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Kapitel 2 Ein ereignisreiches Medizinstudium Einen Studienplatz bekommen

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Nun standen allerlei Entscheidungen an. Wo studieren? Ich wollte zur Humboldt-Universität in Berlin. Mein Hausarzt riet mir zur Militärmedizinischen Fakultät der Universität Greifswald, weil die Aussichten auf einen Studienplatz viel besser waren und die Karrierechancen wohl auch. Meine Mutter fragte ihn ganz erstaunt: „Sie raten dazu“? Er war bekennender Katholik und stand dem DDR-Regime mindestens distanziert gegenüber, soweit er das erkennen ließ. „Ja, Frau Loeff, nur wenn wir drin sind, können wir etwas verändern“, erwiderte er sinngemäß. Sowohl meine Mutter wie auch ich haben uns dennoch auf dieses Doppelspiel nicht eingelassen, erstens schien es uns nicht sehr ehrlich und zweitens sind die Möglichkeiten, aus einer Armee heraus etwas von innen zu ändern, von Ausnahmen abgesehen, meist gering. Auch waren weder meine Mutter noch ich allem Militärischen besonders gewogen. Es blieb bei meiner Bewerbung an der Humboldt-Universität.

Ich wurde noch vor Studienzulassung und Studienbeginn über die FDJ zu einem vormilitärischen Lehrgang der GST(1) nach Prerow auf dem Darß einberufen. Der Lehrgangsbesuch war mit der Zusage auf einen Studienplatz verbunden. So trat ich ihn an. Dort traf ich auf Medizinstudenten höherer Studienjahre, die mich durch ihre Abgeklärtheit teilweise ziemlich beeindruckten. Im Lehrgang wurde viel exerziert und Sturmangriffe im Gelände geübt, wobei die Gegner sich mit Grasbatzen bewarfen. Die technischen Feinheiten eines Karabiners, einer Maschinenpistole und des Maschinengewehrs wurden uns durch Auseinandernehmen und Zusammensetzen beigebracht.

Bei dieser Ausbildung gab es, wie bei fast jeder militärischen Veranstaltung, nach der bekannten Redensart ‚Die Hälfte seines Lebens wartet der Soldat vergebens‘ viel Leerlauf. Den füllte sehr klug ein Politoffizier mit musikalischer Begabung und einem riesigen Schatz an Arbeiter- und Kampfliedern aus vielen Ländern. Er stellte sich einfach in unsere Nähe, ließ sein Akkordeon erklingen und wenn wir uns neugierig um ihn scharten, brachte er uns das intonierte Lied bei. Es waren Texte aus der Zeit der nachrevolutionären Kämpfe in Deutschland 1918–1919, von der Münchener Räterepublik und der „Kleine Trompeter“ sowieso. Besonders hatten es uns die italienischen Melodien angetan: „Avanti populo“ (Bandiera rossa) und „Bella ciao“, die ich heute noch singen kann und gern höre.

Wieder zu Hause erreichte mich ein Brief mit einer Ablehnung für das Studium. Das war anders zugesagt und ich beschwerte mich bei der FDJ-Leitung der Medizinischen Fakultät. Schleunigst wurde ich noch angenommen.

Hygienearzt in zwei Gesellschaften

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