierten Habitus von Herrn Courant der von ihm selber so formulierte Komplex Theologie treiben zu dem, was er als die Kernkompetenzen des Pfarrer-Seins definiert: Seelsorge, Gottesdienst, Kasualien, solche Dinge? Anders formuliert: Was prägt die Religionskompetenz des Pfarrers Christian Courant als dem »head of the team«? Welche Perspektiven, welche Inhalte, welche Verhaltensperspektiven gilt es in den Modus der Gegenwartskommunikation der Menschen des 21. Jahrhunderts zu transferieren? Hierzu lässt sich Pfr. Courant nicht explizit aus. Zumindest zur Kennzeichnung sowohl des innergemeindlichen Interaktionsstils wie auch seiner privaten praxis pietatis gibt er da sehr vorsichtig zu erkennen: Also wir sind eine, ich sage mal sehr fromme Gemeinde. Für viele zu fromm, für andere zu wenig fromm. Aber wir beten viel. Egal, ob das Bauausschuss ist oder Gottesdienstvorbereitung, beten wir, machen auch in der Regel eine Andacht, die ich oder jemand anderes macht, also da ist schon viel geistliches Leben. Aber ich pflege das natürlich auch daheim. Also mit meiner Familie. In so einfachen Ritualen wie Tischgebet oder abends, wenn ich meine beiden Kinder ins Bett bringe, mit Liedern und Singen, aber auch für mich. Ich lese gerne auch in der Bibel und so, zum Auftanken. Ich glaube, dauerhaft kann man nicht GEBEN, wenn man nicht selber irgendwie davon erfüllt ist.
Zusammenfassend: Es fällt die Zurückhaltung von Christian Courant dort auf, wo es Gelegenheit gibt, von der Perspektive »Kirche als Botschaft« inhaltlich überzuwechseln zur »Botschaft der Kirche«, zumal er selber enthusiastisch dieses sehr Missionarische, nach außen Gehende, Einladende, in den Formen der Menschen affirmiert. In diesem Gespräch kann der Eindruck entstehen, als würde es seiner Auffassung nach für die Botschaft der Kirche allererst wichtig sein, wenn bzw. dass überhaupt die Kirche als wichtiges soziales Element im heutigen, in der Sozialdimension stark fragmentierten Alltags-Leben wahrgenommen wird bzw. werden kann – eben »Kirche als Botschaft«: zum Mitmachen und sozialkommunikativen Zeitvertreib, als Ort einer Art (Pop-)Kultur des Verhaltens zum Unverfügbaren, d. h. zum Nachdenken und zugleich zur Expression von Gefühlen über Singen, Orgelhören, im Takt von Rockbands wippen, zum Mitsprechen oder -murmeln von Gebeten bei Trauerfeiern, am Sonntag oder vor Bauausschusssitzungen.
Sicher ist, dass ihn hochgradig das Merkmal »Dienstleistungsprofessionalität« auszeichnet. Und deshalb ist anzunehmen, dass bei Herrn Courant in seiner Position als landeskirchlich beamteter Pfarrer mit rituell-liturgischen Amtshandlungspflichten und -rechten ein wesentlicher Teil seiner Dienstleistungen von religionskultureller Kontinuität, Inszenierungssorgfalt und von Deutungsversuchen in den Formen der Menschen geprägt sein dürfte – denn nach ihnen wird auch in einer eventverwöhnten Gemeinde Bedarf bestehen. Und sie würden ggf. wohl auch energisch eingefordert werden, wenn sie nicht ebenfalls im Angebot wären.