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Von der Volksschule zur Oberschule
ОглавлениеDas damalige Schulsystem unterschied sich gewaltig vom heutigen. Wir kannten in Berlin 1945 die Grundschule (Volksschule), die alle besuchen mussten und die mit der 8. Klasse abschloss. Es gab die Möglichkeit, nach der 4. Grundschulklasse zur Oberschule zu gehen. Die Oberschule entsprach einem heutigen Gymnasium und führte nach zwölf Klassen, davon acht Oberschulklassen, zum Abitur.
Ich gelangte ohne besondere Schwierigkeiten bis in die 4. Grundschulklasse und durch die Aufnahmeprüfung auf die „Oberschule für Jungen“ in Berlin-Baumschulenweg. Der gemeinsame Unterricht von Jungen und Mädchen galt für Oberschulen noch als sittlich bedenklich und war auf die Grundschule beschränkt. Heute lächeln wir über solche Schulprinzipien. In der Oberschule, die bald nach Berlin-Niederschöneweide(2) umzog und dadurch für mich zu Fuß erreichbar wurde, lernte ich einige eindrucksvolle Lehrer mit gediegener altsprachlicher Bildung kennen. Es wurde von uns ziemlich viel verlangt, aber das Lernen machte auch meistens Spaß.
1951 erreichte ich planmäßig die achte Oberschulklasse. Indessen hatten sich die Schulpolitiker allerdings überlegt, die Oberschule auch in Berlin erst mit der neunten Klasse zu beginnen, wie in der gesamten DDR. So wurde uns eröffnet, dass wir gar nicht die Oberschule besucht hätten: „April, April!“ Wir bekamen noch eine Aufnahmeprüfung verordnet, die ich aber ebenfalls überstand. Indessen war die Oberschule ein wenig spezialisiert worden. Der A-Zweig war stärker sprachlich geprägt, der B-Zweig bot etwas mehr Naturwissenschaften, der in Berlin nur am Gymnasium zum Grauen Kloster (das hieß wirklich auch in Ostberlin „Gymnasium“) vertretene C-Zweig war stark altsprachlich ausgerichtet.
Da ich zunächst mit dem Gedanken spielte, Chemiker zu werden, trat ich in den B-Zweig ein, erkennbar an den Klassenbezeichnungen 9 B2 (es gab zwei parallele B-Klassen an meiner Schule) bis 12 B2. Das kam auch meiner Unlust entgegen, Sprachen zu lernen. Sie ist mir geblieben: Bis heute kann ich nur wenige Brocken Englisch, kläglichste Reste aus dem Unterricht in der 7. bis 8. Klasse. Auch mein Russisch habe ich fast vergessen. Schade! Aber es fand sich später eine unerwartete Abhilfe für mich Sprachmuffel, die mich rettete. Dazu nachher.