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Kapitel 1 Krieg, Nachkrieg und DDR Vaters Familie

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Meine väterlichen Vorfahren waren über mehrere Generationen Winzer im Moselgebiet. Sie stammen aus dem Dorfe Löf. Den kleinen Ort findet man nur in sehr guten Atlanten, aber natürlich im Internet. Er liegt reichliche 20 Kilometer von Koblenz die Mosel aufwärts. Löf ist heute mit einer anderen Gemeinde zusammengelegt. Unter dem Familiennamen Löf (in dieser Schreibweise) findet man zwei Telefonbucheinträge in der näheren Umgebung und einen im Ort Löf selbst. Ob es sich dabei um sehr entfernte Verwandte handelt, weiß ich nicht. Ich habe Mitte der neunziger Jahre auf der Durchfahrt in Löf einen recht kurzen Zwischenhalt einlegen und ein paar Flaschen des dortigen Weines mitnehmen können. Von einer Familie Löf war dort nichts bekannt.

Dann zogen Mitglieder der Familie Löf, oder nun schrieben sie sich wohl Loeff, nach Berlin und befassten sich mit technischen Aufgaben. Ein Urahn hat eine Kaffeemaschine und eine spezielle Petroleumlampe konstruiert und damit gutes Geld verdient. Davon gingen immerhin noch 65 000 Goldmark als Erbe an meinen Vater, der sie in der Inflation 1923 komplett verlor. Meine Großeltern väterlicherseits habe ich nicht mehr kennen gelernt.

Mein Vater, geboren 1876 und gestorben 1950, war bis 1945 Beamter, zuletzt meines Wissens Preisinspektor. Er hatte zwei Söhne aus erster Ehe, geboren am Beginn des 20. Jahrhunderts, die ich beide noch kennen lernte. Sie leben aber beide nicht mehr. Der jüngere dieser Söhne war mit einer Schriftstellerin, Friedel Loeff, verheiratet. Diese schrieb schon seit den dreißiger Jahren Kriminalromane, die ich als Junge alle gelesen habe, später auch andere Unterhaltungsliteratur. Sie konnte außerdem schlagkräftige Brieftexte für andere Mieter ihres Wohnhauses verfassen, wenn der Hauswirt auf normale Mängelanzeigen nicht reagierte. Zuletzt lebte sie in Frankfurt am Main. Nach 1970 ist unsere briefliche Verbindung zu ihr abgerissen, weil mehrere Briefe meiner Mutter, in denen deutliche Kritik an der Bundesrepublik enthalten war, sie nicht erreichten. Jetzt entnehme ich dem Internet, dass sie auch danach noch schriftstellerisch tätig gewesen sein muss, denn dort sind mehrere Buchtitel aufgeführt, von denen während unserer direkten und brieflichen Kontakte nie die Rede war.

Mein Vater war nach dem Krieg 1945 als Mitglied der Nazipartei natürlich entlassen und von der sowjetischen Militärbehörde in Berlin zu Enttrümmerungsarbeiten herangezogen worden. Das dauerte einige Monate und umfasste die Zeit, in der wir anderen Familienmitglieder ohnehin Berlin noch nicht wieder erreicht hatten, da wir, der Bombenangriffe wegen, innerhalb einer Evakuierungsaktion nach Deutsch-Nettkow ausgewichen waren. Mein Vater hat von diesen Arbeiten, die ihm mit damals immerhin 68 Jahren nicht ganz leicht gefallen sein können, nie über besondere Härten berichtet, die sich nicht aus den Notwendigkeiten der Enttrümmerung selbst ergaben. Natürlich war es Zwangsarbeit, aber getan werden musste sie ohnehin.

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