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Der Tod meines Vaters

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Ende des Jahres 1949 erlitt mein Vater einen Herzinfarkt. An eine medizinische Behandlung nach heutigen Maßstäben oder auch nur einen Krankenhausaufenthalt war natürlich nicht zu denken. Der sehr engagierte Hausarzt, dem wir auch lange danach die Treue gehalten haben, machte einige Hausbesuche und verordnete Tropfen, ähnlich dem heutigen Medikament Nitrangin, die zwar die Beschwerden etwas linderten, aber weder die gestörte Herzdurchblutung verbessern noch die stark reduzierte Herzleistung günstig beeinflussen konnten.

Im Herbst 1950 nahmen seine Beschwerden trotz aller Behandlungsbemühungen wieder zu. Als ich am 28. September von der Schule kam, öffnete er mir auf mein Klingeln nicht. Meine bald danach eintreffende Mutter und ich fanden Vater dann, quer auf der Couch liegend, tot vor. Offensichtlich hatte er noch versucht sich aufzurichten, um besser Luft zu bekommen und verlor dann das Bewusstsein. Das war für mich Dreizehnjährigen natürlich ein Schock. So war meine Mutter mit mir allein.

Sie hat viel – sehr viel – als Alleinerziehende leisten müssen, um mich durchzubringen. Kindereinrichtungen und Schulhorte gab es kaum, ihr Gehalt war nicht üppig und die Arbeitszeit oft lang. Überstunden waren an der Tagesordnung, denn in der Verwaltung der Sozialversicherung liefen Wiederaufbau und Tagesarbeit nebeneinander her.

Später wurden dann bestimmte Aufgaben der Krankengeldberechnung in die Betriebe verlagert und meiner Mutter oblag es, die dortigen Buchhalter in das Sozialrecht einzuweisen. Auch daraus entsprang Mehrarbeit. Und das sei auch noch erwähnt: die heute für „normal“ gehaltenen langen Bearbeitungszeiten für Leistungen der Sozialversicherung gab es in der DDR nicht. Die Altersrente wurde, ohne vorherige Kontenklärung oder ähnliche Formalitäten, nach einem einfach auszufüllenden Antrag innerhalb weniger Wochen berechnet und ausgezahlt. Ich bin damals niemandem begegnet, der durch die Formalitäten so in Anspruch genommen war, dass er darüber geredet hätte.

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